„Die Leute haben noch Zivilcourage“
Das Problem der „Gaffer“ gibt es im Bezirk in dieser Form nicht
BEZIRK. Während das Gaffen nach Verkehrsunfällen samt Behinderung der Rettungskräfte in Deutschland zum Straftatbestand erhoben wurde, gibt es bei uns kein derartiges Gesetz. Auch in Österreich nehmen unangenehme und gefährliche Situationen des digitalen Voyeurismus zu, im Burgenland verhält es sich allerdings anders.
„Bis dato null Probleme“
„Bis dato gab es mit sogenannten ,Gaffern' im Bezirk Eisenstadt überhaupt keine Probleme“, erklärt der stv. Leiter der Landesverkehrsabteilung Friedrich Tinhof.
„Den wirklichen ,Gaffer' gibt es nicht. In der Praxis gibt es keine Probleme, ich erwarte mir auch in Zukunft keine“, so der Polizist, der der heimischen Bevölkerung ganz im Gegensatz ein Lob ausspricht: „Nach Unfällen bleiben die Menschen stehen und leisten die Hilfe, die sie leisten können. Das funktioniert bei uns und ich hoffe, das bleibt ewig so“, so Tinhof über die heimische Zivilcourage. In den seltensten Fällen berichten Zeugen, dass die Hilfeleistung unterlassen wurde.
Leute helfen, wo es möglich ist
Ein ähnliches Bild zeichnet auch Eisenstadts Feuerwehrchef Werner Fleischhacker: „Gerade bei Bränden versuchen die Leute vor unserem Eintreffen zu helfen, wo es möglich ist. Wir werden bei unseren Einsätzen durch Schaulustige nicht behindert.“
Rund 300 Einsätze bewältigte die Eisenstädter Wehr 2017, viele davon waren Autounfälle. „Gemeinsam mit der Polizei sichern wir die Einsatzstelle, um einen sicheren Einsatzort zu gewährleisten. Das funktioniert gut“, so Fleischhacker, der deswegen für seine Mannschaft keine Gefahr sieht. „Aber wenn sich die Fahrer auf der Gegenfahrbahn auf den Unfall und nicht auf den Verkehr konzentrieren, ist das natürlich höchst gefährlich. Bis dato kam es dadurch jedoch noch nicht zu Folgeunfällen“, berichtet der Feuerwehrchef.
Problem in engen Gassen
„Auch die Anfahrten zum Einsatzort funktionieren gut“, erklärt Fleischhacker, der jedoch gerade in engen Siedlungsgebieten Pro-bleme ortet. „Das Parkverhalten der Bewohner ist oft nicht optimal, viele nehmen die Feuerwehrzufahrten nicht ernst", würde sich der Kommandant hier mehr Disziplin wünschen.
Immer wieder Vorfälle
Problematischer zeigt sich die Situation beim Roten Kreuz, wo es immer wieder zu Vorfällen mit Schaulustigen kommt. „Wir würden uns wünschen, dass Passanten keine Unfallfotos oder voreilige Berichte ins Netz stellen“, so Norbert Frank, Dienstführender der Rot Kreuz-Bezirksstelle Eisenstadt.
„Das bringt niemanden etwas“
„Stellen Sie sich vor, Sie sitzen zuhause und erfahren über Facebook, dass ein Angehöriger von Ihnen verunglückt ist, haben aber keine wirklich genauen Informationen dazu und wissen nicht, ob das wirklich stimmt. Leider passiert das immer wieder. Oft erfahren Angehörige von Unfällen durch unklare Infos in sozialen Netzwerken, noch bevor sie von der Exekutive informiert oder durch ein Kriseninterventionsteam versorgt werden können“, erklärt Frank, dass dieses Verhalten nur Angst und Verunsicherung und darüber hinaus Gefahr schafft.
Keine Strafbestimmung
Bestrafung für derartiges Verhalten erachtet Frank als wenig sinnvoll: „Bewusstseinsbildung in Form einer Aufklärungskampagne wäre sinnvoller. Außerdem hat die Exekutive vor Ort andere Aufgaben, als Schaulustige zu registrieren.“
Friedrich Tinhof: „Die Polizisten vor Ort haben ohnehin keine Zeit, sich um Schaulustige zu kümmern.“
Dem pflichtet auch die Landesverkehrsabteilung der Polizei bei. „In der Praxis sind wir da mit ganz anderen Aufgaben beschäftigt“, so der stv. Leiter Friedrich Tinhof. Aber auch rechtlich hätte die Polizei nur eingeschränkte Möglichkeiten. „Dezidiert gibt es keine Strafbestimmung. Wir haben Wegweiserecht, falls Hilfskräfte behindert werden und Strafkompetenz, wenn jemand auf übergeordneten Straßen unter 60 km/h fährt“, erklärt Tinhof, der jedoch keine Probleme ortet: „Das ist aus Deutschland ,herübergeschwemmt worden'. Dort ist es schlimm. Hierzulande halten sich die Leute an unsere Anweisungen. Und helfen, wo sie können!“
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