Wo sind die Wirte geblieben? Ein Lokal-Augenschein in Gänserndorf
BEZIRK (up/mb). Seit dem Jahr 2010 hat in Niederösterreich mehr als jedes zehnte Gasthaus seine Pforten für immer geschlossen. Ein Bezirksblätter-„Lokal-Augenschein“ im wahrsten Sinne des Wortes …
Welcher Gänserndorfer erinnert sich noch an das alte Gasthaus Schuster am Bahnhof, das Restaurant Cerny und das "Katz" in der Strassergasse? Auch das Traditions-Gasthaus Hansy ist bereits Geschichte und sucht vergeblich einen neuen Wirten. Das letzte klassische Wirtshaus ist der "Prager" in der Hauptstraße, der seit den 70ern besteht. "Die Gäste kommen nicht nur wegen der guten österreichischen Küche, sondern auch wegen der Kommunikation. Da plaudert der Notar mit dem Baggerfahrer", sagt die Wirtin Silvia Kreindl.
Kaa Beisl håt an Schmäh
Freilich ist das gastronomische Angebot damit nicht zu Ende, die Gänserndorfer können zwischen veganen, griechischen, türkischen und chinesischen Speisen wählen. Zudem eröffnet Gerhard Fürhacker im Juni sein neues Café Restaurant im ehemaligen K.U.L.T., damit ist die Bezirkshauptstadt um ein gastronomisches Angebot reicher. Aber wie singt der Weinviertler Musiker Jimmy Schlager so treffend: "Weil kein Pub und kein Café, kaa Lounge, kaa Beisl håt an Schmäh. Duat sans ålle freindlich, doch du bist nur irgendwer. Es gibt kaane Wirtshäuser mehr."
Quer durch den Bezirk gibt es unerfreuliche aber auch positive Wirtshaus-Geschichten. Der "Alte Mayer" in Raasdorf brannte vor drei Jahren ab, das Gebäude wurde abgerissen. Geschlossen sind die Gemeindegasthäuser in Weikendorf (Rathauswirt), Markgrafneusiedl, oder auch Stripfing. 75 "Klassiker" gibt es noch im Bezirk, darunter der Schwarze Adler in Hohenruppersdorf oder das Zistersdorfer Haubenwirtshaus "Grüner Baum".
Und es gibt auch innovative Wirtinnen, wie Isabell Neduchal, die das Weydner Wirtshaus in klassischem Stil mit modernem Pep betreibt.
Dorf braucht Wirt
Der Norden des Bezirks scheint zur Zeit "gastronomische Wüste" zu sein. Ein Lichtblick ist das seit 1. Februar endlich eröffnete Gasthaus "Zum Lavendel" in Niederabsdorf. Wirtin Slavka Poggiolini Konecna bietet eine umfangreiche Speisekarte in einem ganz neuen Ambiente. Angepasst an die veränderten Kundenwünsche der Jugend wird nun auch Pizza serviert. "Das Thema Lavendel hat sie bis ins kleinste Detail bis zur Einrichtung und der Deko liebevoll umgesetzt", meint Erich Kruder Junior, einer der zahlreichen Gäste der ersten Tage.
Mangels Dorfgasthaus floriert derzeit das "Cafe Mimi" in Neusiedl/Zaya. Auch Palterndorf scheint in absehbarer Zeit keinen neuen Wirten zu bekommen. Lediglich das alteingesessene Gasthaus Rauscher in Dobermannsdorf bietet noch Wirtshaus-Feeling. Doch die Gäste suchen sich Alternativen: zum Beispiel die Tankstellen der Region.
Zur Sache
Im Bezirk sind derzeit 75 Gasthäuser bei der Wirtschaftskammer registriert, Ende 2015 waren es noch 82, 2010 waren es 86. Weiters verzeichnet die Wirtschaftskammer 34 Restaurants, 5 Bars/Tanzlokale, 6 Catering-Betriebe, 4 Eissalons, 40 Buffets (einschließlich Tankstellenbuffets), 19 Imbissstuben, 3 Gasthöfe mit maximal acht Gästebetten und 34 Kaffeehäuser.
Die meisten Gasthäuser Niederösterreichs gibt es übrigens im Bezirk St. Pölten, dort sind 141 registriert, und Amstetten (122). In Lilienfeld und Horn stehen den Gästen mit 36 und 39 die wenigsten Wirtshäuser offen.
In ganz Niederösterreich sind 1.465 Gasthäuser registriert.
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