Gabi Burgstaller im Interview über ihr Leben nach der Politik

"Im Sommer habe ich fast jeden Tag ein Buch gelesen – jetzt lese ich oft im Zug. Momentan "Zehn Mythen zur Zukunft der Arbeit", das ist sehr spannend, sagt Gabi Burgstaller.
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  • hochgeladen von Stefanie Schenker

Sie sehen entspannt aus, geht es Ihnen gut?
GABI BURGSTALLER: Ja, ich fühle mich sehr wohl. Ich bin in meinem Beruf als Juristin angekommen, ich kann den Sonnenschein genießen, abends ein Buch lesen, am Wochenende das Programm je nach Wetterlage gestalten. Ich genieße das Mehr an Lebensqualität.

Hätten Sie schon früher aufgehört, wenn Sie gewusst hätten, wie sehr viel angenehmer das Leben sein kann?
GABI BURGSTALLER: Nein, natürlich nicht. Ich hatte ja eine Verantwortung übernommen und mir ging es darum für die Menschen zu arbeiten. Es ging mir nicht darum, möglichst angenehm zu leben.

In der AK sind Sie jetzt für Gesundheitsberufe zuständig. Was genau machen Sie?
GABI BURGSTALLER: Ich bereite die Registrierung der Gesundheitsberufe vor, das betrifft immerhin bis zu 12.000 Menschen in Salzburg. Außerdem bin ich unter anderem für die Weiterentwicklung der Gesundheitsberufe oder die Fachkräfte-Stipendien zuständig. Ich treibe die Ausweitung der entsprechenden Ausbildungen an der FH voran und ich will die Schieflage zwischen Medizin und Pflege reduzieren.

Ist das Ihr Traumjob, den Sie jetzt zehn Jahre lang machen?
GABI BURGSTALLER: Ich wollte nach der Politik in den Gesundheitsbereich gehen, das einzige, was ich noch machen möchte, ist eine Ausbildung im Gesundheitsmanagement – das habe ich noch nicht ganz aufgegeben. Und danach könnte ich vielleicht direkt im Gesundheitsbereich arbeiten, möglicherweise sogar im Pflegebereich, das hat mich immer angezogen. Je nach Belastung durch meine jetzige Tätigkeit kann ich das vielleicht in fünf Jahren machen. Ich gehöre ja zu denen, die sicher bis 65 arbeiten werden.

Das erste Weihnachten nach der Politik steht Ihnen bevor; was wird für Sie heuer anders sein?
GABI BURGSTALLER: Ich hatte in den letzten Jahren nie Zeit, einen Keksbacktag einzulegen – den ich früher immer mit meinen Schwestern und Freundinnen hatte. Und das werde ich heuer erstmals wieder machen, ich habe mich dafür auch schon mit neuen Keksausstechformen ausgestattet. Und erstmals seit 19 Jahren werde ich heuer am 24. Dezember zu Hause sein – ohne Verpflichtungen. Obwohl es in der Vergangenheit immer sehr schöne Begegnungen waren, die ich an diesem Tag hatte – bei Menschen im Krankenhaus, bei der Polizei, beim Roten Kreuz oder der Feuerwehr, die am Heiligen Abend arbeiten.

Als Landeshauptfrau waren Sie es gewohnt, ein großes Team um sich zu haben. Ist es schwierig, plötzlich ohne diese vielen Helfer auszukommen?
GABI BURGSTALLER: Das war sicher die größte Umstellung. Ich hatte ja tolle Sekretärinnen, die mir alles Organisatorische abgenommen, Mitarbeiter, die mir Unterlagen zusammengestellt haben oder einen Chauffeur, der mich überall hingebracht hat und ich musste mir keine Gedanken machen, wo ich parken kann. Aber das kann man alles überwinden, ich bin relativ schnell selbstständig geworden.

Was haben Sie konkret neu gelernt?
GABI BURGSTALLER: Ich musste erst wieder lernen Auto zu fahren, um keine Gefahr für die anderen darzustellen (lacht), ich habe einen Fahrsicherheitskurs gemacht. Und ich habe eine Jahreskarte für den Verkehrsverbund. Und ich fahre fast täglich mit dem Zug – dem Regionalexpress mit 16 Minuten Fahrzeit, das schafft kein Auto – von Hallein nach Salzburg in die Arbeit. Was auch neu ist: Wenn ich auswärts Termine habe, dann muss ich erst schauen, wo ich da genau hin muss. Aber dazu habe ich eine App auf meinem Handy, Scotty. Generell habe ich mich sehr viel mit EDV auseinandergesetzt. Und ich bin mir nicht zu gut, selber Briefe zu schreiben oder Kaffee zu machen. Ich muss dazu sagen, ich hatte ja auch vorher ein normales Leben.

Waren Sie überrascht, dass der Einstieg in ein normales Leben so gut geklappt hat?
GABI BURGSTALLER: Ja, das hat mich schon erstaunt – ich kenne auch andere Beispiele.

Waren Sie traurig, als es mit der Politik vorbei war?
GABI BURGSTALLER: Ja, schon. Es war ja kein Geheimnis, dass ich irgendwann aussteigen wollte, aber das WIE war schon sehr schmerzhaft. Das, was da hochgekommen ist, hat mich sehr betroffen gemacht. Ich wollte mich schützend vor das Land stellen, aber das ist mir nicht zur Gänze gelungen. Was ich mir aber zugute halte: Ich habe so gut es ging noch aufgeräumt, wir hatten zwei Drittel der Portfolios aus dem Finanzskandal bis Mai aufgearbeitet. Aber diese Zeit hat viel Energie gekostet, ich konnte ein halbes Jahr nicht mehr richtig schlafen, ich habe regelmäßig Schlafmittel genommen – das ist jetzt wieder vorbei. Über den Sommer habe ich mich abgekapselt, war viel bei meiner Familie und bei Freunden, ich musste meine Kraft einfach wieder zurückerobern.

Hegen Sie gegenüber einigen Akteuren aus der eigenen Partei Ressentiments in Zusammenhang mit dem Finanzskandal?
GABI BURGSTALLER: Es gibt eine gewisse Enttäuschung, aber das reduziert sich auf einige wenige, die das Thema schon früher hätten thematisieren können. Aber ich bin überzeugt davon, dass keiner das Ausmaß gekannt hat. Die SPÖ hat sehr zusammengehalten, auch noch nach der Wahl – ich war hier gut aufgehoben in der Phase meiner Trauer.

Es heißt, Sie hätten eine hohe Auszeichnung des Landes ausgeschlagen, weil Sie sie nicht von Wilfried Haslauer überreicht bekommen wollten.
GABI BURGSTALLER: Das stimmt nicht. Ich habe nur gesagt, ich schaue mir jetzt einmal an, ob meiner Person und Tätigkeit gegenüber Fairness an den Tag gelegt wird. Bisher wurde ja versucht, den ganzen Finanzskandal der SPÖ zuzuschieben – und wir werden sehen, wie das weiterläuft. Und ich bin ja nicht erpicht darauf, ausgezeichnet zu werden, es wäre halt ein schöner Abschluss, der üblich ist.

Wie geht es Ihnen mit einem ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer?
GABI BURGSTALLER: Ich habe das Gefühl, die Unkompliziertheit unserer Regierungsperiode wird weniger, es herrscht wieder mehr Fürstentum und Tamtam. Was mir fehlt, ist das soziale Gespür für die Menschen. Auf einer persönlichen Ebene war ich im Sommer aufgrund verschiedener Ereignisse sehr enttäuscht und zutiefst gekränkt von Haslauer, aber wir haben uns mittlerweile ausgesprochen. Wenn ich auch anmerken muss, dass er der einzige ist, der noch aus der alten Regierung – die ja angeblich mit Blindheit geschlagen war – übrig ist.

Die SPÖ befindet sich in einer Krisenlage, sie muss sich erst neu definieren.
GABI BURGSTALLER: Das Schwierigste ist sicherlich die Rolle in der Opposition. Dagegen sein war nie Sache der SPÖ und Gestalten ist außerhalb einer Regierung leider schwer möglich. Mehr als das eigene Ausscheiden aus der Regierung hat mich das Ausscheiden der SPÖ betroffen gemacht. Ich werde deshalb alles daran setzen, dass die SPÖ wieder gestaltende Kraft im Land wird. Wie Haslauer und die Grünen die SPÖ hintergangen haben, das habe ich in dem Ausmaß selten erlebt. Dass die Grünen über Wochen hinweg uns ersucht haben, nur mit ihnen in eine Regierung zu gehen und dann innerhalb von Stunden umfallen, das hätte ich den Grünen nicht zugetraut.

Als AK-Angestellte verdienen Sie jetzt wesentlich weniger als vorher als Landeshauptfrau mit knapp 16.000 Euro brutto.
GABI BURGSTALLER: Ja, es sind etwas mehr als 5.000 Euro brutto und damit rund 3.100 Euro netto. Ich bin so eingestiegen, wie ich seinerzeit ausgestiegen bin, ich wollte mir die Jahre der Karenz nicht anrechnen lassen.

Und Sie kommen damit aus? Ich frage nur, weil Walter Steidl mit wesentlich mehr Geld nicht auskam.
GABI BURGSTALLER: Die Frage ist zynisch und das will ich nicht verglichen haben. Ich habe einen Job, in dem ich abends zu Hause bin und am Freitagmittag ins Wochenende gehen kann. Und ja, 3.100 Euro netto reichen für ein gutes Leben. Mich schmerzt weder der Einkommens- noch der Prestigeverlust.

Bekommen Sie einmal eine Politikerpension?
GABI BURGSTALLER: Nein, ich habe damals freiwillig verzichtet, gemeinsam mit ein paar FPÖ-Politikern. Ich werde eine ASVG-Pension bekommen.

Sie waren nicht nur das erste SPÖ-Landesoberhaupt in Salzburg, sondern auch die erste Landeshauptfrau. Spielt das Geschlecht in einem relativ konservativen Land wie Salzburg eine Rolle?
GABI BURGSTALLER: Es spielt eine Rolle, aber bei der Frage der Netzwerke. In der Politik gibt es eigentlich nur Netzwerk für Männer, unter anderem die Akademikerbünde. Für Frauen gibt es da nichts Adäquates. Ich finde daher sachbezogene Netzwerke eine gute Alternative, aber da spielt das Geschlecht wieder keine Rolle. Die Männer, die meinen, Frauen hätten in der Politik nichts verloren, werden Gott sei Dank weniger. Ich bin überzeugt, dass es jederzeit wieder eine Frau schaffen kann, Landeshauptfrau von Salzburg zu werden.

"Im Sommer habe ich fast jeden Tag ein Buch gelesen – jetzt lese ich oft im Zug. Momentan "Zehn Mythen zur Zukunft der Arbeit", das ist sehr spannend, sagt Gabi Burgstaller.
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