AMS-Chef im Gespräch
"Arbeitskräftemangel wird heimische Wirtschaft weiter beschäftigen"
Nach Rekordarbeitslosigkeit und Kurzarbeit steht der Fachkräftemangel seit einigen Monaten wieder im Fokus der heimischen Wirtschaft. Wir haben Alois Rudlstorfer, den Leiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Freistadt, zum Interview gebeten.
Herr Rudlstorfer, wie würden Sie die aktuelle Situation in Sachen Fachkräftemangel im Bezirk Freistadt beschreiben?
Wir sprechen nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem Arbeitskräftemangel. Inzwischen ist der Mangel bei den Hilfs- und Anlernkräften und Lehrlingen genauso eklatant, wie der bei den Fachkräften. Es ist jedoch der Mangel an Fachkräften, der in der Öffentlichkeit im Vordergrund steht.
Welche Branchen suchen derzeit besonders viele Mitarbeiter?
Ende Dezember gibt es im Bezirk 583 offene Stellen und 235 offene Lehrstellen. Verzweifelt gesucht wird quer durch alle Berufe, von technischen Berufen (114 offene Stellen), über Metall- und Elektroberufen (66 offene Stellen) bis hin zu den Fremdenverkehrsberufen (52 offene Stellen). Aber auch in Büroberufen (54 offene Stellen), im Handel (54 offene Stellen) im Fremdenverkehr (52) und im Bereich Gesundheit (37) werden dringend Mitarbeiter gesucht. In Bauberufen und holzverarbeitenden Berufen sind es je um die 30 verfügbaren Stellen.
Wie gehen die heimischen Betriebe mit dieser schwierigen Situation um?
Das ist schwer zu sagen, ich glaube aber, dass viele Unternehmen versuchen, sich auf den Fachkräftemangel einzustellen, indem sie interne Optimierungsmöglichkeiten suchen und neue Wege bei der Rekrutierung von neuen Fachkräften gehen. Ich denke, dass der Druck bei manchen Unternehmen inzwischen so weit geht, dass sie auch Arbeitsuchende, die in der Vergangenheit kaum eine Chance hatten, nun im Bewerbungsprozess mit berücksichtigen. Ich denke da an Ältere, Wiedereinsteigerinnen, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Langzeitarbeitslose. Für diese Personengruppen verbessern sich damit die Arbeitschancen erheblich.
Welche Aktivitäten setzt das AMS, um die heimischen Betriebe zu unterstützen?
Wir setzen einerseits Anreize, auch auf den ersten Blick nicht optimal passenden Arbeitsuchenden eine Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben. So unterstützen wir Unternehmen, die Ältere, Wiedereinsteiger und -innen, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Langzeitarbeitslose einstellen, mit zeitlich befristeten Eingliederungsbeihilfen, also Lohnkostenzuschüssen am Beginn der Beschäftigung. Wenn bei einer Arbeitsuchenden Person neue oder zusätzliche Qualifikationen nötig sind, finanzieren wir im Rahmen der Arbeitsplatznahen Qualifizierung (AQUA) den Lebensunterhalt für Personen, die im Betrieb, direkt am zukünftigen Arbeitsplatz eine Ausbildung machen. Auf der anderen Seite setzen wir auch auf die Qualifikation von Arbeitsuchenden während der Arbeitslosigkeit. Unter anderem finanzieren wir Ausbildungen, die für den Eintritt in ein Unternehmen unbedingt nötig sind, wenn vonseiten des Unternehmens die Absicht besteht, die Person, wenn sie die Qualifikation besitzt, einzustellen.
Wie wird sich die Situation in den kommenden Monaten und Jahren Ihrer Einschätzung nach entwickeln?
Ich glaube, dass es in nächster Zeit für Unternehmen nicht einfacher wird, passende Fachkräfte zu bekommen. Nachdem auch aufgrund der demografischen Entwicklung weniger junge Fachkräfte nachkommen, wird das Arbeitskräftepotential vor Ort eher schrumpfen statt steigen. Arbeitskräfte aus dem Ausland werden da immer wieder als Ausweg genannt. Da sich aber in unseren Nachbarstaaten die Situation am Arbeitsmarkt ähnlich gut entwickelt, wie bei uns, ist auch dieses Potential begrenzt. Es wird also nötig sein, das derzeit bei uns vorhandene Arbeitskräftepotential bestmöglich zu nutzen.
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