Harald Mahrer: "Kärntner sollen sich mehr einmischen"

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WOCHE: Seit geraumer Zeit steht die Bundesregierung schwer in der Kritik. Warum wollen Sie gerade jetzt dabei sein?

MAHRER: Ich habe die ganze Zeit vom Spielfeldrand ins Feld hineingerufen. Wenn man gefragt wird, ob man nicht selbst mitspielen will, muss man es tun, wenn man es sich zutraut und die Ratschläge ernst gemeint hat.

Sie trauen es sich zu?

Ich traue mir eine sehr prozessorientierte Vorgehensweise zu. Eine gewisse Portion Unaufgeregtheit und analytische Fertigkeit. Der unternehmerische Zugang in Summe ist notwendig. Das Land steht vor der großen Herausforderung, den Sprung in die Top-Innovationsliga zu schaffen. Wir sind eine kleine offene Volkswirtschaft; unser Lebensfaden hängt am Export. Wenn sich unsere Unternehmen nicht jedes Jahr neu erfinden, funktioniert das Land nicht.

Ihre Analysen sind bekannt. Eine Ihrer Thesen besagt, dass der Staat in manchen Bereichen zum Parasiten geworden ist. In welchen?

In all diesen Bereichen, wo der Staat gefühlt zu aufgebläht ist und tut, was er nicht tun muss, oder Sachen mehrfach macht. Da saugt er Steuergeld, das wir wo anders dringend brauchen würden. Es haben schon viele gesagt: Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Das heißt nicht, dass wir überall zuviel ausgeben, aber vielleicht für die falschen Dinge oder mehrfach.

Wofür würden Sie ausgeben?

Klar, könnten wir für Forschung und Entwicklung mehr ausgeben. Weil wir wissen, dass wir vom Export abhängen, könnten wir den auch mehr stärken. Nachdem es keine magischen Bankomaten gibt, muss man überlegen, wo man umschichtet. Bei den Förderungen kann man überlegen: Ist die Gießkanne gut, oder was macht man punktuell?

Das machen Sie?

Der Finanzminister wird sich ansehen, was etwas kostet und was es bringt - eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Wenn man eine vernünftige Gesamtschau hat, kann man sachlicher debattieren. Ähnlich ist es bei der Steuerreform: Definieren wir zuerst die Ziele. Wen wollen wir entlasten, und wie? Den Prozess hat er transparent gemacht, und darüber werden wir uns in den nächsten Monaten unterhalten.

Wieso hat es den Prozess bisher nicht gegeben?

Vielleicht, weil direkt nach der Wahlauseinandersetzung die Emotionen hochgeschaukelt waren. Ich habe das mitbekommen. Ich habe das Gefühl gehabt, man ist aus dem Wahlkampf nie ausgestiegen und hat eine wechselseitige Blockadepolitik gemacht. Aber, wir haben ja ein Arbeitsprogramm mit Dingen, die man weiterbringen muss.

Welche?

Wir haben die Nachwirkungen der Weltwirtschafts- und der Schuldenkrise. Wir haben ein großes Problem, was Wachstumsfinanzierung betrifft. Wir haben eine Ressourcen-Problematik. Und das alles wirkt sich auf Herrn und Frau Österreicher aus.

Was macht Sie optimistisch, dass es jetzt gelingt? Machen die Personen den Unterschied?

Das ist eine Frage der Menschen, der Rahmenbedingungen und der Zeitpunkte. Das ist in jedem Unternehmen genauso: Zu welchem Zeitpunkt brauche ich was? Das ist keine Kritik an vorangegangene Regierungen, ich glaube aber, dass eine große Sehnsucht nach Struktur da ist.

Die Zeit ist reif für Schelling und Mahrer?

Nein. Sie ist reif für eine unaufgeregtere Art Politik zu machen. Das nimmt viel Emotion heraus. Das ist wie in Verhandlungen, in denen man sich annähert. Da flippt man ja auch nicht stundenlang herum.

Ist das Emotionale mit den unterschiedlichen Interessen von Bünden und Gewerkschaften zu erklären?

Das wird überbewertet. Interessen gibt es überall. Trotzdem gibt es das große gemeinsame Ganze. Das unterscheidet die Volkspartei von anderen, da sie doch eine staatstragende Partei ist, was sie in den letzten Jahren vielleicht zu wenig in den Vordergrund gestellt hat. Die großen staatstragenden Entscheidungen der letzten 20, 30 Jahre sind entweder von der Volkspartei initiiert, oder von ihr mitgetragen worden - EU-Beitritt, Euro-Einführung, Osterweiterung. Bei kleineren Entscheidungen wird es immer Interessenausgleich geben - auch mit dem Koalitionspartner. Vielleicht haben wir eine Portion Kompromiss- und Konsensfähigkeit vermissen lassen. Mein Eindruck ist, es hat sich auf beiden Seiten ein Umdenken eingestellt.

Bei all den Analysen: Was kann in der laufenden Periode weitergehen?

Es wäre keine Prozess orientierte Herangehensweise, Dinge zu verschleppen. Bei der Steuerreform müssen Ziele definiert werden und dann wird man ziemlich schnell sagen müssen, wie der Ablaufplan aussieht.

Was wäre der wichtigste Punkt?

Die Generalfrage ist die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Da kann man mehrere Dinge tun: Das Bildungspotenzial unserer Menschen optimal entfalten. Bei der Belastung der Wirtschaft stellt sich die Frage: Zu welchen Kosten können wir unsere Produkte am Weltmarkt anbieten? Das kann auch mit überbordender Verwaltung zu tun haben. Das Aufgabenfeld ist üppig genug für mehrere Perioden.

Was bedeutet der Evolutionsprozess der ÖVP für Kärnten?

Da muss die Kärntner Volkspartei selbst entscheiden. Ich weiß nur, dass sie sich einbringen will. Das war mir wichtig, dass der Prozess offen und transparent gestaltet wird. Was wir nicht zur Debatte stellen, sind unsere Grundwerte.

Viele haben den Wunsch eines Landsmanns in der Bundesregierung. Können und wollen Sie ihn erfüllen?

Ich bin in der Bundesregierung, nicht in der Landesregierung, aber es ist sicher gut einen Ansprechpartner zu haben, der die Gegebenheiten kennt, wenn auch nur als Wahlkärntner. Ich habe immer das Credo vertreten: Kärnten kann mehr aus sich machen. Wenn ich einen Beitrag leisten kann, werde ich das gerne unterstützen.

Es ist der Regierung immer Kärnten-Bashing vorgeworfen worden. Haben auch Sie es so erlebt?

Nein. Das ist immer aufgebauscht worden. Ich habe es nie erlebt. Gewisse Gruppen haben es geschürt, und andere sind Ihnen auf den Leim gegangen.

Harald Mahrer erhält Zuspruch auf Bundesebene. Warum gab es ihn auf Landesebene nicht?
Weil ich als Unternehmer mehr in Wien tätig war. Meine Genesis und mein Netzwerk stärker bundesweit verankert ist.

Sie sagen selbst: Es hat noch nie so viele unabhängige in der Regierung gegeben. Ist es ein Zeichen dafür, dass es in der ÖVP niemanden gibt?

Das sind vielleicht nicht typische Parteifunktionäre, aber Hans Jörg Schelling und ich sind ja keine Quereinsteiger. Wir haben unternehmerischen Hintergrund und trotzdem politische Funktionen inne gehabt. Wir sind keine Polit-Aliens.

Der Ruf nach Experten wird schon lange laut. Ist das ein Paradigmenwechsel oder Zufall?

Ich traue es mich nicht einzuschätzen. Ich glaube nur, dass es in Summe die Durchlässigkeit gegeben sein sollte. Es macht die richtige Mischung aus - nicht „entweder oder“, sondern „sowohl als auch“. Das sind nicht lauter Solisten, die einzeln irgendwohin singen. Es sind starke Stimmen, die man zu einem Chor vereint. Das muss Ziel sein: für jede Seite und auch die gesamte Regierung.

Sehen Sie weitere Kärntner, die ministrabel wären?

Ich sehe viele, die geeignet wären. Ich wünsche mir aber, dass sich viel mehr in Belange einmischen. Damit meine ich nicht nur, die Hand aufzuhalten, sondern Ideen zu entwickeln. Das müssen nicht nur Politiker sein; da spreche ich auch die Unternehmer an. Man könnte ein vitaleres Netzwerk bauen, die sich einbringen. Der Souverän muss den Druck aufrecht erhalten.

Wie erleben Sie den Neustart der Kärntner Volkspartei?

Ich habe das Gefühl, dass die Führung es zutiefst verstanden hat, dass es einer regional spezifischen Politik bedarf. Dann ist die nah bei den Menschen. Wenn sie das nicht ist, ist sie eine schlechte Politik. Die ersten Aktionen gehen in die richtige Richtung - Potenzial nach oben offen.

Sie haben die Formel der Macht beschrieben: Sie ist Geld mal Beziehungen. Wie sehen Sie das als Staatssekretär?

Es ist Ressourcen mal Netzwerke. Also: über welche Ressourcen man verfügt und wie man sie verteilt, und wie man sie einsetzt. Ressourcen sind ja auch Ideen und Werte. Die Regierung hat Ressourcen und Netzwerke. Wenn man das richtig kombiniert, kann man machtvoll in die Zukunft gehen. Macht darf nicht zum Selbstzweck verwendet werden, um sich selbst zu erhalten, sie muss immer einer Sinnfrage gehorchen. Da lass ich mich nicht verbiegen.

Soll es 2018 einen Minister Mahrer geben?

Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, Jetzt konzentriere ich mich zu hundert Prozent auf meine Aufgabe, an die ich mit Demut und Respekt herangehe. Das klingt pathetisch, aber es ist so. Über alles andere kann man nachdenken, wenn man den Strich drunter zieht und abrechnet. Da bin ich Unternehmer genug. Man soll uns daran messen, was wir zusammenbringen. Was ich eingefordert habe, fordere ich auch von mir ein. Daran will ich gemessen werden.

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