"Fettarmer Käse bleibt mir im Hals stecken"

Gerhard Woerle mit Hotel- und Restaurantchefin Elfi Brandstätter.
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"Ich war immer schon ein Genießer", sagt Gerhard Woerle. Nicht zuletzt deswegen ist das Restaurant Brandstätter eines seiner Lieblingslokale. Das Stadtblatt trifft ihn hier zum Business Lunch. Ob er etwas von der Karte speziell empfehlen kann? "Hier können Sie alles essen, es ist immer gut, und ich komme seit mehr als 30 Jahren hierher", sagt er und entscheidet sich für den lauwarmen Kalbsbrustsalat vorneweg und dann ein Backhenderl.

Weniger Genuss als gutes Essen hat ihm die Schulzeit bereitet, "ich war ein miserabler Schüler und Gott sei dank hat mein Vater das dann beendet und mich mit 17 als Lehrling aufgenommen." Seit mittlerweile 38 Jahren leitet er die von seinem Urgroßvater gegründete Käserei in Henndorf, die heuer im Herbst ihr 125-jähriges Jubiläum feiert. Von der Flachgauer Gemeinde aus versorgt Gerhard Woerle Menschen in Österreich und rund 60 weiteren Ländern weltweit mit jährlich knapp 30.000 Tonnen Käseprodukten großteils aus Flachgauer Heumilch.

"Damals", sagt er und spricht von der Zeit des Gebietsschutzes für österreichische Molkereien, lange vor dem EU-Beitritt Österreichs, "damals war es unmöglich für uns, auch nur ein Kilo Butter aus Henndorf nach Salzburg zu verkaufen. Deshalb mussten wir uns andere Märkte suchen." Von anderen sei man dafür anfangs belächelt worden, heute "gibt es diejenigen nicht mehr, die uns damals belächelt haben", weiß Woerle. Beim EU-Beitritt konnte sein Unternehmen bereits auf 15 bis 20 Jahre Exporterfahrung zurückblicken. Vor dem EU-Beitritt gab es 167 private Käsereien in Österreich, heute sind es nur mehr 35 – und abgesehen von der Rupp AG in Vorarlberg und eben Woerle sind das hauptsächlich kleinere Käsereien.

Bei Entscheidungen sind die Privaten "vielleicht eine Spur schneller" als die Genossenschaften. "Unser Aufsichtsrat hängt in Form von Bildern unserer Vorfahren an der Wand – da können wir leichter ja zu neuen Projekten sagen", so Woerle lächelnd. Heute setzt er mit 300 Mitarbeitern 110 Millionen Euro um, die Exportquote liegt bei 40 Prozent.

Schon der Großvater, der in weiser Voraussicht, die alte Henndorfer Brauerei samt hauseigener Wasserquelle gekauft hatte – allein für das Reinigen der Produktionsmaschinen ist täglich eine große Menge Wasser vonnöten – hatte erkannt: "Schmelzkäse ist aufgrund seiner Lagerfähigkeit ohne Kühlung der ideale Exportartikel für tropische Länder." 1929 war das Unternehmen österreichweit das erste, das Schmelzkäse erzeugte. Heute ist Woerle mit der Schmelzkäse-Marke "Happy Cow" weltweit erfolgreich. Und es war auch der Großvater, der bereits zu K&K-Zeiten Büros in Prag, Pressburg und Budapest betrieb.

1987, mit der Teilnahme an der Lebensmittelmesse im damals in Europa weitgehend unbekannten Emirat Dubai setzte Gerhard Woerle einen entscheidenden Schritt. Von dort aus gelangten die Flachgauer Käsespezialitäten nämlich über ein im arabischen Golf verbreitetes Transportmittel, einmastige Frachtschiffe – so genannte "Daus" – in angrenzende Emirate und weitere Länder. "Da hat uns dann ein Voest-Mitarbeiter aus Karachi angerufen und gesagt, wie schön es ist, dass er dort unseren Käse kaufen kann", erinnert sich Woerle. Und dann folgten schrittweise Anfragen aus Pakistan, Kuwait oder dem Irak, ob man nicht Generalimporteur für diesen Salzburger Käse werden könnte.

Aber es ist bei weitem nicht nur die arabische Welt, die Woerle-Käse schätzt: In Sri Lanka ist Woerle Marktführer, Südkorea, afrikanische Länder darunter auch Südafrika, Australien oder auch Mittelamerika gehört zu den Regionen, in denen Gerhard Woerle wie er es scherzhaft nennt, "gratis Urlaub machen könnte", weil er dorthin so gute Kundenbeziehungen hat. Apropos Urlaubsdestination: Auch auf den Seychellen sorgen die Produkte aus der Käserei Woerle für Käsekultur.

Er selbst ist viel unterwegs, "und wenn ich dann zwei Wochen in Dubai oder sonst wo war, und dann nach Hause komme, dann ist das schon ein besonderes Gefühl, wenn ich hier unsere schöne Landschaft im Flachgau wieder sehe", sagt der 71-Jährige. Deswegen zieht es ihn in seiner Freizeit und in den Urlauben – die er gerne mit seiner Frau und Freunden verbringt – nicht unbedingt weit weg. "Der Flachgau, die Gegend um den Mondsee, die Osterhorngruppe – da bin ich gerne mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs." Für den Urlaub darf es dann aber schon mal ein anderes Land sein, heuer steht Frankreich auf dem Programm. Weil Gerhard Woerle nahezu überall ortskundig ist, "bin ich dann immer der Chauffeur".

Seine rund 600 Milchlieferanten sind ausschließlich im Flachgau und im angrenzenden Mondseerland zu Hause, "es ginge auch gar nicht anders, weil wir Heumilch für unsere Produkte verwenden", erklärt Woerle. Heumilchwirtschaft bedeutet silofreie Milch, die Kühe erhalten keine Gärfuttermittel – das trifft heute nur mehr auf zwei Prozent der gesamteuropäischen Milchproduktion zu. Dass zumindest alles seine Hartkäse zu hundert Prozent laktosefrei sind, ist für Käseexperten, keine Überraschung: "Jeder Hartkäse ist laktosefrei, seit das zu einem so großen Thema geworden ist, schreiben wir es auf unsere Verpackungen dazu." Ansonsten brauche man das Rad nicht neu erfinden, um erfolgreich Käse zu machen. Von "light"- und fettarman Käseprodukten hält Gerhard Woerle übrigens nichts: "Fett ist ein Geschmacksträger, ohne den bleibt einem der Käse im Hals stecken."

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