Wolkersdorf und seine Juden
WOLKERSDORF. Wie war das damals vor dem Krieg? Wie haben die Menschen da gelebt? Wie konnte es plötzlich zu Radikalisierung der Gesellschaft und zur Ausgrenzung einer Gruppe kommen?
Es sind diese Fragen, denen Historiker Stefan Eminger und der Verein Wolkersdorf 1938 im Gedenkjahr 2018 nachgeht. Neben einem Erinnerungsrundgang am 12. Mai, wird die vor zehn Jahren erstmals publizierte und völlig vergriffene Broschüre zu Wolkersdorfs jüdischer Bevölkerung neu aufgelegt. Die Ausstellung im öffentlichen Raum beim Basch Haus macht Geschichte quasi im vorbeigehen konsumierbar.
Wahlkampfthema: Antisemitismus
Die jüdische Geschichte in Wolkersdorf betrifft im wesentlichen den Zeitraum zwischen 1867 und 1938. In diesen 71 Jahren war Antisemitismus zumeist nur dann ein Thema, wenn politische Parteien ihn zu Wahlkampfzwecken ausgegraben haben. Die zumeist assimilierten Wolkersdorfer Juden – zum Teil sind sie zum christlichen Glauben übergetreten – waren als Händler und Kaufleute tätig; zwei waren Anwälte, einer Arzt. Das Zusammenleben galt als gut, die Kinder besuchten gemeinsam die Schule; man pflegte gesellschaftlichen Umgang.
Separationsbestrebungen gingen in der Donaumonarchie mit dem aufkeimenden Nationalismus einher. Die österreichische Restbevölkerung besann sich seines Deutschtums, dem es unter anderem im "Deutschen Turnverein" Ausdruck verlieh. Parallel dazu wettere Karl Luegers Christlich-Soziale Partei gegen das Judentum.
Zwischenkriegszeit
Während Juden im 1. Weltkrieg noch für den Kaiser im Felde standen, fällt dieser 1918 als Schutzherr weg. Die bürgerlichen Parteien verschärfen zusehends ihre antijüdische Rhetorik, die sie oft mit "antisozialistisch" gleichsetzen. Auch in Wolkersdorf kommt es bei den Gemeinderatswahlen zu antisemitischen Anfeindungen gegen den konvertierten SPÖ-Spitzenkandidaten, dem Gemeindearzt Hermann Loew. Beim ersten Antreten der NSDAP bei den Gemeinderatswahlen 1924 erringt diese 14,3 Prozent der Stimmen. Sie wird in den bürgerlichen Block, den vor allem die Ablehnung gegen die Roten eint, integriert. Dort wird die NSDAP zum Motor des lokalen Antisemitismus.
Anfang der 1930ern zerfällt die NSDAP in Wolkersdorf, wird neu gegründet und 1933 dann verboten. Während des Ständestaates lässt die antijüdische Propaganda nach um dann 1938 in aller Grausamkeit zurückzukehren.
Weitere Veranstaltungen
Am 21. April liest Martin Neid im Kulturzentrum Unterolberndorf Jüdische Geschichten.
Im zweiten Vortragsteil wird Stefan Eminger am 8. Mai im Pfarrsaal Wolkersdorf das Thema "Opfer – Täter – Überläufer" beleuchten.
www.wolkersdorf1938.at
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.