Die „Wilde Jagd“ - „Glück hinein, Unglück hinaus, es ziagt des wüde Gjoad ums Haus!"

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Geheimnisvoll ist ihr Erscheinen. Ohne Ankündigung zieht sie am zweiten Donnerstag im Dezember nach Einbruch der Dunkelheit über die Felder, immer „im Weichbild des Untersbergs“. Zwölf Gestalten sind es, die mit Trommelschlägen und in Begleitung von Fackelträgern bei den Bauernhöfen auftauchen. Zum Klang der Schwegelpfeifen tanzen sie den Tresterer, einen überlieferten Perchtentanz. Dieser soll den Bauersleuten Glück und Fruchtbarkeit in Haus und Hof bringen. So plötzlich, wie sie aufgetaucht ist, verschwindet sie dann auch wieder, die „Wilde Jagd.“

In den Sagen und Mythen ist sie aus vielen Teilen Europas überliefert. Als gelebter Brauch vollzogen wird sie Jahr für Jahr nur noch im Salzburger Land, zum Leben erweckt durch die Brauchtumsgruppe „Jung Alpenland“. Der Ort, an dem die Wilde Jagd erscheint, bleibt geheim. Als „Geisterzug“ bezeichnet, begegnet sie uns in der Untersberg-Sage „Vom wilden Jäger“. „Gleich dem Sturmwind braust dieser heran“ und „wehe dem nächtlichen Wanderer, welcher dem unheimlichen Zug begegnet. Er ist unrettbar verloren, wenn er sich nicht sogleich mit dem Gesicht zur Erde wirft und Hände und Beine in Kreuzesform übereinander legt.“ Mit Hundegebell, Katzengeschrei, Rossewiehern, Raubvogelgekrächze und Natterngezische, so schallt das „Wilde Gjaid“ durch die Lüfte.

In vorchristlichen Zeiten, da brauste die Todesgöttin in Gestalt der Herbststürme daher. In ihrem Zug all die toten Wesen, die in diesem Jahr verstorben waren. Heim in ihre Anderswelt-Berge, wie dem Salzburger Untersberg, führte sie diesen Seelenzug. „Die Vorstellung von der „Wilden Jagd“ ist sehr alt“, so Heide Göttner-Abendroth in ihrem Mythen-Buch „Frau Holle“. Sie ist älter als ihre spätere Germanisierung, seit welcher nun der schreckliche Wotan als Anführer gilt, der mit seinem Kriegsheer den Tod verbreitete. In der matriarchal-schamanischen Bedeutung ist es Frau Percht, die alte Göttin des Alpenraums, die so wie ihre Schwester Frau Holle die toten Seelen in ihre heiligen Berge heimholt, um sie darin bis zu ihrer Wiedergeburt in den Höhlen des Untersbergs zu hüten und zu nähren. Gemeinsam mit dem alten Bergvater, dem Riesen Abfalter.

Deshalb gehört auch er untrennbar als Gestalt zur Salzburger „Wilden Jagd“, so wie auch der Rabe aus den Untersberg-Sagen. Der Tod ist es, welcher mit seinem Trommelwirbel und einem dreimaligen Trommelschlag alle Perchten zur Referenz zusammenruft. Darauf folgt der Schrei des Hahnengickerls und die Hex kehrt mit ihrem Besen den Platz von allem Unreinen frei, bevor sie auf diesem ein Lebenskreuz als Zeichen für das Neue und Fruchtbare zeichnet. Die Percht segnet mit den Worten „Glück hinein, Unglück hinaus, es ziagt des wilde Gjoad ums Haus" Mensch und Tier. Einen Achter als Symbol der immerwährenden Fruchtbarkeit aus dem Schoss der Erde tanzen die Gestalten im Anschluss, um sich nach diesem wilden Treiben zur Erde zu verneigen, denn dies bringt den Bauersleuten Glück und Segen in Gestalt eines fruchtbaren, neuen Erdenjahres.

„Wenn wir angezogen sind, dann müssen wir rennen!“, mit diesen Worten antwortete ein Läufer der Wilden Jagd auf meine Frage nach einem Gruppenfoto. So lebt die uralte, europäisch-schamanische Tradition bis heute fort, nun als „Brauchtum“ bezeichnet, damit auch in christianisierten Zeiten die alten, jahreszeitlichen Rituale gelebt und gefeiert werden können. Möge die „Wilde Jagd“ in diesem Jahr all das Tote, das Durchlebte, das Verbrauchte mit sich nehmen, dass uns und unsere Welt krank macht, damit Wandlung geschehen und neues Leben entstehen kann.

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