Rezepte ohne Angaben
Ein Freund, männlich, von Beruf Chemiker und daher gewöhnt, mit ganz genauen Mengen im Milli- und Mikrogramm-Bereich zu arbeiten, schalt mich schon oft, wieso ich meine Rezepte ohne genaue Mengenangaben, ohne Backtemperatur- und Backzeitempfehlungen präsentiere. So könne man nicht kochen, meint er.
Ich muss das einmal hier erklären.
Ich habe 1-2-3x am Anfang meiner selbständigen Haushaltsführung genau nach Rezept gearbeitet. Es wurde jedes Mal eine Katastrophe. Ich erinnere mich an ein Brot - es wurde zu einer Art dicken Müslisuppe, wir mussten den an sich schmackhaften Brei aus dem Backblech heraus löffeln. Oder die Kuchen, die innen speckig, außen zerflossen waren.
Da hat mir meine Mutter gesagt: "Mein Kind, früher gab es weder Küchenwaagen, noch einstellbare Temperaturen, trotzdem haben wir gut gekocht und gebacken." (Ich habe zwar von ihr einige Kuchenrezepte mit genauen Mengenangaben geerbt, aber diese kamen von einer Großmutter aus dem 19.Jh. Sie war Dienstmädchen und Köchin bei einer Herrschaft und musste dort immer die gleiche Qualität produzieren, daher hat sie sich alles notiert.)
So bin ich darauf gekommen, dass es das einzig Wichtige ist, auf die Geschmacksharmonie zu achten: Was passt wozu, welche Geschmäcker würden sich nicht vertragen usw. Das ist eine Frage der Fantasie, und die kann man trainieren - und noch viel wichtiger, man muss sich trauen, dann wird die Fantasie beflügelt.
Bei Teigen aller Art achte ich ausschließlich darauf, dass die Konsistenz nicht zu flüssig und nicht zu hart wird. Im Zweifelsfall eher Richtung flüssig - also dickflüssig oder zähflüssig wie Honig. Für uns wichtig, dass die Sachen nicht zu fett sind, also die cremige Konsistenz soll nicht von zu viel Butter oder Öl kommen.
Ich stecke die meisten Sachen bei 200° in den Backofen; manches zuerst zugedeckt, erst für die letzten 10 Minuten abgedeckt, und schaue immer wieder nach, ob es nicht verbrennt. Wenn ich vermute, dass es so weit ist, stecke ich ein Holzstäbchen in den Teig, und wenn noch etwas daran klebt, ist es noch nicht fertig.
Wenn etwas zu schnell dunkel geworden ist, reduziere ich die Hitze auf 180°, und wenn das Ding fertig ist, nehme ich es aus dem Ofen heraus, denn in der Wärme stehen ist so gut wie weiter backen oder trocknen, und das will ich nicht. Braten oder Ofengemüse decke ich nach dem Herausnehmen schnell wieder zu, denn ich bilde mir ein, dass es so saftiger bleibt.
So einfach ist das. Natürlich sind meine Kreationen nie ganz gleich, denn einmal ist dieses Gewürz drinnen, einmal jene Gemüsemischung, einmal nehme ich ein anderes Mehl oder gar Grieß, aber gerade das ist spannend! Und es ist nie verpatzt, sondern einfach anders, etwas Neues. Also traut euch zu experimentieren!
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