Herrschaft in Zeiten des Umbruchs Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo

Titelbild Buch Herrschaft in Zeiten des Umbruchs, Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo (1732 – 1812) im mitteleuropäischen Kontext, es zeigt ein Portrait des Fürsterzbischof, Öl auf Leinwand, von Franz Xaver König (* 1711, + 1782) mit Laufen im Alten Rathaus, | Foto: Verlag Anton Pustet
  • Titelbild Buch Herrschaft in Zeiten des Umbruchs, Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo (1732 – 1812) im mitteleuropäischen Kontext, es zeigt ein Portrait des Fürsterzbischof, Öl auf Leinwand, von Franz Xaver König (* 1711, + 1782) mit Laufen im Alten Rathaus,
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(kra)Das Jubiläum 200 Jahre Salzburg bei Österreich war Anlass, Hieronymus Graf Colloredo, Salzburgs letzten regierenden Fürsterzbischof, in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Betrachtung zu rücken. Unter dem Titel "Herrschaft in Zeiten des Umbruchs. Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo (* 1732, † 1812) im mitteleuropäischen Kontext" erschien im Salzburger Pustet Verlag ein Buch, das am 29. Juni 2016 in der Salzburger Residenz präsentiert wurde. Diese Publikation liefert eine umfassende Analyse der turbulenten Jahre zu Beginn des 19. Jahrhunderts und einen wichtigen historischen Beitrag zum Jubiläumsjahr.

Europa um 1800

Die unruhigen Zeiten um 1800 bedeuteten für Salzburg wie für ganz Mitteleuropa einen tiefgreifenden politischen Einschnitt. Insbesondere das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die "territoriale Revolution", war für die Vielzahl an Kleinstaaten die nachhaltigste historische Zäsur, die nicht nur eine territoriale Neuordnung sondern auch die radikale Umgestaltung des überlieferten politischen Systems darstellte. Die Aufhebung einer jahrhundertealten Herrschaftskonstellation sowie die Wandlungen im Verhältnis zwischen Staat und Kirche führten zwangsläufig auch zu Änderungen im Bewusstsein der Menschen. Diese umfangreiche Publikation diskutiert die Situation in Mitteleuropa in Hinsicht auf Politik, Gesellschaft und Kunst und stellt die Situation Salzburgs unter seinem letzten regierenden Fürsterzbischof, Hieronymus Graf Colloredo, im Reichskontext dar. Der Blick auf die unmittelbare Zeit vor 1816 erlaubt es, die Bedingungen und die Folgen des Wiener Kongresses, der auch das Salzburger Territorium maßgeblich umgestaltet hat, besser zu verstehen, zu analysieren und einzuordnen.

Viel Hintergrundinformation erklärt die Zeit und den Fürsterzbischof sehr verständlich

16 Fachautoren, unzählige Fußnoten mit viel Zusatzinformation, vier Hauptkapitel mit insgesamt 14 Kapiteln auf 380 Seiten lassen dieses Werk auf den ersten Blick für den Laien unlesbar und sehr wissenschaftlich erscheinen. Zugegeben, ich habe nicht alle 380 Seiten vollständig gelesen, aber mindestens zwei Drittel davon tatsächlich. Die überflogenen Seiten behandeln Themen, die entweder ergänzend zu verstehen sind oder mein momentanes Interesse nicht so weckten.

In der Einleitung wird das 18. Jahrhundert erläutert, um zu verstehen, was sich zur Zeit von Collloredo in Mitteleuropa politisch abspielte. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den geistlichen Hierarchien zu jener Zeit, die sich im Umbruch befanden. Colloredo war ein Repräsentant einer Epochenwende gewesen. Einerseits vertrat er eine durch die Gegenreformation gestärkte katholische Kirche, andererseits blickte er mit seinen weltlichen Reformen weit in das 19. Jahrhundert hinein. Colloredo hatte viele Neuerungen angestoßen, wie etwa in der Bildung, der Vermessung des Landes und der Flussregulierung.

Im folgenden Kapitel geht es um die weltliche Herrschaft im Wandel und ausgewählte Aspekte der Habsburger Herrschaft in Wien und der Colloredo-Regentschaft in Salzburg. Dabei werden unter anderem die Hofämter und wie man sie erlangt, sehr anschaulich erklärt. Bevor es zu einem umfangreichen Abschnitt über Fürsterzbischof Colloredo geht, wird noch die Kaiserpolitik Wiens während der Koalitionskriege 1792 bis 1815 dargestellt.

100 Seiten über Regentschaft Colloredos

Auf 100 Seiten gehen dann Autoren auf die eigentliche Regentschaft Colloredos näher ein. Das erste Kapitel beschreibt weltliche und geistliche Herrscherrepräsentation in Mitteleuropa in der bildenden Kunst um 1800 – wie ließen sich Herrscher abbilden? Es folgt eine Darstellung der Situation der Musik als Spiegel des kulturellen Selbstverständnisses am Salzburger Fürstenhof.

Das Kapitel über Repräsentation und Zeremoniell unter Fürsterzbischof wird am Beispiel seines Regierungsantritts 1772 sehr gut erklärt. Es beginnt mit den Hintergründen zu seiner eigentlich unerwarteten Wahl – der äußerst beliebte Domdechant Ferdinand Christoph von Waldburg-Zeil galt als Favorit – und führt über seinen Antritt in Salzburg zu den alltäglichen Repräsentationsritualen. Immer wieder bemerkt man, dass Colloredo ein für die Amtskirche unbequemer Zeitgenosse war, der als aufgeklärter Fürst manches zum Wohle der Menschen veränderte, aber auch gerne in die eigene Schatulle wirtschaftete.

Insgesamt bietet dieses Buch einen sehr guten und lesbaren Einblick in einen überschaubaren Bereich Salzburger und österreichischer Geschichte. Es zeigt auch, dass unter Colloredos Regentschaft es durchaus noch ein kulturelles Leben in Salzburg gegeben hatte, wenngleich es deutlich weniger prachtvoll und ausschweifend war als unter früheren Fürsterzbischöfen. Ich finde das Buch als an der Geschichte interessierter Leser sehr lesenswert.

Information

Herrschaft in Zeiten des Umbruchs
Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo im mitteleuropäischen Kontext
Elisabeth Lobenwein, Jutta Baumgartner, Gerhard Ammerer, Thomas Mitterecker
2016 erschienen im Verlag Anton Pustet Salzburg
ISBN 978-3-7025-0852-4

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