Reisebericht: Volkstanzgruppe Stainz leistet EU-Beitrag über Ländergrenzen hinweg

Die Volkstanzgruppe Stainz war erstmals bei der Europeade in Finnland dabei. | Foto: KK
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Das diesjährige Reiseziel der jungen und junggebliebenen Mitglieder der Volkstanzgruppe (VTG) Stainz steht ganz im Zeichen des EU-Gedankens: Zur Teilnahme an der Europeade, einem Volkstanzfestival, das heuer in Turku in Finnland stattfindet, durchqueren wir mit unserem Reisebus die Nachbarländer Tschechien und Polen, um dann beeindruckt die Landschaft und Geschichte der drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland zu erleben. Für uns Österreicher schwer nachvollziehbar ist die erst vor rund 25 Jahren erlangte Freiheit als eigenständige, demokratische Republiken. In den besuchten Städten Klaipeda, Riga und Tallin ist von der jahrzehntelangen Sowjet-Herrschaft nichts mehr zu spüren. In den faszinierenden Bauten spiegeln sich die Geschichte und Kultur mit deutschen, schwedischen, dänischen und russischen Einflüssen wieder. Beeindruckend sind in Riga z.B. die prachtvollen Backsteinbauten und Jugendstilhäuser. Klaipeda, die ehemals preußische Stadt an der Ostsee, ist durch den riesigen Handelshafen das Tor zur Welt, während in Tallinn, der Hauptstadt Estlands, der Domberg von der wechselhaften Geschichte mit stark skandinavischem Einfluss zeugt. Bei den langen Fahrten durch die ländlichen Gebiete dieser Ostseestaaten bilden die endlosen Wälder und die noch sehr einfachen Lebensbedingungen in den ärmlich wirkenden Dörfern einen starken Kontrast zu den besuchten Städten.

Fünf Nächte in einer Schule

Von Tallinn geht’s mit der Fähre nach Helsinki, wo die vorgelagerten Schäreninseln eine herrliche Begrüßungskulisse im Land der tausend Seen bilden. Ohne Aufenthalt geht es gleich weiter nach Turku, der ältesten Stadt Finnlands im Südwesten des Landes und dem Hauptziel unserer Reise, wo heuer die Europeade, ein Tanzfestival mit weit über 6.000 Teilnehmern aus ganz Europa stattfindet. Dafür stehen 19 Schulen für die Unterbringung und Verpflegung zur Verfügung. Zwei Klassenzimmer einer Schule etwas außerhalb der Stadt werden für die nächsten fünf Tage unsere Nächtigungsstätten. Mit den zugewiesenen Luftmatratzen versuchen wir, unsere Unterkunft für die nächsten fünf Tage so gut wie möglich einzurichten. Diese Art der Unterbringung ist auch für uns als reiseerprobte Tanzgruppe, die fast alle europäischen Länder bereist hat, ziemlich selten. Meist sind wir Gast einer Tanzgruppe, die uns privat in den Häusern ihrer Mitglieder unterbringt. Obwohl die Europeade schon im Jahr 1964 - also lange vor der Gründung der EU - von einigen engagierten Personen zur Vernetzung und zum kulturellen Austausch tanz- und musikbegeisterter Europäer ins Leben gerufen wurde, sind wir heuer das erste Mal dabei und sind beeindruckt von der Organisation vor Ort und der Disziplin und Begeisterung der Teilnehmer.

Von Turku zurück nach Helsinki

Wir erleben bemerkenswerte Tanzvorführungen auf der Festivalmeile in der Stadt Turku und im riesigen Gatoradecenter, einem Eishockeystadion, und kommen mit Gleichgesinnten aus allen Teilen Europas ins Gespräch. Gemeinsam mit der Volkstanzgruppe St. Martin i.S., die für das Festival direkt per Flugzeug angereist ist, vertreten wir mit dem „Ausseer Steirischen“ am Eröffnungsabend die Steiermark bzw. Österreich. Auch wenn wir zur Parade durch die Stadt mit allen rund 300 Tanzgruppen fast zu spät kommen, erleben wir eindrucksvolle, sonnige Tage mit viel Spaß, Tanz und Musik. Unter anderem erfahren wir hautnah, was es mit einem typisch finnischen Rauch-Saunagang auf sich hat oder wie ein Weltrekordversuch mit 30.000 Personen, die gleichzeitig „Humpa“ tanzen, glückt. Bevor es mit der Nachtfähre weiter nach Stockholm geht, haben wir noch Gelegenheit, Helsinki bei einer Stadtführung näher kennen zu lernen. Neben einem Wikingerdorf im Freilichtmuseum und dem Sibilius-Monument, einer Art Orgel aus Stahlrohren, behalten wir vor allem die Felsenkirche in Erinnerung: eine unterirdische, in Granitgrund gesprengte Kirche mit hervorragender Akustik.

An Bord nach Hamburg

Ein Buffet wie auf einem Kreuzfahrtschiff erwartet uns auf der Nachtfähre nach Stockholm und ein imposanter Küstenabschnitt am Morgen vor der Ankunft in Schweden mit unzähligen vorgelagerten Inseln – unbewohnt oder mit den typischen roten Holzhäusern – wie aus den Inga-Lindström-Filmen. Leider bleibt für Schweden kaum Zeit, um rechtzeitig die Abendfähre nach Travemünde zu erwischen. Nach einer weiteren Nacht in Schiffskabinen ist unser nächstes Ziel die Hansestadt Hamburg mit 1,8 Millionen Einwohnern, wo wir in einer Ganztagesführung viele Geschichten hören zu den Landungsbrücken, der Reeperbahn, der Michaelskirche, den Villen an der Innenalster, dem heurigen G20-Gipfel mit den Ausschreitungen, dem Fischmarkt, der Nobelgegend Blankenese und der Schiffsbegrüßungsanlage in Wedel, an der seit 1952 jedes Schiff mit der jeweiligen Nationalhymne und Nennung der Schiffsdaten begrüßt wird. Nach Fischsnacks geht’s zum Containerhafen in der Speicherstadt, wo wir eine Hafenrundfahrt in einer Barkasse auf der Elbe erleben dürfen. Zum Abschluss steht die Besichtigung der Elbphilharmonie auf dem Programm, deren Baukosten sich im Laufe der Zeit verzehnfacht haben und die im Vorjahr als Konzerthaus und Touristenmagnet eröffnet wurde. Nach dem Abendessen in unserer Unterkunft brechen viele von uns nochmals in die Innenstadt auf, einige auch, um das Flair von St. Pauli und der Reeperbahn zu erleben. Am nächsten Tag erreichen wir nach einigen Stunden Fahrtzeit bei hochsommerlichen Temperaturen die letzte Station: die Universitätsstadt Fulda, bekannt auch durch ihren Bischofssitz. Eine wunderschöne gepflegte Stadt mit vielen Fachwerkhäusern, einem imposanten Dom und einladenden Plätzen und Kaffeehäusern.

Zurück im Schilcherland

Nach etwa 5.000 zurückgelegten Buskilometern, vielen prägenden Eindrücken und nachhaltigen Erinnerungen ist die Stainzer Truppe wieder wohlbehalten in der Heimat angekommen. Danken möchten wir unserem Obmann Peter Nöhrer für die kompetente Gesamtleitung, dem Reise- und Busunternehmen Gerngroß für die Reiseplanung und -organisation, dem Chauffeur Andi für seine Ruhe und Ausdauer, der Jugend, dass sie sich vorbildlich ins VTG-Reiseleben eingebracht hat, allen Teilnehmern für die Rücksichtnahme auf oftmals engem Raum, der Familie Klug-Voitl und Roland Friedrich für die mitgeschickten Schnäpse, die keine Magenverstimmungen aufkommen ließen und Frau Gaisberger für die Kokoskuppeln, die den kargen Reiseproviant mit Trockenwurst und Knäckebrot versüßten. Außerdem bedanken wir uns bei der Apotheke Stainz, die uns mit einer kostenlosen Reiseapotheke ausstattete.

Weitere Auftritte der Stainzer

Wer die Volkstanzgruppe Stainz selbst erleben will, hat demnächst natürlich wieder in Österreich die Gelegenheit dazu: Beim Aufsteirern am Sonntag tritt die Gruppe am Grazer Tummelplatz auf. Am 4. November findet der Trachtenball in der Hofermühle in Stainz statt, bei dem jeder zum Mittanzen eingeladen ist.

Die Volkstanzgruppe Stainz war erstmals bei der Europeade in Finnland dabei. | Foto: KK
Die Reise der Stainzer führte auch zur lettischen Nationaloper in Riga. | Foto: KK
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