Jetzt spricht der Anwalt des Schützen
Schrotflinten seien für einen Amoklauf ungeeignet, ist sich Anwalt Roland Schöndorfer sicher.
MISTELBACH (ip). Seit dem 9. Mai ist das Bundesschulzentrum nicht mehr das selbe. Nun Roland Schöndorfer, der Anwalt des Schützen, an die Bezirksblätter.
Mit seinem Schritt an die Öffentlichkeit möchte der St. Pöltner Strafverteidiger vor allem Falschmeldungen und Vorverurteilungen entgegentreten, die seinen Mandanten als gewaltbesessenen Waffennarr erscheinen lassen, der ein Blutbad anrichten wollte.
Ziel: Selbstmord
„Primär war sein Ziel ein Suizid“, so Schöndorfer. Im Hinblick auf die Wahl der Waffe könne man eigentlich nicht davon ausgehen, dass der Bursche, der aufgrund seines Grundwehrdienstes auch mit halbautomatischen Waffen vertraut war, es darauf angelegt habe, möglichst viele Menschen zu erschießen. Immerhin benötige ein geübter Schütze zumindest 30 Sekunden, um nach einer Schussabgabe die Flinte mit einer weiteren Patrone zu laden.
Dass sein angeblicher Amoklauf nur dadurch verhindert worden sei, weil eine Patrone klemmte, stimme ebenfalls so nicht. Vielmehr sei dem 18-Jährigen bereits nach dem ersten Schuss bewusst gewesen, was da passiert war. Für einen zweiten Schuss habe der Bursche die Waffe gegen seinen eigenen Kopf gehalten und abgedrückt! Als sich kein Schuss löste, flüchtete der Schütze und stellte sich selbst wenige Stunden später der Polizei.
25 Patronen
Die 25 Patronen, die der Mann bei sich hatte, habe er sich auch nicht extra gekauft. Er habe eine Woche vor dem Attentat die Schrotflinte bei einem Waffenhändler in der Nähe seines Wohnortes im Bezirk Mistelbach gekauft, die 25 Patronen waren standardmäßig dabei. Nach der vorgeschriebenen Sperrfrist, in der der Händler die rechtlichen Voraussetzungen für den Kauf dieser Waffe prüfte, holte er die Flinte ab, da nichts gegen den Erwerb sprach.
Auch für die Fotos auf Facebook, die seinen Mandanten in Uniform und mit Waffe zeigen, gebe es laut Anwalt eine nachvollziehbare Erklärung. So, wie die meisten Grundwehrdiener präsentierte sich der Bursche kurz nach seinem Eintritt beim Bundesheer in seinem neuen Umfeld.
Motive unklar
Zu den Motiven des Schützen erklärte Schöndorfer: „Ich bin kein Psychologe, es sind nur Vermutungen aufgrund meiner Erfahrungen und den Gesprächen mit ihm.“ Sein erster Eindruck, nachdem er erst fünf Tage nach der Tat mit ihm sprechen konnte: „Er ist jetzt ein gebrochener, armer Bua!“
Er wolle den Täter keinesfalls zum Opfer machen, dennoch müsse man bei aller Tragik dieser Tat auch Hintergründe beleuchten, obwohl so ein Vorgehen für den gesunden Menschenverstand wohl nicht nachvollziehbar sei.
Rache und Liebeskummer schließe er als Motive aus. Es habe auch, wie sein Mandant erklärte, keinen konkreten Auslöser gegeben. Vielmehr habe sich jahrelang in ihm etwas angestaut, er habe sich von anderen nicht akzeptiert und immer wieder gemobbt gefühlt. Eine Erklärung, warum er zu dieser, ihm bekannten Schule gekommen ist und warum er auf einen ihm völlig Unbekannten schoss, konnte der 18-Jährige noch nicht geben.
Es sei ihm jedoch besonders wichtig, sich bei dem 19-Jährigen und allen anderen zu entschuldigen. Vorerst wähle er dazu die Medien, da er noch nicht wisse, ob die Betroffenen überhaupt zu einem persönlichen Kontakt bereit seien.
Derzeit, so Schöndorfer, liegt das Hauptaugenmerk auf der Suizidgefahr, die immer wieder stark durchschlägt und seiner Meinung nach auch durch einen dramatischen Verlust der Lebensfreude Anlass zu einem erweiterten Suizid gewesen sein könnte. Diesbezüglich seien jedoch professionelle Gutachter am Wort.
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