Hermagor: Wirklich kein Platz für Flüchtlinge?
Laut Siegfried Ronacher gibt es in Hermagor keinen Platz für Flüchtlinge. Aber stimmt das wirklich?
HERMAGOR (schön). Wie letzte WOCHE berichtet, fordert der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) eine faire Verteilung von Flüchtlingen aus Syrien. Er ist dafür, dass jede Gemeinde in Kärnten einen Beitrag dazu leistet.
Da im Gailtal nur drei von zwölf Gemeinden Flüchtlinge beherbergen, hat die WOCHE die Bürgermeister eben dieser neun Gemeinden ohne Flüchtlinge gefragt, warum sie keine haben. Der Großteil der Gemeindechefs sagte: "Wir haben keine Räumlichkeiten."
Bezirksstadt ohne Platz
So auch der Hermagorer Bürgermeister Siegfried Ronacher: "Ich schätze Herrn Albel sehr, jedoch ist eine Fairness in allen Bereichen nicht möglich. Wir haben in Hermagor keine Flüchtlinge, weil wir keine Herbergen zur Verfügung haben." Um zu erfahren, ob es in der Bezirksstadt, die aktuell 7.000 Einwohner hat, wirklich keine Unterkünfte gibt, hat sich die WOCHE an Wohnungsreferentin (alle Wohnträger) Christina Ball gewendet.
Rarität am Markt
Auf die Frage, ob es in Hermagor und Umgebung Wohnungen oder Häuser gäbe, in denen man zehn bis 15 Personen unterbringen könnte, antwortet Ball: "Derzeit nicht." Am Wohnungsmarkt gäbe es laut Ball nur drei Wohnungen, die frei wären. "Diese ESG-Wohnungen befinden sich am Posthomanweg in Hermagor." Jedoch handle es sich dabei um Wohnungen, die maximal 50 Quadratmeter groß sind. "Somit kann in diesen Wohnungen maximal eine Familie mit einem Kind wohnen", so Ball.
Wer hilft mit?
Der Krieg in Syrien führt zur Flucht von Millionen Menschen. In Österreich sind die Bundesländer verpflichtet, von der Bundesregierung erstellte Quoten zu erfüllen. Im Bezirk Hermagor sieht es aktuell wie folgt aus:
Hermagor: Keine Flüchtlinge, 7.000 Einwohner
Arnoldstein: Keine Flüchtlinge, 7.000 Einwohner
Bad Bleiberg: 51, 2.321 Einwohner (= 2,1 Prozent)
Dellach/Gail: Keine Flüchtlinge, 1.228 Einwohner
Feistritz/Gail: Keine Flüchtlinge, 620 Einwohner
Gitschtal: 15 Flüchtlinge, 1.320 Einwohner (= 1,1 Prozent)
Hohenthurn: Keine Flüchtlinge, 840 Einwohner
Kirchbach: 90 Flüchtlinge, 2.800 Einwohner (= 3,2 Prozent)
Kötschach-Mauthen: Keine Flüchtlinge, 3.450 Einwohner
Lesachtal: Keine Flüchtlinge, 1.430 Einwohner
Nötsch: Keine Flüchtlinge, 2.230 Einwohner
St. Stefan: Keine Flüchtlinge, 1.596 Einwohner
Bezirk Spittal mit Quotenproblem
Das Drama: Der seit vier Jahren tobende Krieg in Syrien hat für ganz Europa enorme Konsequenzen: Mit bis zu 70.000 Asylanträgen rechnet alleine das österreichische Innenministerium für heuer.
Die Quote: Für die einzelnen Bundesländer gibt es Aufnahme-Quoten, die zu erfüllen sind. Für Kärnten sind derzeit rund 2.500 Flüchtlinge vorgesehen. Diese Quote wird zu ca. 90 Prozent erfüllt.
Die Bezirke: Auf Bezirksebene sieht es wie folgt aus: Feldkirchen, Hermagor, Klagenfurt und Völkermarkt haben ihre Quoten übererfüllt, die restlichen Bezirke haben bis jetzt zu wenige Flüchtlinge aufgenommen. Der Bezirk Spittal ist negativer Spitzenreiter: hier fehlen fast 250 Plätze. Dem gegenüber beherbergt der kleine Bezirk Völkermarkt derzeit um 200 Flüchtlinge mehr als laut Quote vorgesehen wären.
Zur Sache:
In einem WOCHE-Interview hat der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) seinen Unmut über die europäische Flüchtlingspolitik geäußert.
Er warf der gesamten Bundesregierung diesbezüglich Problem-Lösungsinkompetenz vor. Doch damit nicht genug: Zudem fordert er, dass sowohl jeder Staat als auch jede Gemeinde einen Beitrag zu leisten habe.
Es ginge deshalb nicht, dass sich die Mehrheit der Kärntner Kommunen nicht an der Beherbergung beteilige.
Die Kritik Albels nahm die WOCHE zum Anlass, um den Status Quo im Gailtal unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis der Erhebung: Derzeit versorgen mit Bad Bleiberg, Gitschtal und Kirchbach nur drei von zwölf Gemeinden Flüchtlinge. Die Mehrheit der Gemeinden, konkret neun von zwölf, ist bei null.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.