Interview mit Magnus Brunner
"Was haben wir vom Erneuerbaren Ausbau Gesetz?"

Der im Klimaschutzministerium zuständige Staatssekretär Magnus Brunner im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko | Foto: Markus Spitzauer
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  • Der im Klimaschutzministerium zuständige Staatssekretär Magnus Brunner im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko
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Die Regierung hat das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) in Begutachtung geschickt, mit dem Ziel, den Anteil von erneuerbaren Strom bis 2030 auf 100 Prozent zu erhöhen, einen Schritt näher zu kommen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist dieses Gesetz auch zentraler Job- und Wirtschaftsmotor: "Wir erwarten bis zu 30 Milliarden Euro an Investitionen und sparen rund 10 Millionen Tonnen CO2 ein." Der im Klimaschutzministerium zuständige Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) erklärt im Gespräch mit den Regionalmedien Austria (RMA), was die Bürgerinnen und Bürger davon haben.

RMA: Mit dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) hat die Regierung ja einen Meilenstein im Energiebereich gesetzt. Was hat der/die Einzelne davon?
MAGNUS BRUNNER: Ja, wir haben damit ein Energiepaket auf den Weg gebracht, das Österreichs Fördersystem im Energiebereich auf neue Beine stellt. Für alle Technologien wird es mehr Mittel geben als bisher. Es soll transparenter, marktnäher und vor allem einfacher für Konsumenten und Wirtschaft werden. Der Überblick über das Fördersystem soll erleichtert werden, die Möglichkeiten zur Antragsstellung werden kontinuierlich und nicht in Wellen, wie bisher erfolgen. Wir haben gleichzeitig auch unterschiedliche Maßnahmen gesetzt, weg von langfristigen Einspeisetarifen zu Einmalzahlungen und marktnahen Prämienmodellen, damit das System kosteneffizienter wird. Insgesamt liegt das Unterstützungsvolumen bei maximal 1 Milliarde Euro pro Jahr, auf drei Jahre gerechnet.

Wie aber kann man davon profitieren?

Wir haben innovative Möglichkeiten geschaffen, sich am Energiesystem aktiv zu beteiligen. Das Herzstück sind dabei die "Erneuerbaren Energiegemeinschaften", bei denen sich Nachbarn oder Bekannte zusammentun können, um gemeinsam Strom zu produzieren und gemeinsam zu verbrauchen. Bisher war das nur innerhalb eines Hauses möglich. Vor allem im ländlichen Raum bedeutet das eine große Chance: Jeder kann mitmachen, auch Landwirtschaften oder kommunale Betriebe. Auch ganze Gemeinden, wenn sie etwa am Dach des Feuerwehrhauses oder des Kindergartens Strom produzieren und verkaufen. Dazu kommt noch die finanzielle Entlastung bei den Netzgebühren. Die Teilnehmer der Gemeinschaften müssen nicht mehr die gesamten Netzkosten tragen, weil ihr Strom ja nur innerhalb ihres Gebiets verbraucht wird.  

Wie hoch wird die Entlastung sein?
Wir rechnen mit einer Entlastung von 100 Euro pro Jahr und Haushalt, bei Betrieben kann das durchaus deutlich mehr sein. Dazu kommt die Förderung der jeweiligen Stromerzeugungsanlage, wie zum Beispiel eine Photovoltaikanlage. 

Wird Strom unabhängig von diesen Gemeinschaften künftig insgesamt teurer?
Das kann man so nicht sagen, weil es vom aktuellen Marktpreis abhängt. Unser Fördersystem ist zum Teil elastisch und richtet sich nach dem Marktpreis: Ist dieser höher, schrumpfen die Förderungen für einzelne Erzeuger, sinkt der Marktpreis, erhöhen sich die Förderungen. Dazu kommt, dass ältere, teure Anlagen aus dem Fördersystem wegfallen und das System nicht mehr belasten, neue, günstigere Anlagen kommen hinzu. Das spürt man jetzt schon: Tendenziell sind die Ökostromkosten für private Haushalte in den letzten Jahren gefallen: 2017 betrugen sie im Schnitt 99 Euro im Jahr, 2018 nur 91 Euro, 2019 überhaupt nur 71 Euro.  

Bekommt jeder Einreicher gleich viel Förderung?
Unser Fördersystem ist maßgeschneidert pro Technologie und Anlagengröße. 

Sind Wasserstoff und Gas in dem EAG enthalten? 
Wir haben eine Entlastung der Netzkosten für Anlagen vorgesehen, die erneuerbaren Wasserstoff produzieren. Weitere Schritte sollen folgen. Unser Ziel ist, dass möglichst viel grüner Wasserstoff in Österreich produziert wird. Es wird jedenfalls noch weitere Maßnahmen brauchen, auch was „Grünes Gas“ betrifft – das ist im EAG noch nicht geregelt, ist aber aktuell schon in intensiver Verhandlung.  

Die OMV plant voll auf Wasserstoff zu setzen, allerdings nicht auf "grünen". Kann die Regierung da nicht gegenlenken?
Nur zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff wird künftig unterstützt. Man darf diese Technologie aber nicht verschlafen. Wasserstoff wird weltweit als Chance für die Energiewende betrachtet. 

Warum ist das Gaspaket noch nicht beschlossen worden?
Wir haben es bewusst aus dem Gesetz herausgenommen, arbeiten aber intensiv daran, sodass wir bis zum Beschluss des EAG eine Lösung haben.

Im Regierungsprogramm vorgesehen ist ja, dass im Neubau ab 2025 keine Gasanschlüsse mehr gebaut werden dürfen. Wird das umgesetzt?
Ja, das werden wir umsetzen, aber da kommt es auf die Details an. Über Förderungen wollen wir einen Lenkungseffekt weg vom fossilen und hin zu grünem Gas erreichen.  

Und bei Umbauten? Wird man in bestehenden Häusern noch mit Gas heizen dürfen?
Im ersten Schritt sicher. Im geplanten Gaspaket geht es erst einmal um Förderungen, Quotenregelungen und andere Anreize für Biogas. Und auch das Thema Wasserstoff wird dabei diskutiert. 

Der Green Deal der EU sieht einen massiven Anstieg beim Anteil von erneuerbarer Energie vor, sodass Atom- und fossile Kraftwerke der Vergangenheit angehören. Damit werden die 20 Prozent, die wir aus solchen Kraftwerken importieren, wegfallen. Schaffen wir es, diesen Anteil zu kompensieren? Und haben wir genügend Netze, um innerhalb Österreichs den Strom zu transportieren?
Das EAG ist so wichtig, weil unser Ziel ist, dass wir bis 2030 nur mehr erneuerbaren Strom produzieren. Das Thema Netzausbau muss man auf jeden Fall beim Green Deal mitdenken, also dass genügend Übertragungsleitungen vorhanden sind. In Deutschland etwa wird in riesigen Offshore-Windkraftanlagen im Norden erneuerbarer Strom produziert, der aber nicht direkt im Land nach Süddeutschland transportiert werden kann, wo die Schwerindustrie zu Hause ist. Da müssen die Leitungen über Polen geführt werden! Auch in Österreich ist der Netzausbau ein Thema, aber mit den Erneuerbaren Energiegemeinschaften sollen ja die überregionalen Netze entlastet werden. Zudem wird die dafür zuständige Austrian Power Grid (APG) gemeinsam mit den Ländern die Verteilernetze erweitern.

Zur Sache:
Mit dem EAG sollen auch das Ökostrom-, das Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz (ElWOG) und das Gaswirtschaftsgesetz geändert werden. Bis 2030 sollen zusätzlich elf Terrawattstunden (TWh) aus Sonnenenergie, zehn TWh aus Wind, fünf aus Wasserkraft und eine TWh aus Biomasse erzeugt werden. Auch das "1 Million-Dächerprogramm" ist im Gesetz enthalten. Die Begutachtungsdauer beträgt sechs Wochen. In Kraft treten soll das Gesetz am 1.1.2021.

Gewessler: "100 Prozent grüner Strom bis 2030"
Ökostrom kommt zum Ortstarif
Der im Klimaschutzministerium zuständige Staatssekretär Magnus Brunner im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko | Foto: Markus Spitzauer
Brunner: "Mit dem Ernererbaren Ausbaugesetz haben wir ein Energiepaket auf den Weg gebracht, das Österreichs Fördersystem im Energiebereich auf neue Beine stellt." | Foto: Markus Spitzauer

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