70 Jahre lebendige Wohngeschichte in Wien-Favoriten
Die Per Albin Hansson Siedlung feiert 70-jähriges Jubiläum. Die VHS sammelt dazu Erinnerungen, Fotos und alles Historische zum Thema. Der Bewohner Gerhard Fleischmann erzählte der bz aus dem Nähkästchen der Siedlung.
FAVORITEN. Die Per Albin Hansson Siedlung ist Wiens größte städtische Wohnhausanlage. Errichtet wurde sie in den 40er und 50er Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg – mit finanzieller Hilfe aus Schweden.
Der erste Teil wurde im August 1947 feierlich eröffnet. 70 Jahre danach erinnert sich der Zeitzeuge Gerhard Fleischmann an die Zeit des Beginns. Seine Eltern zogen am 30. Dezember 1950 in die Siedlung – und bereits im Mai des Folgejahres wurde Gerhard Fleischmann geboren. "Ich war damit einer der ersten, die hier hereingeboren wurden", erzählt er stolz.
Mit Bensdorp in die Schule
In der Hansson-Siedlung konnte man von Anfang an leben, ohne das Grätzel verlassen zu müssen. "Ich hatte 60 Schritte bis zum Milchgeschäft, das die Tochter von Maria Murban geführt hat", so Fleischmann. Murban war eine Widerstandkämpferin und sozialdemokratische Bezirksrätin.
Besonders gut erinnert sich der Favoritner an den Schulstart. Da lag jährlich auf jedem Platz eine kleine Tafel Bensdorp-Schokolade für die Taferlklassler. "Das war natürlich von der Greißlerin Murban", so Fleischmann.
Filme im Volksheim
Zu Beginn der Siedlung gab es auch schon die Gastwirtschaft am Stockholmer Platz: Der Berthold war immer schon Treff im Grätzel – erst später kam das Volksheim dazu. Da konnten Jung und Alt die ersten Filme sehen, Theaterstücke bestaunen oder zu Konzerten tanzen. "Erst nach dem Volksheim wurden die Kirchen errichtet", erinnert sich der Favoritner.
Vor allem die Winter sind Fleischmann in Erinnerung geblieben. In seiner Jugend konnte man noch ungestört von jedem Hügel rodeln und Schneeballschlachten abhalten – auch wenn dabei einmal ein Fenster zu Bruch ging. "Das musste damals meine Mutter zahlen, das war gar nicht lustig für sie", erinnert er sich heute.
Seifensieder ist beim 167er
Der 66-Jährige erinnert sich auch an die Seifensiederei Trilety. Diese befand sich etwas südlich der Hansson-Siedlung, gleich bei der Station der Straßenbahn 167. Vor allem der Geruch davon ist Fleischmann zum Teil noch bis heute in der Nase geblieben.
Als Kind liebte er es, in den Feldern spielen zu können. "Meine Großeltern lebten damals am Laaerberg. Wenn sie zum Victor Adler Markt fuhren, sagten sie ,Wir fahren in den Bezirk hinein'", erinnert sich Fleischmann. Das Leben am Laaerberg und in der Hansson-Siedlung war ein Landleben – mit den städtischen Annehmlichkeiten. "Inzwischen hat uns die Stadt erreicht", so der Pensionist.
Sein ganzes Leben verbrachte er in der Hansson-Siedlung. Inzwischen hat der Pensionist nur mehr 1.000 Schritte bis zur U1-Station Alaudagasse. "Hier lebt es sich ausgezeichnet", so der Favoritner. "Sicher: Es ist nicht alles immer sehr gut. Aber im Großen und Ganzen funktioniert alles."
Geschichten und Fotos gesucht
Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Wohnbausiedlung wird Rückschau gehalten: Die Internationale Bauausstellung Wien hat eine Schau in den Durchgängen der Hansson-Siedlung Ost eröffnet. Um diese zu erweitern, werden noch nach Geschichten, Fotos oder Filme aus der Geschichte der Per Albin Hansson Siedlung gesucht. Die besten Beiträge werden in einem Buch über die Siedlung veröffentlicht.
Beiträge werden in der Volkshochschule in der Ada-Christen-Gasse 2 gerne entgegen genommen. Sie können auch direkt Ihre Geschichten und Fotos hochladen oder an die bz-Wiener Bezirkszeitung mailen.
Öffnungszeiten der VHS-Hansson-Siedlung:
Montag 8-16 Uhr
Dienstag 9-17 Uhr
Mittwoch 8-16 Uhr
Donnerstag 10.30-18.30 Uhr
Freitag 8-14 Uhr
Wenn Seminare stattfinden: jeweils 1/2 Stunde früher.
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