Im Gespräch
Hagenberger (55) ist Chef des Kabinetts von Außenminister Schallenberg

Diplomat Thomas Oberreiter ist Kabinettschef im Außenministerium.  | Foto: BMEIA/Gruber
  • Diplomat Thomas Oberreiter ist Kabinettschef im Außenministerium.
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HAGENBERG, WIEN. BezirksRundschau-Redakteurin Elisabeth Klein bat den gebürtigen Hagenberger Thomas Oberreiter, Botschafter und Chef des Kabinetts von Außenminister Alexander Schallenberg, zum Interview. 

Herr Oberreiter, Sie waren Kabinettschef von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und sind jetzt Kabinettschef von Außenminister Alexander Schallenberg. Können Sie unseren Lesern kurz erklären, was ein Kabinettschef eigentlich macht? Was sind Ihre zentralen Aufgaben?
Ein Kabinettschef leitet den Stab der engsten Berater und Mitarbeiter eines Regierungsmitglieds. Mit diesen Kollegen bereite ich Entscheidungen, Treffen, Videokonferenzen oder Auslandsreisen des Ministers vor. Wir filtern für den Minister den Strom an Berichten und Analysen, den unsere Botschaften von Tokio bis Washington Tag für Tag nach Wien schicken. Wir geben seine Weisungen an unsere Experten im Ministerium und an die Botschaften weiter, damit alle – weltweit – für Österreich am selben Strang ziehen. Herausforderungen gibt es genug. Auch in Zeiten von Corona steht die Welt nicht still. Außerdem bereite ich gemeinsam mit den Kabinettschefs der anderen Ministerien die wöchentlichen Sitzungen der Bundesregierung vor.

Wo sehen Sie die großen Unterschiede zwischen einer „Expertenregierung“ und einer vom Volk gewählten Regierung?
Verfassungsrechtlich gibt es keine wirklichen Unterschiede: Eine Expertenregierung kann alle Entscheidungen genauso treffen wie eine „normale“ Bundesregierung. Die Regierung Bierlein war also voll handlungsfähig und das hat sie auch immer wieder bewiesen. Sie hat aber bewusst keine langfristigen Entscheidungen, etwa im Budgetbereich, getroffen. Das sollte einer neuen Bundesregierung und einem vom Volk neugewählten Nationalrat vorbehalten bleiben. Von Beginn an war klar, dass diese „Übergangsregierung“ nur für eine bestimmte Zeit im Amt sein würde, bis es eben Wahlen und eine neue Koalitionsregierung geben würde. So war es dann auch. Ich freue mich, dass das Experiment Übergangsregierung in einer für Österreich schwierigen Zeit so gut funktioniert hat.

Sie haben Jus studiert und die Diplomatenakademie absolviert. Wie wichtig waren diese beiden Ausbildungen für Ihre Karriere?
Beides, das Jus-Studium und dann die zwei Jahre an der Diplomatischen Akademie, waren die unverzichtbare Basis für meine Karriere im In- und Ausland. Mindestens genauso wichtig für mich war aber auch meine Zeit am Bundesgymnasium Freistadt. Eine solide Schulbildung ist ein wertvolles Rüstzeug für eine spätere Ausbildung, egal für welche. Wichtig ist übrigens, mit dem Lernen nie aufzuhören: Dazu zwingt uns schon die zunehmende Digitalisierung. Das gilt für die Diplomatie genauso wie für jeden anderen Lebensbereich.

Was muss man als guter Diplomat können?
Ein Diplomat muss vor allem neugierig und flexibel sein. Man darf kein Problem damit haben, alle paar Jahre seine Zelte abbrechen und in einem anderen Land, vielleicht auch auf einem anderen Kontinent, neu aufschlagen zu müssen. Für Diplomaten – und ihre Familien – gibt es keinen Versetzungsschutz. Ein Diplomat sollte außerdem Gespür für das jeweilige Gegenüber mitbringen. Natürlich vertritt man immer die Interessen seines Heimatlandes, wenn nötig mit aller Härte. Ich erinnere mich an viele lange Verhandlungsnächte in Brüssel, wo das so war. Und da macht man sich nicht immer nur Freunde. Man sollte aber auch in der Hitze des Gefechts den Verhandlungsgegner nie persönlich attackieren. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Und wer weiß – vielleicht wird aus dem Gegner von heute ein Verbündeter von morgen.

Haben Sie noch Kontakt zum Mühlviertel? Kommen Sie noch öfter nach Hagenberg? Wenn ja: Wen besuchen Sie dort?
Mein Kontakt ins Mühlviertel ist nie abgerissen. Ich habe Familie und Freunde hier und auch immer noch meinen Wohnsitz in Hagenberg. Ich komme hierher, sooft ich kann. Das war schwierig genug, als ich auf Posten in Brüssel, Mexiko oder Luxemburg war. Umso mehr genieße ich es, dass das jetzt, von Wien aus, viel leichter möglich ist.

Beobachten Sie die erstaunliche Entwicklung von Hagenberg aus der Ferne? Was sagen Sie zu Softwarepark, Fachhochschule, Borg etc.?
Natürlich. Und es macht schon stolz, wenn man draußen in der Welt immer wieder auf den Namen Hagenberg stößt. Hagenberg hat sich über die Jahre einen exzellenten wissenschaftlichen Ruf im In- und Ausland erarbeitet. Das habe ich immer wieder festgestellt. Ich verfolge die Entwicklung von Hagenberg genau, elektronische und soziale Medien erleichtern das ja. Aber am besten ist es, wenn man draußen an einer österreichischen Botschaft Besuch aus der Heimat und damit Informationen aus erster Hand bekommt: Ich hatte Künstler aus Hagenberg in Luxemburg zu Gast und Schüler- und Studentengruppen in Brüssel.

Welche Kindheitserinnerungen haben Sie an Hagenberg?
Das Hagenberg meiner Kindheit war ein ganz anderer, viel kleinerer und beschaulicherer Ort. Jeder kannte jeden. Alles war überschaubar. Mühlviertel pur. Und niemand hätte damals gedacht, dass ausgerechnet Hagenberg einmal das Silicon Valley Österreichs werden würde. Dass es das doch wurde, kam nicht von ungefähr: Hagenberg hat sich das mit einer klaren Vision, mit Fleiß und mit einer unbeirrbaren Zielstrebigkeit zurecht erarbeitet.

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