Gedenken an die Opfer im Schloss Hartheim

Zahlreiche Besucher gedachten der Opfer des NS-Regimes in Hartheim. | Foto: Simone Loistl
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  • Zahlreiche Besucher gedachten der Opfer des NS-Regimes in Hartheim.
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ALKOVEN. Die diesjährige Gedenkfeier für die Opfer der NS-Euthanasie und der Morde an Häftlingen der KZ Mauthausen, Gusen, Ravensbrück und Dachau sowie für die in Hartheim ermordeten Zwangsarbeiter fanden Samstagmittag, 1. Oktober, in Schloss Hartheim statt. Zahlreiche Ehrengäste, darunter Angehörige und Nachkommen von Opfern der NS-Euthanasie sowie diplomatische Vertreter aus 13 Ländern fanden sich ein, um der rund 30.000 in Hartheim ermordeten Menschen zu gedenken. Insgesamt nahmen mehr als 160 Personen an der Gedenkveranstaltung teil.

Nach der Begrüßung durch die Obfrau des Vereins Schloss Hartheim, Brigitte Kepplinger, betonte Landeshauptmann Josef Pühringer die Bedeutung der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für die Gegenwart. Oberösterreich stelle sich bewusst auch den schwierigen Seiten seiner Geschichte und werde weiterhin daran arbeiten, ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Land zu sein. Der Landeshauptmann wies besonders darauf hin, dass alles getan werden müsse, um den Wert des Lebens und die Würde des Menschen als oberste Leitlinie der Gesellschaft zu verankern. Die Bildungsarbeit mit Jugendlichen, die auch am Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim einen hohen Stellenwert einnimmt, ist Pühringer ein besonderes Anliegen.

Die Gedenkrede hielt anschließend die aus Oberösterreich stammende Schauspielerin Maria Hofstätter, die aufgrund ihrer Familiengeschichte einen ganz persönlichen Bezug zu Hartheim hat. Ihre katholisch geprägte Familie lehnte schon vor 1938 die NS-Ideologie strikt ab. Der Cousin ihres Vaters, Ignaz Schuhmann aus Hartheim, wurde auch für seine Beteiligung an einer Widerstandsgruppe im Jänner 1945 hingerichtet, ein weiterer Cousin des Vaters, Karl Schuhmann, war jener Fotograf, der das bekannte Bild mit dem aus dem Schloss Hartheim aufsteigenden Rauch im Verborgenen anfertigte. Im Unterschied zu vielen Familien in Österreich wurde in der Familie von Maria Hofstätter nach 1945 nicht über die Verbrechen der Nationalsozialisten geschwiegen. In ihrer Rede berichtete Hofstätter: „Als Kind hörte ich mit glühenden Ohren zu, als man immer wieder von ermordeten, vergasten Kindern sprach. Von vollen Bussen, die ankamen und leer abfuhren. Von fürchterlichen schwarzen stinkenden Rauchwolken, die aus dem Kamin aufstiegen. Von unseren Verwandten, der Familie Schuhmann, die direkt neben dem Schloss wohnten und alles mitansehen mussten. Dem Cousin meines Vaters, Ignaz Schuhmann und seinem Mitstreiter Leopold Hilgarth, die noch im Jänner 1945 hingerichtet wurden, weil sie nicht mehr tatenlos zusehen wollten und Flugblätter verteilten, die Schlossmauern mit Aufrufen beschrifteten.”
Hofstätter betonte auch die persönliche Verantwortung der einzelnen Bürger, dass derartige Entwicklungen in der Zukunft nicht mehr vorkommen. „Wenn ich etwas von meinen Eltern, meinen Verwandten, von Schloss Hartheim - wo ich und Sie heute der Opfer gedenken und den Angehörigen unser Bedauern und unsere tiefe Anteilnahme aussprechen - gelernt habe, dann das, dass ich mich nicht nur auf andere, auf Politiker und Politik verlassen kann, sondern meinen ganz persönlichen Beitrag zu leisten habe. Die Ermordeten von Schloss Hartheim mahnen uns eindringlich, unsere Verantwortung
für das „Nie wieder“ aktiv wahrzunehmen!“

Nach der Rede von Hofstätter erzählte Johanna Janko von Ihrem Bruder Johann Zottler, der im Mai 1940 aus der Heil- und Pflegeanstalt Am Feldhof in Graz zur Ermordung nach Hartheim gebracht wurde. Auf ergreifende Weise schilderte Janko ihre persönlichen Erinnerungen an den ermordeten Bruder und die Trauer in der Familie. Danach stellte die aus dem polnischen Poznan (Posen) stammende Elzbieta Rybarska die Spurensuche nach dem lange Zeit unbekannten Schicksal ihres Großvaters Roman Durek dar. Roman Durek wurde wegen Widerstandstätigkeit verhaftet und in verschiedenen Gefängnissen und Konzentrationslagern festgehalten. Im Mai 1942 brachte man ihn im Rahmen der so genannten „Sonderbehandlung 14f13“ aus dem KZ Dachau nach Hartheim, wo die Häftlinge sofort nach ihrer Ankunft ermordet wurden. Seine Familie, die während der deutschen Besatzung noch weitere Opfer verzeichnen musste, wusste lange Zeit nicht, wo genau der Vater bzw. Großvater ums Leben gekommen war. Erst im Zuge von längeren Recherchen konnte Frau Rybarska ausfindig machen, dass Roman Durek in Schloss Hartheim durch Gas ermordet worden war.

Nach den Feierlichkeiten im Lern- und Gedenkort und einem ökumenischen Gebet wurden auf dem Friedhof der Opfer, der sich neben dem Schloss befindet, Kränze zum Gedenken niedergelegt.

Für die sehr gefühlvolle und passende musikalische Gestaltung der Gedenkfeier sorgte das Bläserquartett der Landesmusikschule Alkoven.

Zum Ort und seiner Geschichte:

In Schloss Hartheim in Alkoven (OÖ) war von 1940 – 1944 eine NS-Euthanasieanstalt untergebracht, in der nahezu 30.000 körperlich und geistig beeinträchtigte sowie psychisch kranke Menschen ermordet wurden. Sie waren teils Bewohner der Landesheil- und Pflegeanstalten, teils arbeitsunfähige KZ-Häftlinge aus den Lagern Mauthausen, Gusen, Dachau und Ravensbrück sowie Zwangsarbeiter.
1995 wurde der Verein Schloss Hartheim gegründet, dessen Ziel es war, in Schloss Hartheim einen angemessenen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu schaffen. Im Jahr 2003 wurde aus Mitteln des Landes OÖ und des Bundes mit der Gedenkstätte und der Ausstellung „Wert des Lebens“ der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim errichtet.

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