Die letzte Flugreise....

Flug über den Wolken - der Ausblick kann manchmal schon faszinierend sein...
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  • hochgeladen von Wolfgang Simlinger

Heute vor genau 7 Jahren stieg ich das letzte Mal in ein Flugzeug. Von einem Fotojob in Nizza ging es zurück nach München. Es sollte der letzte Flug für eine lange Zeit sein, oder vielleicht auch für immer. Auch heute nach 7 Jahren verspüre ich noch immer keine Gelüste, mich irgendwann mal wieder in ein Flugzeug zu setzen. Und das, obwohl ich eine Zeit lang sehr gerne und auch sehr viel geflogen bin.

Zwischen den Jahren 1988 und 2010 bin ich sehr viel geflogen. Neben mehreren Reisen nach Südamerika, in die Karibik, Südostasien, und Island waren es vor allem unzählige Flüge innerhalb Europas, die ich in den 22 Jahren absolviert habe. War der Spass und der Genuss am Anfang noch gross, so ließ die Freude an der Fliegerei im Laufe der Jahre deutlich nach. In den Jahren 2008 bis 2010 war das Fliegen nur mehr Mittel zum Zweck, die paar wenigen Flüge waren Dienstreisen.

Abenteuer Reisen:
Angefangen hat bei mir alles Ende der 80er Jahre. Damals flog ich das erste Mal nach Griechenland - und das gleich mit einem ungewöhnlichen Gepäckstück: in meinem Reisegepäck war ein Fahrrad - ganz ohne Verpackung. Ich musste damals nur den Lenker quer stellen, die Pedale abnehmen und die Luft aus den Reifen lassen. Auch nach Island und nach Trinidad ging das Fahrrad mit - ganz ohne Probleme und ohne Aufpreis. Zu dieser Zeit waren Flugreisen für mich wie Abenteuer. Trotz vieler Unzulänglichkeiten genoss ich die Reise in unterschiedlichen Flugzeugen. Von einer alten Antonov bis hin zur modernen Boeing 777 bin ich in den Jahren mit fast allen gebräuchlichen Flugzeugtypen geflogen. Obwohl die Flugzeuge nicht immer im besten Zustand waren, hatte ich nie wirklich Flugangst. Die Abenteuerlust stand bei mir eine Zeit lang im Vordergrund. Auch die lange Fliegerei machte mir in jungen Jahren nicht wirklich viel aus. Oft war ich 24 Stunden oder länger unterwegs, kam zwar oft müde an, hatte mich aber am nächsten Tag bereits wieder erholt. Parallel zu den Fernreisen war ich auch immer mit kleineren Flugzeugen unterwegs. Ein Studienkollege von mir war Pilot und wir nutzten immer wieder eine zweisitzige Maschine für Fotoflüge. Als Technikfreak machte mir diese unmittelbare Art der Fortbewegung grossen Spass, auch wenn bei manchen Flugmanövern ein Kitzeln in der Magengegend spürbar war. Wir hatten damals auch geplant kommerzielle Flugaufnahmen im grossen Stil anzubieten, der frühe Tod meines Studienkollegen machte uns dabei einen Strich durch die Rechnung.

Geschwindigkeit:
Geschwindigkeit übt eine gewisse Faszination auf mich aus. Ich mag schnelle Autos, fahre gerne mit schnellen Zügen und hab auch im Flugzeug die immense Beschleunigung beim Start genossen. Verkehrsflugzeuge bewegen sich mit Geschwindigkeiten von 800 - 1000 km/h. Nur so ist es möglich, weit entfernte Reiseziele in annehmbarer Zeit zu erreichen. Dieser Geschwindigkeitsvorteil ist aber umso geringer, je kürzer die Flugstrecke ist. Innerhalb Europas entfällt bereits ein grosser Teil der Flugzeit auf Start- und Landevorgänge bzw. Steig- und Sinkflug. Die Reisegeschwindigkeit von Flugzeugen hat sich in den letzten 50 Jahre nicht maßgeblich erhöht, im Gegenteil, auf manchen Strecken hat sich sogar die Flugzeit verlängert, da es durch den dichten Flugverkehr auf manchen Flughäfen immer wieder zu Wartezeiten kommt. Im Extremfall dauert ein für 1 Stunde angesetzter Flug bei mir fast zwei Stunden, da die Maschine wegen des hohen Verkehrsaufkommens mehr als eine halbe Stunde über dem Flughafen kreiste und dann nochmal 20 Minuten auf ein freies Gate warten musste. Während die Reisezeiten sich bei Flugreisen tendenziell erhöhen, so wurde der Bahnverkehr deutlich schneller. Auf manchen Strecken hat sich die Fahrgeschwindigkeit mehr als verdoppelt.

Preis:
Mein erster Transatlantikflug nach Venezuela war Anfang der 90er Jahre mit 18.000 Schillingen noch relativ teuer. 10 Jahre später kostete die Flugstrecke nicht einmal die Hälfte. Noch extremer wird der Vergleich, wenn man 50 Jahre oder mehr zurückblickt. In den 50er und 60er Jahren kosteten Flüge in die USA so viel wie ein Kleinwagen. Davon ist jetzt nichts mehr zu merken. Fliegen ist billig geworden, Billigairlines kamen auf den Markt und boten Flüge zu Spottpreisen an. Sehr oft haben die Billigangebote aber einen Haken: weit abgelegene Flughäfen inklusive teurer Transferkosten und ungünstige Flugzeiten kompensieren den oft günstigen Preis.

Fernziele:
Viele Fernziele sind nur mit dem Flugzeug in annehmbarer Zeit und zu einem vernünftigen Preis erreichbar. Einige meiner Reiseziele hätte ich ohne Flugzeug nie besuchen können. Je mehr ich reiste, desto mehr sank aber auch mein Verlangen, Fernziele zu bereisen. In jungen Jahren hatte ich mir einige Reiseziele vorgenommen, die ich dann im Alter zwischen 20 und 30 bereiste. Im Laufe der Zeit wuchs aber immer mehr mein Interesse an der näheren Umgebung. Seit nunmehr 10 Jahren liegen meine Reiseziele ausschließlich in Europa und sind mit dem Auto oder der Bahn zu erreichen.

Gepäck:
Ich verreise grundsätzlich mit sehr wenig Gepäck. Selbst auf Fernreisen blieb mein Gepäck deutlich unter 20kg und das obwohl ich immer meine Fotoausrüstung dabei hatte. Eine Kamera mit ein oder zwei Objektiven gehört zur Ausstattung der meisten Reisenden. Problematisch wird es aber, wenn man ein Stativ oder eine Blitzanlage mitnehmen muss. Bei einigen Fotoaufträgen war ein Stativ unumgänglich. Ein schweres Stativ in die Kabine mitzunehmen war seit der Jahrtausendwende praktisch unmöglich, also musste das Teil ins Reisegepäck. Mein erster Versuch misslang: beim Flug in die Karibik wurde ein massiver Kugelkopf abgebrochen, obwohl das Stativ gut verpackt war. Dieser Schaden zog einen Rattenschwanz an Konsequenzen mit sich: den Schaden in Martinique zu reklamieren, war praktisch unmöglich, da ich unmittelbar danach einen Weiterflug mit einer anderen Luftlinie hatte. Um den finanziellen Ersatz ging es nicht, es stellte sich viel mehr die Frage, wo ich nun einen Stativkopf herbekomme. Nach längerem Suchen erstand ich dort schließlich einen Ersatz, der sich aber als qualitativ minderwertig erwies und für jede Menge unscharfer Bilder sorgte. Somit war das Thema "Stativ und Fluggepäck" auch schon wieder abgehakt. Neben dem zerstörten Stativkopf gab es immer wieder andere Probleme mit dem Reisegepäck. Kaputtes, verschmutztes oder verspätetes Reisegepäck war eher die Regel. Die Probleme mit dem Gepäck wurden im Laufe der Jahre nicht besser, sondern schlimmer. Bei meinen letzten Reisen gab ich einen Teil meiner Fotoausrüstung mit einer Spedition auf. Meine Stative gingen oft schon einen Monat früher auf die Reise und kamen einen Monat später wieder zurück. Auf diese Art und Weise konnte ich wenigstens sicher gehen, am Zielort eine funktionierende Ausrüstung vorzufinden.

Komfort:
Mittlerweile bin ich es gewohnt, im Auto einen fünffach verstellbaren, beheizbaren Sitz vorzufinden. Auch mehrere Stunden Fahrt machen mir auf diesen Sitzen nichts aus. Die besten Flugzeugsitze ähneln vom Komfort her ungefähr den Autositzen aus den 70er Jahren. Ich kann mir heute nicht mehr vorstellen, dass ich in jungen Jahren 12 Stunden auf solchen Sitzen verharrt bin. Allein der Gedanke an diese suboptimalen Möbel verursacht bei mir Kreuzschmerzen. Nachträglich betrachtet ließ ich schon sehr viel über mich ergehen, um ans Ziel zu gelangen. Hoher Lärmpegel, trockene Luft, geringer Sitzabstand und vor allem die eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit waren einer der Gründe, warum ich mittlerweile jedes andere Verkehrsmittel dem Flugzeug vorziehe.

Flexibilität:
In meinem Job muss ich immer flexibel sein, aber auch auf meinen Reisen ist mir eine gewisse Flexibilität wichtig. Wenn es mir an einem Ort nicht gefällt oder wenn das Wetter nicht passt, dann will ich woanders hin. Mit den meisten Verkehrsmitteln bin ich hier flexibel. Zug- oder Bustickets sind oft innerhalb weniger Minuten organisiert und die Weiterreise ist so gesichert. Bei Flugreisen bin ich immer an eine fixierte Flugzeit gebunden. Auch wenn ich auf Reisen immer wieder Umbuchungen vornehmen musste: meist waren diese mit Kosten und Unannehmlichkeiten verbunden.

Unvorhergesehen Ereignisse:
Flüge, bei denen alles zu 100% geklappt hat, bildeten in den letzten Jahren eher die Ausnahme. Pilotenstreiks, Flugausfälle, Verspätungen, Defekte,....die Liste dieser Ereignisse wurde den Rahmen des Artikels sprengen. Einmal musste ich drei Tage auf einer Azoreninsel ausharren, weil die einzige Rollbahn der Insel mit einem defekten Flugzeug blockiert war. Ich fuhr schließlich in Eigenregie mit einem Boot auf eine andere Insel und konnte von dort meinen Heimflug antreten. Von den entstandenen Kosten (Übernachtung, Verpflegung, Transfer,...) wurde mir praktisch nichts ersetzt, da es sich bei diesem Zwischenfall um "höhere Gewalt" handelte. Regressforderungen sind vielleicht innerhalb Europas möglich, je weiter entfernt das Reiseziel liegt, desto schwieriger ist, es, hier eine Lösung zu finden.

Unliebsame Mitreisende:
Im Flugzeug kann ich mir zwar den Sitzplatz aussuchen und hoffen, dass ich nette Sitznachbarn habe. In einem bis zum letzten Platz gefüllten Flugzeug hat man keine Chance auf einen anderen Sitzplatz und muss im schlimmsten Fall mehrere Stunden neben einem schwer alkoholisierten Sitznachbarn aushalten.

Sicherheit:
Sicherheit wird im Flugzeug groß geschrieben. So steht es zumindest in der Agenda. Jeder, der ins Flugzeug steigt, könnte ein potentieller Terrorist sein. Das bekommt man immer wieder zu spüren. Man wird nicht als Gast behandelt, sondern als potentieller Gefährder. Nach den Anschlägen auf das WTC wurden die Sicherheitsbestimmungen bei Flugreisen drastisch verschärft. Viele Dinge wurden als "gefährlich" eingestuft, speziell wenn sie nicht alltäglich sind. Ein Belichtungsmesser verursachte einmal grossen Aufruhr und ich konnte die Sicherheitsleute nur milde stimmen, indem ich die Batterie rausgab. Dass es am Zielort für das Gerät weit und breit keine Batterie zu kaufen gab, war schmerzlich. Bei einigen Flügen betrug die Vorlaufzeit bis zu 2 Stunden, nur um die umfangreichen Gepäckkontrollen durchzuführen. Daneben passierten aber wieder erstaunliche Dinge, die mich an der Sicherheit im Flugzeug zweifeln ließen. So saß ich z.B. einmal in einem vollbesetzten Jumbo, auf dem weg von Jakarta nach Dubai. In diesem Flugzeug wurden lediglich bei 20 Leuten Handgepäckkontrollen durchgeführt. Dann ging das Röntgengerät kaputt und die restlichen 300 Passagiere wurden ohne Kontrolle ins die Kabine gelassen.

Nervige Kurzstrecken:
Jeder Flug hat eine gewisse Vorlaufzeit. Flughafentransfer - Check-In-Boarding-Flug-Gepäckausgabe-Transfer zum Zielort. Dieser Overhead ist in der Regel unabhängig von der Flugdauer. Innerhalb Europas kann es schnell passieren, dass man bei einer Stunde reiner Flugzeit mehrere Stunden "tote Zeit" hat. Diese Zeit kann man nur schlecht nutzen, da man ständig beschäftigt wird. In den letzten Jahren hab ich innerhalb Europas vermehrt die Bahn benützt. Mehrstündige Bahnfahrten kann ich immer nützen. Ob es Arbeit am Computer, lesen oder einfach ein gemütliches Bier im Speisewagen ist. Für mich sind 6 Stunden im Zug wesentlich entspannter und können sinnvoller genutzt werden als ein einstündiger Flug, der dann schussendlich doch auf 4 Stunden reine Reisezeit kommt. Ein Extrembeispiel für Zeitdiebsstahl erlebte ich bei einem meiner letzten Flüge von Nizza nach München. Ich übergab in der Früh mein Stativ Kollegen, der mit dem Lieferwagen von Nizza nach Salzburg fuhr und fuhr zeitgleich zum Flughafen. Der Flug ging über Mailand nach München mit einem einstündigen Zwischenstop. Aufgrund eines unauffindbaren Fluggastes hob die Maschine 1 Stunde später in Mailand ab und landete schließlich am Nachmittag in München. Mit dem Zug ging es dann nach Salzburg, wo der Kollege bereits mit dem Stativ wartete. Der war zügig durchgefahren und hatte die Streck in gut 8 Stunden zurückgelegt, während ich fast 9 Stunden unterwegs war.

Derartige Erlebnisse bewogen mich damals, meine Reisepläne und auch meine berufliche Orientierung gründlich zu überdenken. Ich hatte es einfach satt, stundenlang auf irgendwelchen Flughäfen herumzusitzen und dort wie ein Bittsteller behandelt zu werden. Auch wenn Flugreisen immer billiger wurden, die Qualität des Reisens ging tendenziell nach unten. Im gleichen Zeitraum hatten sich andere Verkehrsmittel durchaus positiv entwickelt. Bahnreisen sind zwar teurer geworden, der Komfort und vor allem die Geschwindigkeit ist deutlich angestiegen. Ich reise im Jahr im Schnitt zwischen 50.000 und 60.000km. Einen Grossteil der Strecke lege ich mit dem Auto zurück, da ich sehr oft in entlegene Gebiete reise und mit meiner Zeiteinteilung und meiner Ausrüstung flexibel sein muss. Für Städtereisen hat sich bei mir in den letzten Jahren eindeutig die Bahn etabliert. Reisezeiten von etwas mehr als einer Stunde von mir nach Wien bzw. Salzburg sind mit dem Auto nicht zu bewältigen. Auch für Fahrten ins benachbarte Ausland nutze ich immer mehr die Bahn und habe hierbei das Gefühl, mit einem Verkehrsmittel unterwegs zu sein, das sich in Zukunft eindeutig nach oben entwickeln wird. Auch beruflich habe ich mich neu orientiert und verzichte seit 7 Jahren weitgehend auf Auslandseinsätze, bei denen Flugreisen notwendig waren.

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