Zuhause-Bleiben bringt Geld
Elsbethen wird bald Familien bei der privaten Kinderbetreuung unterstützen. Die Meinungen sind geteilt.
ELSBETHEN (mek). Vor knapp drei Jahren hat Berndorf ein eigenes Modell der Familienförderung – das Berndorfer Modell – eingeführt. "Wir unterstützen Familien, die ihre Kinder im Alter zwischen einem und drei Jahren zu Hause betreuen, mit einer monatlichen Summe bis zu 112 Euro", erzählt Berndorfs Bürgermeister Josef Guggenberger. Ab Jänner 2016 geht die Gemeinde Elsbethen nun ähnliche Wege. Auch hier wird es eine Förderung für Familien geben, in denen Kinder zu Hause betreut werden. In Elsbethen bekommen Eltern Gutscheine im Wert von monatlich 50 Euro. "Die Gemeinde will sich damit von ihrem gesetzlich normierten Versorgungsauftrag freikaufen", so die SPÖ-Landtagsabgeordnete Nicole Solarz. Ein Betreuungsplatz für Kinder koste die Gemeinde mehrere Tausend Euro jährlich. Elsbethens Bürgermeister Franz Tiefenbacher weist die Vorwürfe zurück: "Das ist lächerlich. Für mich ist die Förderung eine Anerkennung für all jene, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Es ist nicht Ziel unserer Gemeinde, dass alle Kleinkinder in einer Krabbelgruppe sind." Mit den Gutscheinen unterstütze die Gemeinde laut Tiefenbacher auch "indirekt die örtliche Wirtschaft."
Ein trojanisches Pferd
Auch AK-Expertin Michaela Fischer kritisiert die Pläne der Gemeinde: "Das ist ein trojanisches Pferd und eine Falle für Eltern und besonders Frauen. Gutscheine haben nichts mit echter Wahlfreiheit zu tun", sagt Fischer und ergänzt: "Nutznießer des Elsbethener Modells sind nämlich fast ausschließlich die dortige Wirtschaft und die Gemeinde selbst". Laut AK bekommen Kinderbetreuungseinrichtungen derzeit pro Kind und Monat eine Förderung von mindestens 836 Euro, wobei 60 Prozent vom Land und 40 Prozent von der Gemeinde kommen. Gibt die Gemeinde pro Monat 50 Euro für einen Gutschein aus, dann spart sie sich 284 Euro ihres Pflichtbeitrages für einen Betreuungsplatz – also knapp 3.400 Euro im Jahr.
Das Betreuungsniveau heben
Krabbelgruppen-Leiterin Melanie Ernst sieht die Problematik der Betreuung zu Hause eher in der Integration. "Der Wiedereinstieg wird für Frauen immer schwieriger, je länger sie dem Berufsleben fernbleiben. Für Kinder ist wiederum der Umgang mit Anderen sehr wichtig. Schon die ganz Kleinen lernen, sich in eine Gruppe zu integrieren und mit Konflikten umzugehen." Sie sehe aber auch das schlechte Gewissen bei vielen Frauen, die ihre Kinder in die Krabbelgruppe geben. "Wenn wir es schaffen das Niveau der Einrichtungen zu heben, fühlen sich die Frauen vielleicht wohler bei der externen Betreuung und können leichter in ihren Beruf zurückkehren."
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