Wirtschaft
Zukunft von Traditionsschneiderei steht auf wackeligen Beinen
Findet sich kein Nachfolger, muss die Trachtenschneiderei Fischer in Nötsch ihre Türen für immer schließen.
NÖTSCH. Die Schneiderei Fischer Tracht & Mode mit Sitz in Nötsch im Gailtal besteht seit 167 Jahren. Als Schneidermeister Andreas Fischer sich 1855 in Saak bei Nötsch sesshaft machte, legte er das Fundament für einen Betrieb, der schon bald über die Grenzen des Gailtales bekannt werden sollte. Sohn Martin übernahm die väterliche Firma und verlegte den Standort nach Labientschach. Es war das Jahr 1900, als sein jüngerer Bruder Andreas einen eigenen Betrieb eröffnete und 1907 in Nötsch jenes Haus erbaute, in dessen Räumlichkeiten sich bis heute die Schneiderwerkstatt befindet. Andreas legte 1936 das Unternehmen in die Hände von Sohn Emil, der den Betrieb bis 1996 führte. Ernst Fischer saß jetzt am Ruder, übernahm das Firmengeschehen und steuerte einen neuen Kurs an. Ab 1982 hat sich der Betrieb unter seiner Leitung auf die Erzeugung von Trachten spezialisiert. 2010 übernahm Elisabeth Urban das Erbe der Familie Fischer und führte die Schneiderwerkstatt erfolgreich weiter.
Trotz Pension im Geschäft
Der Slogan „Seit Generationen – für Generationen“ kommt nicht von ungefähr. Fischer Tracht & Mode ist der letzte und einzige Handwerksbetrieb im Tal, der die Untergailtaler Tracht in aufwendiger Handarbeit und mit Liebe zur Tradition anfertigt. Noch – denn: Geschäftsinhaberin Elisabeth Urban sucht verzweifelt einen Betriebsnachfolger. Die 63-Jährige könnte sich im Grunde längst bequem zurücklehnen. Seit drei Jahren ist die Gailtalerin in Pension. Dennoch sperrt sie Tag für Tag das Geschäft auf und steht im Laden. „Das erste Jahr nach meinem Pensionsantritt 2019 habe ich verlängert, weil meine Schneiderin 2020 ihre Alterspension angetreten hat. Ursprünglich habe ich dieses Jahr geplant, meinen Ruhestand anzutreten. Aber es findet sich niemand, der das Geschäft übernehmen will“, klagt die Trachtenexpertin. So wartet Urban seit zwei Jahren auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin.
Auf sich alleine gestellt
Vorerst möchte sie „normal weitermachen“ aber unter anderen Voraussetzungen. „Ich habe vor, das Lager abzubauen und mit geänderten Öffnungszeiten den Betrieb weiterlaufen zu lassen. Wahrscheinlich werde ich dann nur ein paar Tage in der Woche geöffnet haben.“ Aktuell wird Urban von einer Praktikantin unterstützt die zum Bügeln der Trachten kommt. Ansonsten ist die 63-Jährige auf sich alleine gestellt und managt alles selbst. „Derzeit ist es besonders stressig. Es ist überall gerade irgendwo im Gailtal ein Kirchtag. Trachten müssen geändert, gestärkt und genäht und entworfen werden“, lässt die Schneiderin wissen.
Wo bleibt Nachfolge?
„Momentan hänge ich wirklich in der Luft und weiß nicht, wie es weitergehen soll“, sagt Urban. Bei der Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer habe sie schon lange inseriert und auch sonst alle Möglichkeiten ausgeschöpft um ein neues Zugpferd für das Unternehmen zu finden. „Ich habe keine Ahnung, warum es nicht klappt“, sagt Urban und schüttelt den Kopf. "Es gibt viele Frauen, die geschickt im Nähen sind. Ich bin gerne bereit im Hintergrund mitzuhelfen und zur Seite zu stehen“, will sie Interessenten Mut machen. Die Bedingungen stünden nicht schlecht. Der Betrieb ist über Jahrzehnte zu einer renommierten Schneiderei aufgebaut worden und verfügt über einen großen soliden Kundenstock. Neben privater Klientel, die sich für Trachten begeistert, zählen seit jeher Musikkapellen, Chöre und Tanzgruppen zu den Kunden von Fischer Trachten & Mode. "Kein Nachfolger bedeutet, dass ich über kurz oder lang die Schneiderei schließen muss", so Urban. Damit würde ein Stück Tradition aus dem Tal verschwinden und jene große Frage im Raum stehen lassen: Wer schneidert dann die Untergailtaler Tracht?"
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