Ist die Krise vorüber?
Wirtschaftsdaten lassen das Ende der Krise vermuten. Auch Kärntner Experten sind "vorsichtig optimistisch".
Die Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung werden nach oben korrigiert. Für Österreich erwarten Wirtschaftsforscher für heuer derzeit ein Wachstum von 1,5 Prozent. Ist die Krise also bereits vorbei? „Nein“, ist Uni-Professor Gottfried Haber überzeugt.
Vorsichtiger Optimismus sei allerdings angebracht. „Die Talsohle ist überschritten“, so Habers Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage. „Eine weitere große Krise nach der Krise wird es nicht geben.“
Der Grund für seine positive Prognose: „Es zeigt sich Entspannung am Arbeitsmarkt – damit hat man erst am Ende des Jahres gerechnet.“ Das bestätigt auch Franz Zewell, stellvertretender Geschäftsführer des AMS Kärnten.
Weniger Arbeitslose
„Im Juli hatten wir einen Rückgang der Arbeitslosenquote von zwölf Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat 2009“, so Zewell über die Zahlen. Auch im Monat August ging die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr zurück – um rund zehn Prozent. „Die Entwicklung ist insgesamt positiv“, so Zewell weiter. „Wir haben eine Abnahme der Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen und erstmals auch bei älteren Arbeitnehmern.“ – Es sei dies eine „echte Nettoabnahme der Arbeitslosigkeit“. Zewells Fazit: „Die Trendumkehr auf dem Arbeitsmarkt ist somit abgeschlossen.“
Grund zum Feiern ist das aber noch keiner. Zewell: „Die Zahlen sind noch immer deutlich über dem Niveau von 2007 und 2008 – wir hatten letztes Jahr den stärksten Rückgang der Wirtschaftsleistung seit dem Weltkrieg.“ Nach einer Arbeitslosenquote von 9,3 Prozent im letzten Jahr rechnet Zewell auch heuer mit Jahresdaten „um neun Prozent“.
Dennoch: Auch für Zewell zeigt der Trend nach oben. „Wir werden aber drei bis fünf Jahre brauchen, um das Niveau von vor der Krise wieder zu erreichen“, ist er überzeugt.
Haber pflichtet ihm bei. Zum Vergleich: In Deutschland werden deutlich höhere Wachstumsraten von vier Prozent prognostiziert. „Dort war aber der Einbruch viel stärker als bei uns“, so Haber. „Die deutsche Wirtschaft erholt sich schneller und dynamischer, aber das von einer schlechteren Ausgangssituation aus.“
In Summe sieht er die österreichische Wirtschaft besser aufgestellt. Aber: „Mit kleineren Einbrüchen auf dem Weg nach oben müssen wir wohl noch rechnen.“ Die Risiken laut Haber: „In der Talsohle von Krisen findet immer Spekulation statt – Gewinnmitnahmen der Spekulanten können zu kurzfristigen Rückgängen im zweistelligen Bereich führen.“ Auch schlechte Budgetnachrichten können „die Wirtschaft nach unten drücken“.
Baubranche ist Sorgenkind
Die große Unbekannte – darüber sind sich Haber und Zewell einig – ist die Baubranche. „Derzeit geht es der Branche nicht schlecht“, so der Ausgangspunkt laut Zewell. „Der Winter und das kommende Jahr werden zeigen, ob das auch so bleibt.“ Haber dazu: „Die Baubranche ist nicht so stark eingebrochen wie zum Beispiel die Industrie.“ Die Gründe waren Förderungen für Sanierungsmaßnahmen und vorgezogene Bauprojekte. Diese Maßnahmen könnten nun auf Kosten eines kommenden Aufschwungs in diesem und auch im nächsten Jahr gehen; also: Vorgezogene Bauprojekte fehlen dann in den Auftragsbüchern. „Ein Bauboom wie bei Konjunkturerholungen üblich ist diesmal nicht zu erwarten.“
Gut erholt sich, laut Haber, die Industrie – „auch deshalb, weil sie massiv unter der Krise gelitten hat“. Für Zewell schwierig sind auch nach der aktuellen Krise „die Metall- und Elektrobranche“. Die Zeichen stehen hier auf Erholung. Und: „Der Tourismus stagniert.“
Zu tun gibt es für das AMS auch in naher Zukunft genug. „Wir haben heuer 70 Millionen Euro für Maßnahmen zur Verfügung“, berichtet Zewell. Im nächsten Jahr werde des Budget geringer sein. „Bei weiterem Rückgang der Arbeitssuchenden wird es genügend Mittel für Maßnahmen geben.“
Verfasser: Gerd Leitner
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