Psychologin Heidi Huber
Chronischer Stress ist eine der größten Gesundheitsgefahren
Psychologin Heidi Huber über das Zusammenspiel von Psyche, Nervensystem und den Abwehrkräften.
BEZIRK FELDKIRCHEN. Ein gesunder Mensch ist nicht nur sein Körper allein. Körper, Geist und Psyche sind untrennbar miteinander verbunden. Diesem Bewusstsein liegt eine lange Entwicklung zugrunde. Die Bodensdorfer Psychologin Heidi Huber erläutert die Thematik.
Körper und Seele
Rene Descartes, der Begründer des Rationalismus, hat das Bild des Dualismus von Körper und Seele geprägt; indem diese zwar getrennt gesehen werden, aber in Wechselwirkung zueinander stehen. Er hat den Ort dieser Wechselwirkung in der Zirbeldrüse im Gehirn vermutet. Heute gilt die Zweiteilung von Körper und Seele in der Hirnforschung als nicht mehr aktuell. Das lange vermutete Interaktionszentrum im Gehirn ist von der Erkenntnis der Nervenreizleitung über elektrische Erregung abgelöst worden. Heute ist aus der Wissenschaft bekannt, dass die allermeisten Gedanken unbewusst ablaufen und dem Menschen oft verborgen bleiben.
Teamarbeit im Körper
Die Psychoneuroimmunologie hat sich erst vor 40 Jahren als neues wissenschaftliches Forschungsgebiet entwickelt. In der Psychoneuroimmunologie (PNI) geht es um das Zusammenspiel von Psyche, Nervensystem und körpereigener Abwehrkräfte, unserem Immunsystem. Dieses arbeitet sozusagen nicht isoliert vor sich hin, sondern im Team mit unserer Psyche und dem Gehirn. Erst als nachgewiesen werden konnte, dass Emotionen messbare biochemische Reaktionen im Körper auslösen, hat dieses neue Wissenschaftsgebiet einen Durchbruch erlebt. Dabei konnte festgestellt werden, dass unterschiedliche Emotionen und Befindlichkeiten der Testpersonen unterschiedlich hohe Entzündungswerte im Körper erzeugen; wenn Personen emotionalen Belastungen ausgesetzt gewesen sind, haben sich auch die Entzündungswerte erhöht.
Gesundheitsgefahr Stress
Die Weltgesundheitsorganisation WHO bewertet chronischen Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts. Studien haben ergeben, dass nicht nur körperlicher, sondern auch psychischer Stress das Immunsystem ordentlich strapaziert. In der Behandlung eines Großteils körperlicher Erkrankungen wäre es daher wünschenswert und sinnvoll, auch die emotionale Befindlichkeit, die individuelle Lebenssituation und den Umgang mit Stress der jeweiligen Person miteinzubeziehen und zu erfragen.
Ebene der Emotionen
Daraus resultierend würde sich dann nicht nur eine Behandlung des Körpers, sondern auch eine Behandlung auf der Ebene der Emotionen ergeben. Dies würde beispielsweise das Erlernen von Entspannungstechniken, Psychoedukation (Informationen über die Zusammenhänge von Stress, Belastungen und körperlichen Symptomen), oder auch psychologisch / psychotherapeutische Behandlung beinhalten. In einigen Bereichen wird dieses Konzept bereits erfolgreich angewendet; es sollte aber noch ausgeweitet werden, um es in allen Köpfen der Behandler zu etablieren. Langfristig könnte es dadurch zur Entlastung des rein medizinischen Systems führen sowie könnte auch die Lebensqualität vieler betroffener Menschen erheblich verbessert werden.
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