„Die Ostöffnung nutzen wir noch nicht“

Für eine Reform der Verteilung der Ertragsanteile setzte sich LHStv. Franz Steindl ein.
  • Für eine Reform der Verteilung der Ertragsanteile setzte sich LHStv. Franz Steindl ein.
  • hochgeladen von Christian Uchann

LHStv. Franz Steindl im BEZIRKSBLÄTTER-Interview über aktuelle politische Themen.

BEZIRKSBLÄTTER: Anfang nächsten Jahres wird wahrscheinlich das EU-Budget beschlossen und damit auch die Entscheidung über die Förderkulisse für das Burgenland ab 2014. Wie sehen Sie die Chancen, dass das Burgenland als Übergangsregion eingestuft wird?
STEINDL: „Die Chancen waren schon einmal besser, aber sie sind nach wie vor intakt. Das Problem ist nicht die Frage – ja oder nein Übergangsregion – sondern die Frage: Wie hoch ist die Dotierung. Und da hat die Europäische Kommission bereits einen Rückzieher gemacht und wenn das Budget insgesamt gekürzt wird, dann müssen auch wir mit weniger Förderungen rechnen. Also diese Üppigkeit an Förderungen werden wir nach 2013 nicht mehr haben.
Meines Wissens wird nicht mehr viel in Richtung Tourismus gefördert werden. Hier brauchen wir ein Zusatzprogramm seitens des Bundes. Das haben wir bis jetzt zwei Perioden gehabt – ein sogenanntes Additionalitätsprogramm – und da sind wir dabei, dass wir diese Wünsche nicht nur deponiert haben, sondern dieses Programm auch fordern, damit wir – wie der Name schon sagt – zusätzliche zur EU-Förderung gewisse Projekte, die wir begonnen haben, im Tourismusbereich auch beenden können.“

Kann das Burgenland ohne EU-Förderungen auskommen?
STEINDL: „Es gibt eine Diskussion über die Frage, warum sich das Burgenland so gut entwickelt hat. Einige Experten meinen, dass die EU-Förderungen den Löwenanteil dazu beigetragen haben, andere Wirtschaftsexperten meinen, die Erweiterung der Europäischen Union und Ostöffnung hat dazu beigetragen.
Ich denke, wir brauchen beides. Die Ostöffnung nutzen wir noch nicht – da haben wir riesige Chancen. Wir brauchen nicht mehr diese üppigen Förderungen, aber wir brauchen doch im Bereich Innovation und Internationalisierung einen finanziellen Schub und da bin ich mir sicher, dass dieser über die EU-Schiene gegeben ist.“

Frage an den Gemeindereferenten. In einigen Gemeinden ist die finanzielle Situation sehr angespannt. Wie können Gemeinden überleben?
STEINDL: „Das Zauberwort heißt ,Gemeindekooperation‘ und da gibt es bereits gute Beispiele. Wir müssen noch tiefer gehen. Es gibt derzeit drei EU-Studien, die wir in Auftrag gegeben haben, um das Kooperationspotenzial in den Gemeinden zu heben. Und wir werden nicht durch Verbote oder Gebote punkten können, sondern durch gute Beispiele, und so werden wir auch die Förderpolitik ausrichten. Dort, wo kooperiert wird – in der Verwaltung, im Bildungsbereich, im Sozialbereich, im Wirtschaftsbereich –, wird es auch mehr an Förderungen geben. Und dort, wo ,einsam‘ gearbeitet wird, wird es keine Förderungen geben. Ich bin dabei, dass wir das auch im Sicherheitsbereich, etwa bei den Feuerwehren neu ausrichten. Wir haben einen Kooperation mit dem Landesfeuerwehrverband, wo eine Arbeitsgruppe eingesetzt ist, wo wir versuchen auch im Bereich der Feuerwehren nachzudenken, wie wir die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, noch effizienter für den Feuerwehrbereich einsetzen, ohne dass Substanz verloren geht.
Mir ist wichtig, dass keine gut gewachsenen Strukturen zerstört werden, aber wir brauchen nicht in jeder Ortsfeuerwehr die infrastrukturelle Ausstattung, wie wir sie jetzt haben.“

Sie fordern ja unter anderem auch eine Verschiebung der Ertragsanteile zugunsten der Gemeinden…?
STEINDL: „Ja, es kann nicht sein, dass bei den Steuereinnahmen der Gemeinden – diese sogenannten Ertragsanteile – der Wiener das doppelte wert ist wie der Burgenländer. Burgenland bekommt 600 Euro und Wien 1.300 Euro pro Kopf. Das sind gewachsene Strukturen, die sich zwar verändert haben, und ich wünsche mir, dass der Finanzausgleich aufgabenbezogen verteilt wird.“

Zur Wehrpflichtdebatte, ist dieses Thema überhaupt für eine Volksbefragung geeignet?
STEINDL: „Es ist eine totale Gratwanderung, denn derartige Entscheidungen hätte man sich von der Bundesregierung erwartet. Und es hat auch hier Minister Darabos, der ja zuständig ist, einen Meinungsschwenk vollzogen, denn im Regierungsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP war die Wehrpflicht verankert. Und die hat gegolten bis zur Landtagswahl in Wien. Und dann gab es einen Meinungsschwenk.
Ich bin aber letztendlich froh, dass es diese Volksbefragung gibt, weil damit diese Diskussion zu Ende ist. Es ist ein Thema, das die Bevölkerung sehr entzweit. Und mit der Entscheidung am 20. Jänner erhoffe ich mir doch eine endgültige Lösung.“

Wie sehen Sie dazu derzeit die Stimmung im Burgenland?
STEINDL: Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass viele Menschen ihr Wahlrecht nützen. Wenn das viele tun, dann erhoffe ich mir doch, dass eine Mehrheit für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht – mit dem Zivildienst gekoppelt – eintritt, aber dass das auch ein Signal ist, um das Bundesheer zu reformieren. Denn so wie sich das Bundesheer derzeit darstellt, ist niemand so richtig glücklich. Da braucht es sicher Reformen und da ist der Bundesminister Darabos seit Jahren gefordert.“

Zum öffentlichen Verkehr, im Süden werden Bahnstrecken geschlossen, viele Pendler sind darüber sehr verärgert. Das kann Sie als Regierungspolitiker eigentlich nicht glücklich machen?
STEINDL: „Ich bin mit dem öffentlichen Nahverkehr – vor allem im Südburgenland – sehr unglücklich und nicht zufrieden. Und ich glaube, dass man mit der derzeitigen Förderpolitik, wie wir sie im Lande haben, dieses Problem nicht in den Griff bekommt. Die Politik muss sich eindeutig dazu bekennen, dass das eine Staatsaufgabe ist, dass wir da mehr Geld in die Hand nehmen müssen.
Und daher gebe ich den Süd- und Mittelburgenländern recht, wenn sie hier das Wort erheben und meinen, da wird hier viel zu wenig getan.“

Zur Gemeinderatswahl. Die Gründe für den Wahlsieg von Georg Rosner in Oberwart?
STEINDL: Es gilt nicht nur für den Gerhard Rosner, der übrigens eine hervorragende Persönlichkeit ist, sondern allgemein. Es müssen mehrere Komponenten bei einer Kommunalwahl mitspielen. Das eine ist, dass der amtierende Bürgermeister schwächelt, das zweite ist, dass die zweite Partei gute Persönlichkeiten hat, die auf die Menschen eingehen können. Das war bei der ÖVP immer der Fall, dass wir uns hervorragende Persönlichkeiten gesucht haben, dass wir nie in der Kandidatenfindung nur innerhalb der eigenen Partei gearbeitet haben, sondern auch darüber hinaus. Und wenn man sich anschaut, dass 20 Prozent der KandidatInnen kein Parteibuch haben, keine Mitglieder der ÖVP sind, dann zeigt es, dass es uns gelungen ist, die Partei zu öffnen. Und es ist auch ein Erfolgsbaustein, aber letztendlich haben das in den Kommunalwahlen die Persönlichkeiten gewonnen,
Eines ist auch klar: Bilanzen werden nicht gewählt, sonst hätten wir in Güssing den Bürgermeister behalten, sondern es werden Persönlichkeiten gewählt, die für etwas stehen.“

Warum ist es nicht möglich, dass es im Burgenland eine wettkampftaugliche Leichtathletikanlage gibt?
STEINDL: „Es war vor den Gemeinderatswahlen nicht möglich, es gab eine Polarisierung zwischen Eisenstadts Bgm. Thomas Steiner und dem Landeshauptmann. Da hat es scheinbar persönliche Differenzen gegeben.
Ich merke aber, dass es jetzt eine sachliche Gesprächsbasis gibt, und erhoffe mir doch, dass wir hier gemeinsam eine derartige Einrichtung, die wirklich notwendig wäre, bekommen.“

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der SPÖ?

STEINDL: „Es gibt deshalb eine gute Zusammenarbeit, weil wir vieles zur Chefsache erklärt haben, weil es permanente Gespräche zwischen Landeshauptmann und Landeshauptmannstellvertreter gibt, wo wir in einer guten Atmosphäre versuchen, sachliche Differenzen zu beseitigen. Und dort, wo wir feststellen, dass es ideologische Unterschiede gibt, versuchen wir ebenfalls, einen Konsens zu finden.“

Sie haben sich zum Ziel gesetzt, nach der nächsten Landtagswahl Landeshauptmann zu werden. Wie soll das funktionieren, nachdem die ÖVP bei der letzten Wahl 34,6% der Stimmen und die SPÖ 48,3% erreicht hat?
STEINDL: „Ich kann das mit einem Satz beantworten. Den Landeshauptmann wählen die Abgeordneten zum burgenländischen Landtag.
Es gibt derzeit niemanden, der die absolute Mehrheit hat. Die Parteienlandschaft hat sich verändert, niemand weiß, wie die politische Landschaft im Burgenland im Jahr 2015 aussieht.“

Wird es im ÖVP-Regierungsteam Veränderungen geben?
STEINDL: „Ich halte an meinem Regierungsteam deshalb fest, weil ich das Team bereits verändert habe. Beide – Michaela Resetar als Tourismus-Landesrätin und Andi Liegenfeld als Landesrat für den Umwelt- und Agrarbereich – arbeiten hervorragend, auch mit mir gemeinsam im Team. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass es da Veränderungen geben wird.“

Haben Sie zu den Feiertagen etwas Zeit für freie Tage?
STEINDL: „Ja, zwischen den Feiertagen gibt es immer wieder Möglichkeiten, wo man sich mit anderen Dingen beschäftigen kann. Es warten sehr viele Bücher auf mich. Es warten auch viele Stunden, wo ich hoffentlich die Möglichkeit habe, sie im Bekanntenkreis in der Familie zu verbringen, zu relaxen.“

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