Greenpeace schlägt Alarm
Reform der Spendenabsetzbarkeit präsentiert
- Am Donnerstag gab die Bundesregierung Details zum Gemeinnützigkeitsreformgesetz bekannt, mit dem die Spendenabsetzbarkeit massiv ausgeweitet werden soll. So können künftig sämtliche Vereine und Organisationen im gesamten gemeinnützigen Sektor einen Antrag auf diese steuerliche Begünstigung stellen.
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Am Donnerstag gab die Bundesregierung Details zum Gemeinnützigkeitsreformgesetz bekannt, mit dem die Spendenabsetzbarkeit massiv ausgeweitet werden soll. So können künftig sämtliche Vereine und Organisationen im gesamten gemeinnützigen Sektor einen Antrag auf diese steuerliche Begünstigung stellen. Zudem ist in dem Gesetzesentwurf die Verankerung und Erhöhung von einkommensteuerbefreiten Freiwilligenpauschalen vorgesehen. Teile des Beschlusses sorgten jedoch bereits im Vorfeld für scharfe Kritik von der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Verfassungsrechtlern und der SPÖ.
ÖSTERREICH. Nachdem vor wenigen Tagen bekannt gegeben wurde, dass die Österreicherinnen und Österreicher im letzten Jahr mit 1,1 Milliarden Euro an Spenden einen neuen Rekord aufgestellt haben, priesen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) den gemeinnützigen Sektor bei einer Pressekonferenz als eine wesentliche und tragende Säule des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Österreich. Diese Säule soll mithilfe des Gemeinnützigkeitsreformgesetzes nun weiter gestärkt werden.
- Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) verteidigten das Gesetz, nachdem im Vorfel scharfe Kritik aufgekommen ist.
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Spendenabsetzbarkeit wird deutlich ausgeweitet
Neben Verfahrenserleichterungen und der Verankerung sowie Erhöhung von einkommensteuerbefreiten Freiwilligenpauschalen sieht das Gesetz auch eine deutliche Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit vor. Wie Kogler und Brunner bekannt gaben, können künftig alle Gemeinnützigen einen Antrag auf Spendenbegünstigung stellen, wodurch weitere rund 45.000 Organisationen und Vereine – etwa im Sport oder Bildungsbereich – profitieren könnten. Brunner betonte in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass es möglich sei, Organisationen, "deren Verhalten nicht in Einklang mit der österreichischen Rechtsordnung stehen", von diesen Begünstigungen auszuschließen.
Scharfe Kritik von Greenpeace
Im Vorfeld der Pressekonferenz übte die Umweltschutzorganisation Greenpeace bereits scharfe Kritik an ebenjenen Teilen des Gesetzesentwurfs. Demnach sehe der Beschluss vor, dass "Verwaltungsübertretungen in Folge zivilgesellschaftlicher Proteste zum Entzug der Spendenabsetzbarkeit führen" können. Dabei handle es sich um einen "massiven, verfassungswidrigen Angriff der Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen auf demokratische Grundrechte wie das Demonstrationsrecht und auf den zivilgesellschaftlichen Aktivismus", der die Existenz gemeinnütziger Organisationen wie Greenpeace, Volkshilfe, VGT oder Fridays for Future zerstören könnte.
"Es ist wenig überraschend, dass die Parteispitze der ÖVP ihnen unbequemen demokratischen Protest unterbinden will. Dass sich aber die Regierungsmitglieder der Grünen zum Handlanger eines massiven Angriffs auf zivilgesellschaftliche Organisationen machen, ist schärfstens zu verurteilen. Greenpeace fordert die Grünen im Nationalrat auf, dem Gesetz die Giftzähne zu ziehen", gab Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit in einer Aussendung bekannt und fügt hinzu: "Eigentlich hätte diese Reform ausschließlich zu Verbesserungen für die Zivilgesellschaft führen sollen. Was wir jetzt sehen, ist ein Angriff auf zivilgesellschaftliches Engagement und auf die Demokratie durch die Hintertür des Steuerrechts."
"Willkür der Finanzämter" befürchtet
In der Aussendung der Umweltschutzorganisation wird auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer zitiert, der das Gesetz als verfassungswidrig bezeichnete: "Der Gesetzentwurf verstößt insofern gegen die Verfassung, als eine aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Finanzamts ausgeschlossen ist. Der Verfassungsgerichtshof hat schon mehrfach klargestellt, dass gesetzliche Regelungen nicht dazu führen dürfen, dass daraus endgültige oder gar existenzbedrohende Belastungen entstehen."
Auch die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH) und ehemalige Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss kritisiert den Gesetzesentwurf, da damit "gemeinnützige Organisationen in ihren verfassungsrechtlich garantierten demokratischen Rechten wie Demonstrationsfreiheit und dem aktionistischen Eintreten für gesamtgesellschaftliche soziale und ökologische Zielsetzungen stark beschnitten" werden. Sie erklärte, dass die Existenz von Vereinen damit "der Willkür von Finanzämtern ausgeliefert" wären.
- Irmgard Griss kritisierte, dass die Existenz von Vereinen aufgrund des Gesetzesentwurfs "der Willkür von Finanzämtern ausgeliefert" wären.
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SPÖ: "ÖVP will kritische Stimmen mundtot machen"
In Person von Bundesgeschäftsführerin Sandra Bereitender äußerte sich auch die SPÖ kritisch zu dem Vorhaben der Regierung, wobei vor allem die Volkspartei für etwaige Einschränkungen von Organisationen verantwortlich gemacht wird:
"Es ist ein Treppenwitz, dass die ÖVP, die selbst als Beschuldigte in einem Strafverfahren geführt wird, plant, kritische NGOs durch den Entzug der Spendenabsetzbarkeit in Existenznot zu bringen. Dass die ÖVP kritische Stimmen mundtot machen möchte, ist schockierend. Warum sich die Grünen hier schon wieder zu den Erfüllungshilfen der Türkisen machen, ist vollkommen unverständlich".
Breiteneder rief die Regierungsfraktionen dazu auf, "den Frontalangriff auf Gemeinnützige einzustellen und dringend notwendige Präzisierungen im Gesetzestext vorzunehmen".
Regierung wird sich das "anschauen"
Angesprochen auf die umfassende Kritik erklärten Brunner und Kogler, dass die Juristinnen und Juristen, die von der Regierung mit der Überprüfung des Gesetzesentwurfs beauftragt worden waren, diese Sorge nicht teilen würden und für unbegründet erklärt hätten. Zudem wunderten sie sich, dass Greenpeace nicht bereits während der Begutachtungsphase etwaige Befürchtungen geäußert hätte. Nichtsdestotrotz sei die Rechtssicherheit enorm wichtig, weshalb man sich mit der Problematik und der Kritik befassen werde und sich die entsprechenden Teile des Gesetzes nochmals "anschauen" werde.
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