"Der Papst kam ohne Donnerkeule"

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Die Bezirksblätter trafen sich mit dem Probstdorfer Pfarrer Helmut Schüller.

Sie haben vor knapp einem Jahr mit der Pfarrerinitiative den „Aufruf zum Ungehorsam“ veröffentlicht. Wie ist Ihre Bilanz?
Schüller: Der Aufruf hat entsprechenden Wirbel erzeugt. Wir dachten, dass wird niemanden aufregen, aber es hat aufgeregt. Eine neue Nervosität in der Kirchenleitung ist eindeutig festzustellen und bei den Menschen hat es ein neues Interesse an Kirchenthemen hervorgerufen. Es ist viel über die Kirche diskutiert worden und auch über die ganzen Fragen, die da anstehen. Und kamen neue Unterstützer hinzu: alte Menschen und internationale Kollegen.
Die Ideen der Pfarrerinitiative werden zwar von vielen Gläubigen und auch Geistlichen im Westen für positiv befunden. Ist aber in anderen Weltgegenden eine Öffnung denkbar?
Schüller: Die Gesellschaften entwickeln sich genau so weiter und stehen dann vor den selben Fragen. Manche erkennen das bereits und schließen sich uns an. Die Kirche scheint ungleichzeitig unterwegs zu sein, aber letztendlich hat sie überall das gleiche Thema: die Ankunft im heute.
Warum stößt sich Papst Benedikt XVI. an dem Wort „Ungehorsam“ so sehr?
Schüller: Ich glaube, dass sind Systemprobleme. Systemfragen bekommen das Übergewicht. Es ist nicht mehr die Frage wozu sind wir da sondern wie erhalten wir uns. Ich glaube nicht dass der Papst in eine andere Richtung denkt, aber es bleibt die Frage, was wird dann mit dem System.
Wieviel Spielraum hätte der Papst die Ideen des „Aufrufs zum Ungehorsams“ umzusetzten?
Schüller: Sein Spielraum besteht darin die Diskussion freizugeben. Die Kirche soll wieder ein Forum sein, wo das Wissen der Menschen zu verschiedenen Themen zusammenfließen kann. Und dann kann man entscheiden in welche Richtung es geht.
Haben Sie mit einer öffentlichen Reaktion des Papstes gerechnet?
Schüller: Nein. Ich bin davon überrascht worden. Zum einem über die Tatsache. Bisher wurde uns immer vermittelt, dass interessiert keinen Menschen. Zum anderen das Wie. Keine Donnerkeule, sondern der Papst stellt Fragen. Und er billigt uns guten Willen zu. Bisher galten wir als die Kirchenspalter. Jetzt will er mit der Frage vielleicht auch eine Antwort provozieren.
Woher nehmen Sie die Motivation gegen die „vatikanischen Mauern“ zu laufen?
Schüller: Wir fixieren uns nicht auf die vatikanischen Mauern. So zentral die Stellung des Vatikans ist, man darf aber nicht nur ihn allein sehen. An der Basis sind unzählige Menschen, von denen viele in die selbe Richtung denken wie wir. Wir wollen deutlich machen, was sonst noch da ist an Meinung in der Kirche. Das Ziel ist für mich nicht ein Ergebnis sondern ein Prozess unter Einbeziehung der Basis.
Stützenhofen wählt einen bekennenden Homosexuellen in den Pfarrgemeideratswahl. Im Tiroler Amras boykottier das Kirchenvolk ihren Priester. Macht Ihr Ungehorsam Schule?
Schüller: Der Ungehorsam ist nichts Neues. Es ist ein neuer Schwung. Aber schon das Kirchenvolksbegehren 1995 ein kräftiges Zeichen. Ich würde sagen: wiedereinmal ist es soweit.
Welchen zeitlichen Rahmen würden Sie der Kirche für Veränderungen geben?
Schüller: Das dauert lange. Auch wenn der Prozess einmal begonnen hat, ist viel aufzuarbeiten. Aber viele fragen, ob es noch lange dauert, bis es los geht.
Karina Seidl

An der Ortseinfahrt prangt ein Plakat: „Probstdorf steht hinter Helmut Schüller“. Wie wichtig ist Ihnen die moralische Unterstützung Ihrer Pfarrgemeinde?

Gab es Gläubige, die sich von der Probstdorfer Gemeinde abgewandt haben, weil Sie mit Ihren Anliegen nicht konnten?
Schüller: Bekannt ist mir keiner.

14. Was wäre Helmut Schüller geworden, hätte er sich nicht für das Priesteramt entschieden?

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