Aufregung um Asylantenheim in Gratwein

Haus Toscana | Foto: Höfler
2Bilder
  • Haus Toscana
  • Foto: Höfler
  • hochgeladen von Edith Ertl

In Gratwein gehen die Wogen hoch. Ein offener Brief mit Betreff „Asylwahnsinn in Gratwein“ erregt die Gemüter. Angeprangert werden aber nicht die Asylanten aus Afghanistan, Somalia oder Syrien, mit den minderjährigen Flüchtlingen gibt es in Gratwein kein Problem. Der Grund liegt in der Offenlegung der Steuergelder, die für deren Unterhalt aufgewendet werden.

Großes Geschäft mit Flüchtlingen?

Zurzeit leben im Haus Toscana in Gratwein 40 junge Burschen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Das frühere Gasthaus wurde zu einer Bleibe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF), Jugendliche, die ohne Eltern nach Österreich geflohen sind, oder sie durch Kriegsereignisse verloren haben.

In einer Aussendung prangert Karl Ernst die Gelder an, die der Staat für die Betreuung der minderjährlichen Flüchtlinge zahlt. Nach Recherchen im Internet und deren Quellenangabe, nennt der Gratweiner Beträge in Millionenhöhe, die jährlich an das von Günther Gruber privat geführte Asylantenheim fließen.

„Ich bin kein Rassist“, betont Ernst. „Ich finde, dass ein Privater daran nichts zu verdienen hat, das soll der Staat in die Hand nehmen“. Aus seiner Sicht sprechen viele Gründe für eine staatliche Einrichtung, von der Schaffung kompetenter Arbeitsplätze bis zur kostengünstigeren Führung.

Wie viel aber bleibt dem privaten Betreiber von den Millionen?

Günther Gruber darauf angesprochen, nennt den offiziellen Tagessatz für UMF mit 62 Euro brutto. Damit werden die Leistungen für Unterbringung, Verpflegung und eine 24-Stunden-Betreuung abgegolten. „Wir stellen jedem Asylanten eine Fahrrad und eine Monatsfahrkarte für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung“, sagt Gruber. Mit einem Dutzend Mitarbeitern bereitet er die Jugendlichen auf ein selbständiges Leben als Erwachsener vor. „Viele in unserer Obhut haben zuvor noch nie ein Geld gesehen, wir gehen mit den Jugendlichen einkaufen, bringen ihnen unsere Sprache bei, machen Freizeitprogramme und suchen für sie eine Lehrstelle, damit sie sich später zu hundert Prozent selber versorgen können“. Vom Tagessatz werde auch die medizinische und psychotherapeutische Behandlung durch Fachpersonal vom Betreiber der UMF-Einrichtung bezahlt.

Zustimmung, Beschimpfungen, Klagedrohung

Binnen kürzester Zeit erhielt Karl Ernst Hunderte Mails, „in den meisten wird mir zugestimmt“, sagt der Versender des Flugblattes. „Ich bin mit einer Ausländerin verheiratet und habe Freunde in jeder Hautfarbe“ begegnet er dem Vorwurf, rassistisch eingestellt zu sein. Ernst will als mündiger Staatsbürger seine Meinung sagen dürfen, ohne deshalb als ausländerfeindlich diffamiert zu werden. „Ich werde weiter auskundschaften, was andere Asylheime an Steuergeldern bekommen. In Gratwein habe ich angefangen, weil ich hier wohne“.

Die Aufregung in Gratwein ist so groß, dass sich Bgm. Gerald Murlasits zu einer Stellungnahme seitens der Gemeinde veranlasst sah. „Die Marktgemeinde Gratwein distanziert sich entschieden gegen jegliche Art solcher Aktionen von Privatpersonen. Was die finanzielle Seite dieses österreichischen Systems (z.B. Tagessatz, Taschengeld) betrifft, hat die Gemeinde absolut keine Handhabung. Ich möchte betonen, dass noch kein einziger Cent direkt aus der Gemeindekasse weder an den Asylgeber (Herrn Gruber) noch an die Asylanten ausbezahlt wurde. Abschließend möchte ich erwähnen, dass die jungen Burschen von sich aus Gemeindeveranstaltungen besuchen, teilweise am Vereinsgeschehen teilnehmen und sich somit gut ins Gemeindegeschehen integrieren“, so Murlasits.

Gruber sieht sich ob der immensen Summen angeprangert: „Man kann leben davon, aber man wird nicht zum Millionär“. Er stehe ständig in Rufbereitschaft, wenn Jugendliche unter Heimweh leiden oder Nächtens krank werden. „Wenn unsere Arbeit schlecht ist, dann hat die Gesellschaft ein Problem“, so Gruber. Verrissen sieht sich auch Karl Ernst. Ihm wird jetzt seitens des Betreibers mit einer Klage gedroht.

Die Statistik Austria weist mit Stand vom 1.Oktober 2014 für das heurige Jahr Asylanträge von unbegleiteten Minderjährigen wie folgt aus: 66 im Alter unter 14 Jahren und 1.261 im Alter ab 14 bis 18 Jahre. Spitzenreiter nach Staatsangehörigkeit ist Afghanistan, gefolgt von Somalia, Syrien und Nigeria. Von Jänner bis September wurden in Österreich 16.238 Asylanträge gestellt (Vergleichszeitrum zum Vorjahr: 12.739). Die Anträge stammen von 11.999 Männern und 4.239 Frauen. Bei den Erwachsenen gliedern sich die Top 5 nach Staatsangehörigkeit wie folgt: Syrien (4.720), Afghanistan (2.818), Russische Föderation (1.230), Somalia (806) und Kosovo (532).

Haus Toscana | Foto: Höfler
Haus Toscana, Gratwein | Foto: Höfler
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

4 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.