Literatur aus Spannberg (4) Die bäuerliche Arbeit im Jahreslauf von Renate Geer

© Weinbau und Heurigenbetrieb Fam. Geer Spannberg
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Die Weinlese

Im September kann man dann schön langsam an die Lese der Frühsorten denken.
Wie in allen Bereichen der Landwirtschaft hat sich auch hier vieles verändert.
Die Generationen vor uns haben mühevoll die Niederkultur bearbeitet, d.h. es spielte sich alles 50 cm über der Erde ab. Buckeln und knien war daher die normale Arbeitshaltung.
Mit der Hochkultur ist vieles leichter geworden. Bei der Weinlese konnte man jetzt aufrecht stehen und hat Weintraube für Weintraube in den Kübel gelesen. Diese Kübel wurden sodann in die Butte geleert, die der Buttenträger aus dem Weingarten getragen und in die Quetsche geleert hat. Diese Quetsche lag quer über dem Bottich und durch das Drehen mit der Kurbel wurden die Beeren als erstes gequetscht. Das Hineinfahren in den Weingarten war verpönt, sodass die komplette Arbeit damals händisch erledigt wurde, um dem Weingarten nicht zu schaden.

Bei der Weinlese war es immer üblich, dass die Großfamilie, Freunde und Bekannte zusammenhalfen und für das Essen, einen Kübel voll Weintrauben und eventuell ein paar Liter Wein gerne zur Lese kamen. Eine große Hilfe in unserer Familie war neben Eltern und Geschwistern immer die Wiener Verwandtschaft. Sie waren diese Arbeit gewohnt, weil sie am Land aufgewachsen sind und jedes Jahr geholfen haben. Man brauchte ihnen nichts anzuschaffen und sie waren immer da, wenn man sie brauchte.

Erwähnenswert ist meiner Meinung nach auch, dass wir es oft sehr lustig hatten bei der Arbeit, es wurde viel getratscht und so ist ein Lesetag oft wie im Nu vergangen. Ich denke, dass dieses Zusammenhelfen sehr zur Stabilität innerhalb der Großfamilie beigetragen hat und so gegenseitiges Verständnis auch gegenüber der bäuerlichen Arbeit gewachsen ist und dass auch die nächste Generation noch Einblick in die Landwirtschaft bekommen hat.

Etwas ganz Besonderes bei der Weinlese war das Essen. Nicht nur die Kinder fragten des öfteren, wann es denn endlich soweit sei, sondern auch die Erwachsenen langten tüchtig zu. Es gab gebratenes Fleisch und Speck, frisches, schwarzes Brot, Aufstriche und zum Abschluss Kuchen oder Oma's berühmte Schmerstrudeln, die man heute nur mehr sehr selten bekommt. Wenn es in der Früh sehr kalt war, wurde sogar Tee oder Kaffee mitgenommen.
So ein Essen in freier Natur, wenn man nach Herzenslust zugreifen kann und das Wetter halbwegs mitspielt, ist schon ein intensives Erlebnis.

Eine große Arbeitserleichterung bei der Weintraubenernte kam mit dem Lesen in die Scheibtruhen ungefähr im Jahr 1985.
Man brauchte nun pro Reihe nicht mehr zwei Kübel sondern nur mehr eine Scheibtruhe. Der Jüngere oder Stärkere fährt mit dieser von Stock zu Stock, stellt sie unter die Weintrauben, die man dann abschneiden will und diese fallen bequem hinein. Die Person, die auf der anderen Seite der Scheibtruhe steht, braucht demnach nur zu schneiden und aufzupassen, dass die Trauben nicht daneben fallen. Die schwere Arbeit des Kübelentleerens entfällt, stattdessen wird die Scheibtruhe über eine Gitter-Auffahrt, die an der hinteren Bordwand des Wagens eingehängt ist, in den Anhänger entleert. Das ist vor allem bei feuchter Witterung auch nicht ganz einfach, weil die Erde am Rad picken bleibt. Das schwere Heben und Tragen der Kübel ist jedoch nicht mehr notwendig. Mit Traktor und Planenwagen wird je nach Geschwindigkeit der Leser durch den Weingarten gefahren und so die Auffahrt wie ein zweiter Anhänger mitgezogen.
Diese Art des Lesens hat sich über Jahre hinweg sehr gut bewährt.
Natürlich musste alles vorher vorbereitet werden, angefangen von den Wägen und Scheibtruhen bis zur Presshauseinrichtung sowie aller Geräte, die zu einer ordentlichen und sauberen Lesegutverarbeitung notwendig sind.
Nicht zuletzt musste die Bäuerin das Essen richten und zusammenpacken. Frühes Aufstehen war dabei unerlässlich.

Das Problem, das erst in den letzten Jahren aufgetreten ist, ist der Personalmangel. Die älteren Helfer können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr und die jungen Leute sind alle unselbständig erwerbstätig und wollen zum Wochenende ihre verdiente Freizeit genießen.
Aus diesem und noch einigen anderen Gründen wie Zeitersparnis, weniger Vorbereitungszeit, flexiblere Arbeitseinteilung hat sich nach und nach auch in unserer Gegend die Lesemaschine durchgesetzt.
Der Weingarten muss natürlich für die Maschine hergerichtet werden. Bei Betonstehern kann nicht mit der Maschine gelesen werden, weil Teile des Betons in die Maschine und in das Lesegut gelangen würden. Bei Plastikstecken ergibt sich das gleiche Problem.

Eine Lesemaschine ist natürlich wie alle Großmaschinen in der Landwirtschaft eine sehr kostenintensive Anschaffung. Es werden sich daher mehrere Winzer zusammentun und eine Maschine gemeinsam kaufen und nutzen oder man kann über den Maschinenring ebenfalls durch Einzahlung eines gewissen Betrages an einer Maschine mitpartizipieren.
In jedem Fall wird genau festzulegen sein, wer mit der Maschine im Lohn fährt, wie Reparaturen bezahlt werden und wer die Pflege und Wartung übernimmt.
Die beteiligten Personen müssen sich während der Saison immer wieder gegenseitig abstimmen und keiner kann nur seinen Willen allein durchsetzen wollen.
Man braucht auch mehr Wägen, um das Lesegut aufzunehmen, weil ja die Maschine sehr viel schneller arbeitet als die händischen Leser.
Sind nun die Weintrauben am Anhänger, werden sie zum Presshaus geführt und abgeladen. Dies kann entweder händisch oder maschinell geschehen und dann wird gepresst.

Renate Geer, Jahrgang 1962, wuchs in Spannberg am elterlichen Bauernhof auf und wurde so mit der bäuerlichen Arbeit sehr früh vertraut. Seit ihrer Heirat mit einem Landwirt steht sie selbst an der Spitze eines landwirtschaftlichen Familienbetriebes. Sie betrachtet den Beruf der Bäuerin bedingungslos als Berufung und übt diesen Beruf auch mit Leidenschaft aus. Diese Leidenschaft kommt auch wieder in dem vorliegenden Buch zum Ausdruck. Das Buch ist gleichermaßen für Kinder und Erwachsene geeignet, gibt intensive Einblicke in die landwirtschaftliche Arbeit und hilft Außenstehenden, die Bauern besser zu verstehen. Zudem ist es auch ein Denkanstoß, um die landwirtschaftlichen Produkte mehr zu schätzen, in dem Wissen, wieviel harte Arbeit dahinter steckt.

Wo: (repl), Spannberg auf Karte anzeigen

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