Heuchlerisches Wunderland
Verbrannte Erde auch in Kalsdorf bei Graz
Nur ein winziger Teil unseres Planeten besteht tatsächlich aus fruchtbarer Erde. Es ist eine hauchdünne Hülle aus wenigen Zentimetern, die den Planeten überzieht und unser Überleben sichert, denn mehr als 95 Prozent unserer Lebensmittel sind von fruchtbarer Erde abhängig.
Umso mehr wundere ich mich als Bürger, dass in Kalsdorf bei Graz zugunsten der stetigen Erweiterung der Gewerbe- und Industriezone zulasten der Landwirtschaft eine „Riesen-Ackervernichtung“ zugelassen wird. Die fruchtbare Erde wird dort mit Füßen getreten – überzeugen Sie sich selbst davon. Dort finden gegenwärtig unglaubliche Erdbewegungen statt. Die fruchtbare Erde wird dort zu riesigen Hügeln zusammengeschoben – man glaubt, hier entsteht ein Wunderland für Mountainbiker. Bald wird auch dort der Boden mit Gebäuden versiegelt sein, nur weil die Ackergründe für die Firmen günstig neben der Autobahn-Auf- und Abfahrt liegen. Über die Abholzung des Regenwaldes zu jammern, ist in diesem Fall sehr heuchlerisch!
In den letzten 150 Jahren hat die Welt beinahe die Hälfte des fruchtbaren Bodens verloren. Alle fünf Sekunden verliert die Erde landwirtschaftliche Flächen in der Größe eines Fußballfelds. Geht es weiter wie bisher, könnten bis 2050 90 Prozent der weltweiten Landfläche degradiert sein. Das sind keine Hiobsbotschaften von NGOs oder einzelnen Wissenschaftlern. Nein, das ist eine Warnung der Welternährungsorganisation (FAO), einer Teilorganisation der Vereinten Nationen.
Als wären die Klimakrise und das Artensterben nicht genug, haben wir es jetzt also auch noch mit einer Bodenkrise zu tun. Wie auch der Klimawandel, passiert das langsam, kaum spürbar. "Wir verlieren den Boden nicht von einem Tag auf den anderen", sagt der Mediziner und Biologe Martin Grassberger. Es sei ein "Leises Sterben", wie der Titel seines kürzlich erschienenen Buches lautet. Nicht nur fruchtbarer Boden, sondern auch der von ihm abhängige Mensch blicke einer ungewissen Zukunft entgegen.
Die Böden der Erde sind die Grundlage für die Erzeugung der allermeisten Nahrungsmittel; als Voraussetzung für die Entstehung der Landwirtschaft sind sie auch die Basis unserer Zivilisation. Sie sind auch ein Beispiel dafür, dass wir oft die Leistungen von Ökosystemen, von denen wir abhängen, kaum erkennen – und sie nicht immer gut behandeln.
Folgender Schlussabsatz: Quelle NABU Hartmut Netz
Dass der Mensch den Boden, von dem er lebt, wie Dreck behandelt, ist rational kaum nachvollzierbar. Böden filtern verschmutztes Wasser, erhalten die Artenvielfalt, binden klimaschädliches Kohlendioxid und erzeugen Nahrungsmittel – kurz: sie sind die Grundlage allen Lebens. Boden besteht aus Erdreich, einem komplexen Biomaterial, das die meisten Lebewesen auf diesem Planeten beherbergt: Kleinsäuger, Schnecken, Würmer, Insekten, Algen, Pilze und eine Vielzahl von Bakterien bilden ein Beziehungsgeflecht, das auch das oberirdische Leben entscheidend beeinflusst. Trotzdem ist fast alles, was sich in einer Tiefe von mehr als zehn Zentimetern abspielt, noch weitgehend unerforscht.
Nutzen wir doch vermehrt leerstehende Gebäude und Hallen anstatt den fruchtbaren Erdboden!
Regionaut Erich Timischl
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