Offener Brief
Ungarische Pendler klagen über Grenz-Situation in Klingenbach
Zahlreiche Pendler baten per offenen Brief an LH Hans Peter Doskozil und das Bundesministerium für Inneres die Situation am Grenzübergang Klingenbach
KLINGENBACH. Zumindest ein Dutzend Schreiben gingen ein, in denen sich die Pendler auf die Situation am Grenzübergang am 2. April bezogen. Im Schreiben zeigen die Pendler zwar Verständnis aufgrund der aktuellen Situation, baten jedoch eindringlich um Verbesserungen.
Mehr Beamte zu Stoßzeiten
Viele ungarische Staatsbürger arbeiten in systemrelevanten Betrieben. Im Schreiben wird sowohl auf weitreichende Konsequenzen der Verspätungen als auch auf Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes eingegangen. Um Verzögerungen zu vermindern, bitten die Pendler in ihrem Brief um mehr Beamte – vor allem zu Stoßzeiten – an den Grenzübergängen.
Der Brief im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
obwohl in Zeiten wie diesen Geduld und Verständnis groß geschrieben gehören, muss ich mich sowohl mit einer Bitte als auch mit einer Beschwerde an Sie wenden. Ich gehöre zu den geschätzt knapp 20.000 Pendlern aus Ödenburg, die täglich die Reise von Ungarn nach Österreich antreten, um dort ihrer Arbeit nachzugehen.
Uns allen ist bewusst, dass es aufgrund der momentanen Situation immer wieder zu Verzögerungen kommen kann. Jeder sollte ein wenig mehr Zeit für den Arbeitsweg einplanen. Wofür ich, und mit dieser Meinung stehe ich absolut nicht alleine da, jedoch kein Verständnis aufbringen kann, ist eine Situation wie heute Morgen, dem 2. 4. 2020, am Grenzübergang Klingenbach.
Nachdem der Grenzübertritt in letzter Zeit größtenteils reibungslos funktioniert hat, kam es heute wieder zu erheblichen Verzögerungen. Mir ist durchaus bewusst, dass es durch fehlende Erfahrungswerte und momentan wohl auch häufig improvisierte Dienstpläne nicht immer perfekt laufen kann, aber gerade am Montag in der Früh zwischen 4 und 9 Uhr herrscht das wohl größte Verkehrsaufkommen der ganzen Woche, da zu dieser Zeit vermehrt Grenzübertritte zum
Zwecke des Dienstantrittes getätigt werden.
Wenn diese Leute jetzt aufgrund der Unterbesetzung an der Grenze unerwartet zwei oder mehr Stunden an Zeit verlieren, so hat dies leider weitreichende Konsequenzen für uns alle. Abgesehen davon, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Pendler im Gesundheitssektor oder in anderen
systemrelevanten Betrieben tätig ist, in welchen Verspätungen im schlimmsten Fall sogar tragische Konsequenzen nach sich ziehen können, ist es wohl für kein Arbeitsverhältnis günstig, wenn der Angestellte oder Arbeiter zu spät zum Dienst erscheint.
Besonders momentan, wo viele von uns davon ausgehen müssen, so schnell keinen neuen Arbeitgeber in Österreich oder sonst wo zu finden, sollten sie ihren Job verlieren, wäre es wichtig, solidarisch zu handeln und dafür zu sorgen, dass die Österreichisch-Ungarische Grenze zu Stoßzeiten ausreichend besetzt ist.
Sie wissen sicherlich so gut wie ich und alle anderen Beteiligten, dass es in Zeiten der Verunsicherung wohl kaum hilfreich sein kann, den Leuten zusätzlich noch weitere Sorgen aufzuhalsen wie:
- Werde ich es heute rechtzeitig in die Arbeit schaffen oder muss ich wieder drei Stunden früher aufstehen?
- Werde ich aufgrund meines unverschuldeten zu-spät-Erscheinens eventuell meine Anstellung verlieren?
- Bin ich aufgrund meiner Wut über die ewige Warterei eventuell empfänglicher für populistische Hetze und Verschwörungstheorien?
Die sind nur einige der Fragen, die sich viele von uns stellen, wenn wir früh am Morgen im Stau stehen.
Ich- beziehungsweise all Pendler – bitten Sie deswegen darum, sich des Grundsatzes der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu besinnen und uns den gleichen barrierefreien Zugang nicht nur zum Arbeitsmarkt, sondern in diesem Fall zu unserem Arbeitsplatz zu gewährleisten.
Denn auch wenn die momentane Situation eine besondere ist und uns alle vor neuen Herausforderungen stellt, die teilweise schwer zu meistern sind, verlangen wir nichts unmögliches sondern bloß ein paar weitere Beamte, die im Sinne eines gemeinsamen europäischen Miteinanders für ein paar Stunden in der Früh die österreichische Wirtschaft ohne Verzögerung in den Tag starten lassen.
Mit freundlichen Grüssen
ein ungarischer Mitbürger
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