Wie vererbe ich richtig? – Präsident der Notariatskammer Salzburg Claus Spruzina im Interview

Präsident der Notariatskammer Salzburg Claus Spruzina. | Foto: Notariatskammer für Salzburg/Neumayr
  • Präsident der Notariatskammer Salzburg Claus Spruzina.
  • Foto: Notariatskammer für Salzburg/Neumayr
  • hochgeladen von Martina Stabauer

Haben Sie persönlich auch den Eindruck, dass sich viele Menschen davor scheuen sich mit dem Thema Tod und somit auch mit dem Erstellen eines Testaments auseinanderzusetzen?
SPRUZINA: Eindeutig ja. Niemand will sich mit seinem Tod beschäftigen. Und das Erstellen eines Testaments hängt unweigerlich damit zusammen. Deshalb ist es auch immer noch ein so großes Tabuthema. Je früher man beginnt sich mit seinem Testament auseinanderzusetzen desto besser ist es. Man hat dieses für viele belastende Thema dann nicht ständig im Hinterkopf, sondern kann es sozusagen abhaken.

Es gibt Menschen, die sagen ein Testament zu schreiben, ist sehr kompliziert und mit viel bürokratischem Aufwand verbunden. Wiederum andere sind der Meinung, dass ein handgeschriebener Zettel doch bestimmt ausreicht. Wer hat Recht?
SPRUZINA: Es ist falsch zu sagen, dass es aufwändig, ist ein Testament zu erstellen. Das Gegenteil ist der Fall, zumeist ist das einfache Testament das Beste. Die Leute sind sich nur manchmal nicht der Tragweite ihres Geschriebenen bewusst. Es ist wichtig, auch über den Tellerrand hinaus zu denken. Wenn man beispielsweise als Frau an einem Verkehrsunfall stirbt, mit dem Mann als Beifahrer und dieser verstirbt erst zwei Tage später, geht das Vermögen von Mann und Frau automatisch an die Familie des Mannes – wenn dieser als Erbe eingesetzt ist. Deshalb ist es so wichtig, sich die Frage zu stellen, was passiert, wenn einer stirbt oder eben beide. Oft führt nur eine falsche Formulierung zu Missverständnissen. Daher sollte man beim Erstellen eines Testaments fachlichen Rat suchen.

Weshalb ist es so wichtig sich schon frühzeitig mit seinem letzten Willen auseinanderzusetzen?
SPRUZINA: Ein Testament ist keine Frage des Alters. Es ist eine Entscheidungsfrage. Entweder man ist mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden oder wenn nicht, muss man ein Testament errichten. Jeder kann selbst entscheiden wo oder bei wem sein Vermögen landet.

Warum geraten scheinbar harmonische Familien so oft in Konfliktsituationen sobald sie mit dem Thema "Erbe" in Berührung kommen?
SPRUZINA: Viele Familien reden nicht ordentlich miteinander. Es ist sehr wesentlich, dass die Aufteilung gerade unter den Kindern gerecht ist um Konflikte zu vermeiden. Sobald es unfair wird, kommt es auch viel leichter zum Streit und zu Uneinigkeiten. Wenn zum Beispiel ein Haus an drei Personen vererbt wird, sorgt das schnell für Unstimmigkeiten. Der Sohn will das Haus verkaufen, seine Schwester selbst darin wohnen und der dritte Miteigentümer wünscht sich eine komplette Renovierung und Vermietung. Das ist auch verständlich, denn jeder befindet sich in einer anderen Lebenssituation. Das Um und Auf ist es also alle Beteiligten miteinzubeziehen. Oft wird nämlich mangelnde Kommunikation als fehlendes Vertrauen verstanden.

Ist man dazu verpfichtet, die Personen die man in seinem Testament aufnehmen will auf irgendeine Art und Weise vorzuinformieren?
SPRUZINA: Nein. Wenn man will, kann man bis zum Schluss für sich behalten was man für seinen Nachlass geplant hat. Meiner Meinung nach, ist aber wie gesagt das offene Gespräch innerhalb der Familie sehr wichtig.

Die Lebensumstände eines jeden Menschen sind anders. Was ist wenn beispielsweise eine Frau eine sehr enge Beziehung zu ihrer besten und langjährigen Freundin hat, wohingegen sie ihre Tochter zuletzt vor zehn Jahren gesehen hat?
SPRUZINA: Es gibt die sogenannte Testierfreiheit. Jeder entscheidet selbst darüber wem er was vererben oder nicht vererben möchte. So kann man sein Vermögen beispielsweise auch gemeinnützigen Organisationen wie dem Tierschutz vermachen. Es gibt aber einen gesetzlich festgelegten Kreis engster Angehöriger die einen Pflichtteilanspruch haben. Seit Jänner 2017 beschränkt sich dieser auf den Ehepartner und die Kinder. Die Eltern der verstorbenen Person haben mittlerweile keinen Anspruch mehr auf einen Pflichtanteil.

Reicht die eigene Unterschrift aus, oder braucht man "Zeugen" ähnlich wie bei einer Patientenverfügung die ebenfalls unterschreiben? Gibt es bestimmte Vorschriften was die Form des Testaments angeht?
SPRUZINA: Wenn man sein Testament handgeschrieben verfasst reicht die eigene Unterschrift aus. Schreibt man es am Computer müssen drei Zeugen ebenfalls unterschreiben. Diese müssen volljährig sein und dürfen in keinem Abhängigkeits- oder Verwandtschaftsverhältnis zum Betroffenen stehen. Wird das Testament am Computer verfasst muss man neben seiner Unterschrift einen handgeschriebenen Satz hinzufügen der bestätigt, dass das Dokument den eigenen, letzten Willen beschreibt. Ansonsten gibt es keine Formvorschriften. Neben privaten gibt es auch öffentliche Testamente. Vor einem Richter oder Notar kann man dann auch mündlich ein Testament errichten. Diese Möglichkeit ist zum Beispiel für Menschen mit Beeinträchtigung gedacht.

Was sollte man zum Thema Pflichtanteilen wissen bevor man sich mit seinem Testament beschäftigt?
SPRUZINA: Es ist wichtig zu wissen wie hoch der Pflichtanteil ist und wie man die Pflichtanteile abdecken kann. Hierfür gibt es nämlich verschiedene Möglichkeiten. Man kann der Person die einen Pflichtanteil hat zum Beispiel eine Summe Geld oder ein Haus vererben. Ebenso kann aber zum Beispiel auch ein Wohnrecht den Pflichtanteil abdecken. Hat beispielsweise das erste Kind einer Mutter eine Firma vererbt bekommen kann dem zweiten Kind eine monatliche Rente vermacht werden, die das erste Kind zahlen muss.

Gibt es "Sonderregeln" die man beachten sollte wenn es um das Erbe zwischen den Ehepartnern geht?
SPRUZINA: Ehepartner haben auch ohne Testament das Recht in der Ehewohnung zu bleiben. Zudem gehören ihnen die zum Haushalt gehörenden Gegenstände. Ansonsten gibt es keine Besonderheiten.

Gestalten sich die Themen "Erbrecht" und "Testament" für Patchwork-Familien komplizierter bzw. gibt es Besonderheiten auf die geachtet werden sollte?
SPRUZINA: Natürlich steht man als Patchwork-Familie manchmal vor einer größeren Herausforderung. Vor allem Kinder aus erster Ehe geraten häufig mit der zweiten Ehefrau des Vaters in Konfliktsituationen. Die Kinder aus erster und zweiter Ehe streiten meiner Erfahrung nach meist nicht miteinander. Gegenüber der Stiefmutter haben Kinder kein Erbrecht.

Können Sie Menschen die vor der Aufgabe stehen ein Testament zu erstellen, einen Ratschlag geben auf was sie besonders achten sollten?
SPRUZINA: Das Testament sollte einfach und nicht zu kompliziert sein. Vor allem sollte man nicht vergessen gerecht zu bleiben. Jeder hat andere Lebensverhältnisse und jeder Mensch ist anders, deshalb sind Testamente immer sehr individuell. Im Einvernehmen ist jedoch alles möglich.

Mit welchen Kosten hat man zu rechnen wenn man ein Testament anfertigt?
SPRUZINA: Je nach Zeitaufwand kostet ein Testament zwischen 250 und 500 Euro.

Wo findet man Unterstützung und Hilfestellung wenn man mit der Aufgabe ein Testament anzufertigen überfordert ist oder allgemein Fragen zum Thema hat?
SPRUZINA: Man kann sich bei jedem Notar Hilfe holen. Das Erstgespräch ist immer kostenlos. Außerdem findet am 5. Juni der Notare-Sprechtag bei den Bezirksblättern statt. Von 9 bis 12 Uhr können Leser kostenlos und ohne Voranmeldung in den jeweiligen Geschäftsstellen vorbeikommen und sich von einem Notar zum Thema "richtig vererben" beraten lassen.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Die volle Ladung Service | Foto: Salzburg AG
5

Salzburg AG
Die volle Ladung Service

Gestalten Sie die Energiewende aktiv mit und bieten Sie Ihren Parkplatz als E-Ladepunkt an. Mit dem Abrechnungsservice der Salzburg AG entsteht kein laufender Personalaufwand. Im Gegenteil – die Bereitstellung bietet attraktive Vorteile. Ein Plus für Gäste und die UmweltIn vielen Tourismus- und Gastronomiebetrieben ist die Lademöglichkeit für E-Autos bereits Standard. Und auch für Gäste gewinnt dieser Faktor bei der Auswahl der Unterkunft an Gewicht. Als Ladepartner:in der Salzburg AG erhalten...

  • Salzburg
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.