Wenn Essen zum Luxusgut wird: Der erste Weltkrieg in der Region Enns
Der erste Weltkrieg (1914-18) machte der Bevölkerung in Sachen Lebensmittelknappheit zu schaffen.
REGION (bks). „Wenn auch Oberösterreich und Enns weit von den eigentlichen Kampfhandlungen entfernt waren, konnte man doch sehr bald die Auswirkungen des Krieges spüren", sagt Reinhardt Harreither, Leiter des Museums Lauriacum in Enns. Die landwirtschaftliche Produktion sank in den österreichischen Kronländern von 1914 bis 1918 auf die Hälfte der Erträge des Jahres 1913. „Ein entscheidender Schritt in der Organisation der Mangelwirtschaft war die Rationierung einer Vielzahl von Lebensmitteln und Bedarfsgütern", sagt der Historiker. Amtlich zugeteilte Karten sollten den Bezug der Waren – zumindest theoretisch – sicherstellen. Die Versorgung mit Brot sank zeitweise auf 630 Gramm pro Woche. Zudem schossen die Lebensmittelpreise in die Höhe: „Der Preis für Fleisch verteuerte sich um das Vierfache, Butter sogar um das Fünffache."
Sorgsamer Umgang war überlebenswichtig
Die Bevölkerung wurde dazu aufgefordert, auf Verwertbarkeit zu achten. So wurde beispielsweise aus Obstkernen und sogar aus Kaffeesud Öl produziert. Und worüber heute heiß diskutiert wird, hat einen ernsthaften Hintergrund: Zur besseren Ausnutzung des Tageslichtes und um Einsparungen bei der künstlichen Beleuchtung zu erreichen, wurde von 1. Mai bis 30. September 1916 erstmals die Sommerzeit in Österreich-Ungarn eingeführt. Durch den Krieg stieg natürlich auch der Metallbedarf für militärische Zwecke. Die Bevölkerung wurde deshalb zu Metallspenden aufgerufen. „Die Ennser Pfarre musste Glocken aus dem Geläute am Stadtturm, aus der Stadtpfarrkirche sowie aus St. Laurenz abliefern", sagt Harreither. Diese wurden für Rüstungszwecke eingeschmolzen. „Die Ablieferung der Glocken weckte starke Emotionen und vertiefte das Gefühl, dass der Krieg verloren sei." Das Ende der Monarchie stand kurz bevor.
Sammlungen für Rüstung
Karten für Lebensmittel und Bekleidung waren auch in St. Valentin die "Lösung" für die Lebensmittelknappheit. Bei Sammelaktionen unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen" spendete die Bevölkerung außerdem ihren Goldschmuck, um den Krieg mit zu finanzieren. Ähnlich wie in Enns, mussten auch die Kirchenglocken für die Rüstung verwertet werden. 1916 wurde zudem das Kupferdach des Kirchturmes abmontiert (Aus "Stadt St. Valentin" von 1983).
St. Valentin: Ländliche Strukturen
Die Bevölkerung ist mit der heutigen nicht vergleichbar. „Um das Jahr 1918 gab es eine eher bäuerliche Struktur", sagt Uta Matschiner vom geschichtlichen Museum St. Valentin. Das Vereinsleben war aber auch damals schon sehr ausgeprägt. „Der Turnverein wurde beispielsweise schon im Jahr 1911 gegründet." Die Wurzeln des Museums selbst reichen bis ins Jahr 1906 zurück. „In diesem Jahr wurde der Verschönerungsverein gegründet."
Verluste
Am 12. November 1918 wurde vor dem Parlament in Wien die Republik ausgerufen. Die Monarchie war Geschichte. Nun mussten die Verluste des Krieges überwunden werden. Der erste Weltkrieg forderte im k. u. k. Heer über eine Million Tote. In Oberösterreich kamen zirka 22.500 Soldaten ums Leben. „Aus Enns sind ungefähr 90 Männer als Tote, Vermisste oder, später an den Folgen von Kriegsverletzungen, Verstorbene bekannt", sagt der Leiter des Museums Lauriacum in Enns, Reinhardt Harreither.
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