Rudolf Ogertschnig: "Die Welt wächst immer mehr zusammen!"
Rudolf Ogertschnig hat Anfang der 2000er Jahre ein Praktikum im Verbindungsbüro Kärnten in Brüssel absolviert.
GLANEGG/WIEN(fri).
Sie waren als Praktikant in einem EU-Verbindungsbüro tätig. Wie kamen Sie dazu?
Rudolf Ogertschnig: Am Ende meines Studiums verbrachte ich Anfang der 2000er Jahre ein Erasmus Jahr in Berlin. Das war eine spannende Zeit, die ich mit jungen Menschen aus ganz Europa verbrachte. Es entstanden Freundschaften quer durch Europa, die bis heute anhalten. Von meiner Mitbewohnerin hörte ich erstmals vom Verbindungsbüro Kärnten in Brüssel und dass es dort die Möglichkeit eines mehrmonatigen Praktikums gibt. Ich bewarb mich darauf hin spontan und wurde nach einem Telefonat auch gleich zum Praktikum eingeladen.
Was hatten Sie dort für Aufgaben?
Ich wusste nicht genau was mich erwartet und startete auch mit einigem Respekt ins Abenteuer. Vom ersten Tag an war ich Mitglied im Team. Ich war mitzuständig für den wöchentlichen Newsletter, der – damals noch per Fax – an Politiker, Beamte, Wirtschaftstreibende oder Interessenvertretungen in Kärnten geschickt wurde. Ich besuchte Ausschusssitzungen und verfasste Protokolle für die Kärntner Politik. Weiters unterstützte ich Kärntner Vereine und Unternehmen bei der Beantwortung von Förderanträgen und die Betreuung von Besuchergruppen aus Kärnten sowie beim Schreiben des jährlichen Tätigkeitsberichtes.
Was haben Sie aus dieser Tätigkeit mitgenommen?
Eine positive Grundeinstellung zur europäischen Idee und ein Bewusstsein dafür, dass es auch für kleine Regionen wie Kärnten von großer Bedeutung ist, Flagge in Brüssel zu zeigen und die Interessen des Landes zu unterstützen: Das gilt besonders für die EU-Kofinanzierung von Infrastruktur-, Regionalentwicklungs- oder Förderprojekten. Mein Praktikum in Brüssel war auch das Sprungbrett ins weitere Berufsleben, weil ich vieles an Know-how mitgenommen habe.
Was machen Sie jetzt?
Nach einigen Jahren in der Industriellenvereinigung und in einer Kommunikationsagentur haben wir uns mit einigen Partnern 2011 selbstständig gemacht und eine Unternehmensberatung gegründet. Wir haben uns auf die Verbesserung der internen und externen Kommunikation großer Unternehmen spezialisiert. Wir sind vor allem für Kunden in den Bereichen Energie, Infrastruktur und Finanzen tätig. Da die meisten politischen Rahmenbedingungen, die für unsere Kunden wichtig sind, auf EU-Ebene vorbereitet und beschlossen werden, haben wir neben unserem „Headquarter“ in Wien auch ein Büro in Brüssel eröffnet. Von unseren insgesamt 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es kaum einen, der nicht einmal in der einen oder anderen Form in Brüssel tätig gewesen ist.
Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Meine Zeit im Verbindungsbüro war vor der großen Osterweiterungsrunde 2004. Verändert hat sich aus heutiger Sicht sicher das Wesen und der Zusammenhalt in der EU. Das Trennende tritt in letzter Zeit vor das Verbindende. Um sich im globalen Konzert gegen die USA oder China behaupten zu können, bräuchte es mehr denn je eine Union, die mit einer Stimme spricht. Von den positiven Veränderungen, wie z.B. die Abschaffung der Roaminggebühren, die Reisefreiheit und die Dienstleistungsfreiheit werden nur die wenigsten auf die EU zurückgeführt, sondern als nationale Errungenschaften verkauft.
Ihre persönliche Einstellung zur EU?
Die Volksabstimmung zum EU-Beitritt 1994 war die erste Wahl, an der ich teilnehmen durfte. Mittlerweile habe ich nun die größte Zeit meines Lebens in der EU verbracht und ich habe meine positive Grundeinstellung behalten. Wesentlich für die Zukunft der EU wäre aus meiner Sicht, wenn sie groß und großen Dingen und klein in kleinen Dingen wäre.
Was würden Sie jungen Menschen, die ihre Berufslaufbahn starten, raten?
Da gibt es kein Rezept von der Stange. Jemand der eine Lehre startet, wird andere Berührungspunkte mit der EU haben, als jemand der sich für den universitären Weg entscheidet. Auslandspraktika für Schüler und Studenten, aber auch für Lehrlinge, sind in einer immer mehr zusammenwachsenden Welt wichtiger denn je. Diese Gelegenheit zu nutzen, empfehle ich jedem jungen Menschen.
Zur Person
Rudolf Ogertschnig, 42 Jahre.
Aus Glanegg. Matura 1995 HAK Feldkirchen.
1995: Nach Wien, Studium Fächerkombi Jus/Politik/Publizistik
Diverse Praktika in WKÖ, IV, Parlament, Kärnten Büro Brüssel, Auslandsjahr Berlin
2002: Traineeprogramm Industriellenvereinigung
2004: Pleon Publico (Kommunikationsagentur)
2011: Partner / Geschäftsführer pantarhei advisors Unternehmensberatung. Standorte in Wien, Brüssel, Graz. 25 Mitarbeiter gesamt.
Zu finden ist die Themenseite unter www.meinbezirk.at/eu
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