Pflegerin unter Mordverdacht
WIGEV prüft zweiten Fall in Klinik Favoriten
- Wie am Dienstag bekannt wurde, soll eine Pflegerin in der Klinik Favoriten einer Patientin im September fehlerhaft Medikamente verabreicht haben.
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Wie am Dienstag bekannt wurde, soll eine Pflegerin in der Klinik Favoriten einer Patientin im September fehlerhaft Medikamente verabreicht haben. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen Mordverdachts, der WIGEV prüfte ebenso intern. Dabei wurde ein Dokumentationsfehler bei der Vergabe festgestellt. Auch im Jänner war bereits ein Patient unter ähnlichen Umständen verstorben, dies werde ebenfalls geprüft.
Aktualisiert am 11. November, 16.48 Uhr
WIEN/FAVORITEN. Am Dienstag machte eine aufsehenerregende Meldung medial die Runde. Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien ermittelt wegen des Mordverdachts in der Klinik Favoriten. Eine Patientin auf der palliativen Station soll am 17. September laut "Falter.Morgen" nach fehlerhafter Medikamentenverabreichung verstorben sein. MeinBezirk berichtete, siehe unten.
Die StA Wien erklärte bereits am Vormittag, dass man zumindest gegen eine Pflegekraft ermittelt, nachdem Meldungen eingingen. Der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) bestätigt in einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag gewisse Details. Der medizinische Direktor Michael Binder sagte: "Nach aktuellem Kenntnisstand kam es am Vortag des Ablebens der Patientin zu Unklarheiten rund um die verabreichten Medikamente."
Man habe umgehend interne Prüfungen durchgeführt, eine Sachverhaltsdarstellung an die StA Wien übermittelt und einen unabhängigen Mediziner als Sachverständigen zur Untersuchung der verstorbenen Patientin beauftragt.
Zweiter Fall wird geprüft
Ins Rollen kam der Fall durch eine Meldung vom Personal. Weitere Mitarbeiterinnen hätten beim Schichtwechsel von zwei Kolleginnen den Dienst übernommen. Dabei soll eine der beiden laut dem "Falter.Morgen"-Bericht in der Übergabe erklärt haben: "Der Frau R. kann man mehr geben, dann geht’s schneller vorbei." Es folgte die Meldung an die Vorgesetzten.
"Die Patientensicherheit hat im WIGEV höchste Priorität. Aus diesem Grund wurden die betroffenen Krankenpflegerinnen umgehend aus dem Dienst entbunden. In weiterer Folge wurden diese auch gekündigt, da sich herausstellte, dass Medikamentenverabreichungen nicht ordnungsgemäß in der Vergangenheit erfolgten“, so Binder. Er betont, dass dieser Schritt unabhängig von sonstigen etwaigen Ermittlungen der StA Wien unternommen wurde, da es sich zumindest um Dienstverfehlungen handelte. Und er stellt klar: "Zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch kein kausaler Zusammenhang mit dem Tod festgestellt werden."
- Der medizinische Direktor im WIGEV, Michael Binder, versicherte, dass man umgehend reagiert hat.
- Foto: Valentina Marinelić/MeinBezirk
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Durch die Prüfung wurde jedoch auch ein möglicher zweiter Todesfall festgestellt, der in Zusammenhang mit unklarer Dokumentation stehen könnte. Dieser zweite Patient verstarb bereits im Jänner. Ob auch hier fehlerhafte Medikamentenabgabe Auslöser sein könnte, wird intensiv geprüft. Über den Fall wurde man erst vorherige Woche informiert, die StA Wien hat dazu Unterlagen angefordert. Jetzt sei die Staatsanwaltschaft am Zug, hier gebe es jedoch noch keine Ermittlungen, soweit man beim WIGEV wisse. Daher hält man sich bewusst bedeckt: "Dazu können wir nichts sagen, es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft, dies zu ermitteln", so Binder.
Unterschiedliche Dosierungsmengen
Zurück zum Fall im September: "Am Tag des Ablebens der Patientin gab es eben die Information an eine Führungskraft der Abteilung, dass es von einer anderen Kollegin Äußerungen gab, die auf eine unrechtmäßige Verabreichung von Medikamenten vermuten lässt", so Silvia Riepl, Pflegedirektion der Klinik Favoriten. In weiterer Folge wurden mit der gesamten Belegschaft der Abteilung Gespräche geführt und gemeinsam die Dokumentation der Medikamentenabgabe in der Palliativstation untersucht.
Die Medikamentenabgabe verläuft über eine sogenannte Motorspritze. Es gehe in dieser letzten Lebensphase der Patientinnen und Patienten darum, noch Schmerzen zu vermindern. Bei der verstorbenen Frau soll es sich um eine Krebspatientin im letzten Stadium gehalten haben. Diese Patienten haben ein Anrecht auf schmerzlindernde und beruhigende Medikationen, so wurden ihr unter anderem Benzodiazepine verabreicht.
- Silvia Riepl, Pflegedirektion der Klinik Favoriten, erklärt die komplexen Abläufe bei der Medikamentenverabreichung.
- Foto: Valentina Marinelić/MeinBezirk
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Vereinfacht dargestellt funktioniere das System so: Ein Arzt gibt eine Medikamentendosis vor, die in einem gewissen Zeitraum über die Motorspritze maximal verabreicht werden darf. Dabei wurden in dem Zeitraum andere Dosierungsmengen in der Dokumentation der Motorspritze festgestellt, als diese tatsächlich verabreichte. Pflegekräfte hätten jedoch sehr wohl einen gewissen, festgelegten Spielraum bei der Medikamentenzufuhr, wenn es die Symptome verlangen würden. Man versichert, dass sich nach derzeitigem Kenntnisstand die Dosierung im Rahmen der Verschreibung des Arztes befand.
WIGEV: "Wir haben umgehend reagiert"
Bernhard Pisecky von der Rechtsabteilung des WIGEV versichert: "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht sagen, ob die Medikamentenabgabe kausal für die Verschlechterung des Gesundheitszustands oder gar für den Todesfall verantwortlich war. Was wir jedoch sagen können, ist, dass es einen Verstoß gegen die Richtlinien für die Medikamentenvergabe gab. Und wir haben umgehend reagiert."
Um völlige Transparenz zu ermöglichen, hat man nicht nur einen unabhängigen Sachverständigen herangezogen, sondern eben die Meldung an die Staatsanwaltschaft getätigt. Pisecky erklärt, dass es im WIGEV zahlreiche Sicherheitsmechanismen gibt und weiters auch dadurch dieser Fall publik wurde.
Staatsanwaltschaft zuständig
Über die weiteren Schritte der Staatsanwaltschaft Wien möchte man nicht spekulieren. Für die Obduktion der im September verstorbenen Patientin sei im Übrigen ebenso die StA zuständig, heißt es. Daher könne man nichts zum Zeitpunkt des Ergebnisses sagen.
- Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien bestätigt laufende Ermittlungen gegen eine Krankenpflegerin. (Archiv)
- Foto: PEROUTKA Guenther / WirtschaftsBlatt / picturedesk.com
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Die im Jänner und September verstorbenen Palliativpatienten befanden sich zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Die gekündigten Mitarbeiterinnen, die beide diplomierte Pflegekräfte sind, waren seit gut anderthalb Jahren im Wigev tätig. Sie hätten sich bis dato keine Verfehlungen zu Schulden kommen lassen. Und sie bestritten auch in den Gesprächen mit der Abteilungsleitung, dass man bewusst fehlerhaft gehandelt habe.
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