Mein Nachbar, der Moslem
Die Verhaftung eines islamistischen Gotteskriegers im Bezirk Gmünd zeigt: Der internationale Terror reicht bis Niederösterreich. Viele fragen sich: Wer sind die rund 100.000 Muslime in unserem Bundesland? Die Bezirksblätter Gänserndorf haben eine Moscheen besucht und mit den Menschen über ihr Weltbild geredet.
Abdullah Ates ist in Hainburg geboren, seine Eltern stammen aus der Türkei und leben seit Jahren im Bezirk. Der Betriebswirtschaft-Student ist Muslime, betet täglich fünfmal, isst kein Schweinefleisch, trinkt keinen Alkohol - und liebt den Frieden. "Der Islam ist keine Hassreligion", wehrt er sich gegen gängige Vorurteile. Er versteht die Ängste jener, die, angesichts des Terrors in Syrien, angesichts der Gotteskrieger, den Islam als Rechtfertigung für ihre Morde missbrauchen. Umso mehr will Ates darauf hinweisen, dass diese Auswüchse des Fanatismus nichts mit seiner Religion, wie er und viele Muslime im Bezirk sie leben, gemeinsam hat.
Drei Moscheen
In der Bezirkshauptstadt gibt es drei Moscheen, die von Vereinen geführt werden. Mevlana ist einer von ihnen, das Gebäude an der Hauptstraße beherbergt die Gebetsräume für Männer und Frauen, Klassenzimmer, eine kleine Greißlerei und Gemeinschaftsräume für Jugendliche. 80 Familien sind bei Mevlana gemeldet und treffen sich hier regelmäßig. Dass Moscheen - wie von einigen befürchtet - ein Ort der Radikalisierung sind, kann leicht verhindert werden, ist Abdullah Ates überzeugt: "Transparenz ist wichtig. Wir öffnen gerne unsere Türen." Mevlana lädt zum Beispiel zum Hoffest, wo es exotische Speisen und regen kulturellen Austausch gibt, bei der langen Nacht der Moscheen besuchen Christen die muslimischen Gebetshäuser und Muslime Kirchen.
Zuerst Europäer
Ates sieht sich in erster Linie als Europäer. "Bei den Sprachwochen in Malta war ich weder Türke noch Österreicher. Aber die deutsche Sprache und die europäische Kultur hat mich schon geprägt." Auch sein Frauenbild ist europäisch. "Ich kenne nur dieses", lächelt der österreichische Türke, der Diversitätsmanagement studiert. Dabei geht es um diskriminierungsfreien Umgang - auch mit Frauen.
Der Schlüssel zum Integration und zum gegenseitigen Verständnis ist die Sprache und die Bildung, ist Ates überzeugt und bedankt sich bei seinen Eltern, die ihm den Zugang zur Bildung ermöglicht haben.
Wie steht Abdullah Ates zu türkischstämmigen Jugendlichen, die durch Pöbeleien und aggressives Verhalten den Unmut der Ur-Weinviertler Bevölkerung auf sich ziehen? "Einerseits ärgert es mich, dass sie uns damit in ein schlechtes Bild rücken, andererseits habe ich Verständnis. Dieses Verhalten ist typisch für Menschen aus bildungsfernen Schichten - egal aus welchem Land sie kommen."
Ulrike Potmesil
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