LR Heinrich Schellhorn im BB-Interview: "Es gibt nur wenig Spielraum"

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BB: Laut unserem Politbarometer vertrauen Ihnen nur 45 Prozent der Grün-Wähler.
HEINRICH SCHELLHORN: Das überrascht mich nicht. Das war auch schon so während meiner Zeit als Kulturstadtrat in Hallein so, dass der Zuspruch außerhalb der grünen Kernschichten größer war. Mag sein, dass mein Beruf als Rechtsanwalt hier eine Rolle spielt, der innerhalb der Grün-Wähler ein gewisses Handicap sein mag. Ich weiß es eigentlich nicht.

BB: Von den Salzburgern, die Sie kennen, glauben 58 Prozent nicht, dass Sie etwas weiterbringen.
HEINRICH SCHELLHORN: Auch das haut mich nicht um. Ich bin nur ein kleiner Landesrat ohne Parteisprecherfunktion oder Ähnliches. Und die Gewichtung liegt eben immer auf den Spitzenleuten. Außerdem habe ich ja wirklich Ressorts, bei denen man nicht nur politischen Mut braucht, sondern schlicht und einfach auch die nötigen Mittel. Und die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass die knapp sind im Land Salzburg. Wie auch immer, ich freue mich über meine relativ hohe Bekanntheit von 67 Prozent.

BB: Sie sind zwar politisch nicht dafür zuständig, aber Ihr Rechtsanwalts-Partner Gerhard Mory hat vorgeschlagen, einen Flüchtlingsanwalt als Ombudsmann zu installieren und außerdem Asylquartiere im städtischen Umfeld einzurichten. Was halten Sie als Rechtsanwalt, der viel mit Flüchtlingen zu tun hatte, davon?
HEINRICH SCHELLHORN: Beides hat etwas für sich, vor allem die Unterbringung von Asylwerbern in Städten, denn damit würden sie im sozialen Umfeld nicht so auffallen, hätten es näher zu Angeboten für Deutschkurse und auch das öffentliche Verkehrsangebot wäre attraktiver. Aber ich möchte mich da eigentlich nicht in das Ressort meiner Regierungskollegin Martina Berthold einmischen. Die hat es in der Praxis schwer genug, überhaupt Plätze zu finden.

BB: Im Sozialressort haben Sie ein Budget von 260 Millionen Euro. Wieviel Gestaltung ist da möglich?
HEINRICH SCHELLHORN: Das Sozialressort ist das einzige Ressort, das mit einem Plus in das neue Jahr gegangen ist. Ich habe hier plus 4,4 Prozent herausverhandelt Gedankenstrich das ursprünglich ja schon geschnürte Budget der alten Regierung hätte hier ein Plus von nur 2,65 Prozent vorgesehen. Die SPÖ wäre damit zufrieden gewesen, ich habe mit dem gleichen Partner mehr herausverhandelt. Gleichzeitig sind die Spielräume aber äußerst gering. Der Aufwand für die Mindestsicherung ist im Vorjahr um zehn Prozent gestiegen – weil sich immer mehr Menschen diese Leistung auch abholen und weil wir eine steigende Arbeitslosigkeit haben. Es gibt nach den gesetzlichen Pflichtausgaben für Mindestsicherung, Sozialhilfe, Jugendwohlfahrt und Behindertenhilfe wenig Spielraum für wirklich neue zusätzliche Projekte und Schwerpunkte, das ist die Wahrheit.

BB: Wie wollen Sie dann den von Ihnen angekündigten Schwerpunkt im Kinder- und Jugendbereich setzen?
HEINRICH SCHELLHORN: Gemeinsam mit Personalreferent Landesrat Sepp Schwaiger haben wir sieben zusätzliche Sozialarbeiterinnen an den Jugendämtern in den Bezirkshauptmannschaften engagiert. Gleichzeitig leiden wir darunter, dass es etwa im Pinzgau für zwei offene Stellen keine geeigneten Bewerber gibt. Wir wollen aber auch im ganzen Land die Elternberatungen des Landes stärken und zu echten Zentren für frühe Hilfen machen. Im Pinzgau und Pongau gilt das für den privaten Verein PEPP, der dort dafür unser Partner ist. Hilfen sollen, wenn notwendig, möglichst früh zu den Familien kommen, ohne gleich 'hoheitlich' mit dem Jugendamt eingreifen zu müssen. Eine echte Verbesserung des Angebotes wird das neue Psychosoziale Versorgungszentrum bringen, das ab 2015 für 500 bis 600 Kinder und Jugendliche mit Schwierigkeiten zur Verfügung stehen wird. Dabei wird – wichtig! – von der Gebietskrankenkasse die Hälfte der anfallenden Kosten übernommen.

BB: Die Kinder- und Jugendanwaltschaft fordert Anlaufstellen für Jugendliche direkt in den Bezirken.
HEINRICH SCHELLHORN: Das ist derzeit leider nicht finanzierbar. Und: Nur wenn ich jemanden in ein Büro im Pongau setze, ist das noch kein niederschwelliges Angebot. Ich finde, hier sollte eher der Zugang über neue Medien genutzt werden. Kinder und Jugendliche sind damit ja sehr vertraut.

BB: Für die psychosoziale Versorgung haben Sie EINE Anlaufstelle angekündigt.
HEINRICH SCHELLHORN: Ja, hier geht es darum, den 'Drehtüreffekt' zu verhindern. Der setzt dann ein, wenn jemand aus der Klinik kommt und nicht ausreichend aufgefangen wird und deswegen dann erst wieder in die Klinik kommt. Wir haben nun den „Beirat für psychosoziale Gesundheit“ gegründet, in dem die wichtigen Akteure und Institutionen vertreten sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Schnittstellen optimieren können.

BB: Wie geht es Ihnen mit dem Bereich Pflege?
HEINRICH SCHELLHORN: Das ist ein großes Thema. Derzeit laufen gerade Gespräche mit dem BFI – das AMS zieht sich nämlich aus der Finanzierung der Pflegekräfte-Ausbildung zurück. Wir brauchen aber bis 2020 628 zusätzliche diplomierte Pflegekräfte und 282 Pflegehelfer. Das heißt, wir müssen pro Jahr allein im diplomierten Bereich 235 Pflegekräfte ausbilden. Zurzeit müssen in einigen Seniorenheimen Betten leer stehen bleiben, weil es nicht genug Pflegekräfte gibt.

BB: Kommen wir zum Kulturressort: Wie weit sind da die Verhandlungen und Entscheidungen über das Budget 2014?
HEINRICH SCHELLHORN: Wir wollen einen Schwerpunkt in der Kulturvermittlung setzen, dafür wird es also mehr Geld geben, zum Beispiel ganz konkret für die Kulturvermittlung an den Schulen.

BB: Und wer wird weniger bekommen?
HEINRICH SCHELLHORN: Man kann immer wieder sparen, ohne dass es jemandem weh tut, da geht es meist ja auch nicht um Riesenbeträge. Was wir zum Beispiel sehen, ist, dass der Zentralraum sehr gut versorgt ist, Defizite haben wir aber noch in den Regionen, und die wollen wir stärken. Nachdem die Lungauer im Vorjahr zum Beispiel so eine Frustration mit dem 'Kubus' erlebt haben, wird dort im Sommer unser geliebter Kunst-'Igel' stehen, der sich in Oberndorf als Veranstaltungsort sehr bewährt hat.

BB: Sie haben angekündigt, Umschichtungen von der Hochkultur in Richtung freie Szene vorzunehmen.
HEINRICH SCHELLHORN: Also von Umschichtungen habe ich nie gesprochen. Obwohl es schon das Ziel sein muss, dass die freie Szene mehr Geld bekommt, die ist unumstritten unterdotiert. Und auf dem Stuhl, auf dem Sie jetzt hier sitzen, ist schon Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und neben ihr Sven Bechtolf gesessen und haben mir vorgerechnet, dass die Festspiele seit 1998 keine Valorisierung der Förderungen erlebt haben. Von mir werden Sie nie hören, dass wir den Festspielen etwas wegnehmen. Die Festspiele sind für Salzburg unverzichtbar.

BB: Trotzdem wollen Sie mehr Geld für die freie Szene ausgeben. Woher nehmen?
HEINRICH SCHELLHORN: Der Tourismus lebt wesentlich vom kulturellen Angebot. Das reicht von den Festspielen über die Museen, die historischen Bauten oder die Blasmusik bis zum Jazzfestival Saalfelden. Ich setze mich daher dafür ein, dass aus dem Tourismusförderungsfonds mehr Mittel für Kunst und Kultur fließen. Das entspricht auch der Gründungsidee dieses Fonds, der in den 1920er-Jahren zur Finanzierung der Festspiele installiert wurde.

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