Christian Knill: "Ich könnte auch woanders fertigen"

Christian Knill (re.) am Tisch mit WOCHE-Redakteur Johannes Häusler.
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WOCHE: Wie sehen Sie als Teil der Weizer Industriegeschichte die Zukunft des Standortes Weiz? Christian Knill: "Mein Herz ist stark an Weiz gebunden. Wir versuchen lohnintensive Fertigung an anderen Standorten zu tätigen und trotzdem langfristig den Standort in Weiz mit höherwertigen Arbeiten abzusichern. "
Das bedeutet, ich nehme schon einiges an Wertschöpfung in Weiz raus, kreiere hier aber höherwertige Arbeiten. Sei das im Engineering-Bereich oder eben bei den hochwertigen Fertigungen. Alles, wo wir international noch mithalten können, versuchen wir hier zu halten. Damit ändert sich auch das Beschäftigungsverhältnis. Früher hatten wir 70 Prozent Arbeiter, 30 Prozent Angestellte, heute haben wir ein Verhältnis 50-50."

Wo sehen Sie Ihre Firma in Weiz in 15 Jahren? "Nach wie vor als Kompetenz-Zentrum, als Drehscheibe des ganzen technischen Angebots, als Wissensträger und natürlich weiterhin als Fertigungsstätte für hochwertige Produkte. Ich könnte theoretisch die Fertigung auch anderswo machen, aber ich will sie hier behalten."

Die Familie Mosdorfer-Knill ist seit über 300 Jahren Teil der Weizer Wirtschaftswelt und großer Unterstützer in Sport und Kultur. Inwiefern fühlt man sich da verantwortlich für die Stadt oder die Region? "Ich sehe es schon als meine Aufgabe, Jobs hier in Weiz zu sichern. Dem stelle ich mich auch gern und daher ist es mir auf jeden Fall wichtig, was mit Weiz oder der Region generell passiert."

Gehen wir zurück in die Vergangenheit. Wenn man so wie Sie in eine Dynastie geboren wird, wie wächst man da auf? Hatten Sie als Kind immer schon den Berufswunsch, den Familienbetrieb zu übernehmen? "Nein, wirklich nie. Das kam erst sehr spät. Ich wollte immer Tennisspieler werden. Sport hat mich fasziniert. Mein Vater, beziehungsweise meine Eltern haben mich immer ziemlich außen gehalten. Aber sie haben uns dann doch so mit eingebaut, dass es uns gar nicht aufgefallen ist, dass wir etwas mitbekommen vom Unternehmen. Ehrlich gesagt, habe ich aber bis ich etwa 15 war, gar nicht gewusst, was wir wirklich machen. Dann hat mich mein Vater immer wieder auf Auslandsreisen mitgenommen, Feiern und der gleichen. Damit bin ich eher über die sonnigen Seiten in den Betrieb gekommen und dann hat es angefangen zu interessieren. Das Reisen hat mich immer schon interessiert, das Ausland und Neues kennen zu lernen. So sind wir also beide – mein Bruder Georg und ich – in den Betrieb hinein gewachsen."

Wann sind Sie in den Familienbetrieb eingestiegen? "Als es dann ans Studieren ging, da habe ich erkannt, dass ich sportlich nicht viel weiter kommen werde und dass ich etwas anderes auch machen muss. Meine Frau und ich haben dann auch schon relativ früh Kinder bekommen. Bei meinem ersten war ich 20. Wir sind dann nach Graz gezogen und brauchten natürlich auch Geld. Da war es klarer Weise naheliegend, dass ich in der eigenen Firma anfange, neben meinem Studium der Betriebswirtschaft. Das bedeutet natürlich: ich bin kein Techniker. Aber Mathematik und Zahlen haben mir immer schon gefallen.

Ihre Schwestern sind nicht im Unternehmen tätig? "Wir haben das relativ früh geklärt, dass die Schwestern sich etwas außerhalb des Unternehmens suchen. Damit einfach nicht zu viele mitreden in der Firma. Je weniger desto besser. Unser Vater hat damals schon weitsichtig darauf geachtet, dass er zwei ziemlich gleich große Bereiche aufbaut. Damit er sie zwischen seinen beiden Söhnen, meinem Bruder und mir, aufteilen kann und das alles im Falle eines Streits so geregelt ist, dass wir auseinander gehen können. Rechtlich sind wir zwischen den Firmen überhaupt nicht verbunden. Aber wir haben jeweils 50% in den beiden Holdings und ich steuere operativ die eine, mein Bruder die andere. Wir mischen uns relativ wenig beim anderen ein, auch wenn wir beide im Aufsichtsrat sitzen. Wir lassen uns gegenseitig aber freie Hand."

Akzeptiert man vom Bruder Kritik leichter als von jemand anderem? "Zumindest leichter als vom Vater! Aber ob von jemand anderem, würde ich nicht behaupten, aber ich vertrage schon Kritik, das kann ich einstecken. Das gilt auch für Georg. Unsere Politik dabei ist: wir wollen alles auf dem Tisch haben. Ich bin aber schon jemand charakterlich, der eher viel anstaut und irgendwann lass ich alles raus. Ich bin keiner, der jede Kleinigkeit gleich anspricht. Mein Bruder ist da ähnlich. Aber wenn es mir dann zu viel wird, lass ich es schon raus."

Wenn Sie zurück denken, hatten Sie einen Helden, als Sie jung waren?
"Naja, im Tennis hat es natürlich schon immer Vorbilder gegeben."

Björn Borg? "Nein, Stefan Edberg war mein Idol. Aufschlag – Volley hat er perfekt gekonnt, das wollte auch immer probieren."

Was sehen Sie als Ihr größtes Talent an?
"Ich glaube, dass ich sehr schnell Zusammenhänge, das Große und Ganze erkenne. Auch wenn Dinge kompliziert sind, dann kann ich diese – so glaube ich – einfach zusammenfassen. Für mich selbst aber auch für andere. Ob das ein Talent ist, weiß ich jetzt nicht. Ich muss natürlich tagtäglich viel an Information filtern. Dann werde ich natürlich auch zu vielen Dingen befragt, von denen ich keine Ahnung hab und trotzdem irgendwie die Essenz verstehen muss. Mein Nachteil ist eben, dass ich, wenn es in die Details geht, jemanden brauche, den ich dazu rufe.
Ich versuche auch immer so schnell wie möglich auf den Punkt zu kommen. Das hat schon etwas mit Ungeduld zu tun. Ich kann nicht stundenlange zuhören, wenn nur bla bla kommt. Das halte ich nicht aus. Man merkt mir auch sofort an, wenn ich von etwas rede, wo ich nicht voll dahinter stehe oder sattelfest bin. Da fühle ich mich dann auch nicht wohl."

Welche Stärken sehen Sie noch an sich? "Ich glaube, dass ich Menschen mitreissen, sie motivieren kann. Vor allem in der Firma, aber auch in der Familie. Und ich denke, dass ich sehr humorvoll bin. Ich kann mir schwer vorstellen, dass man mich oft schlecht gelaunt sieht. Grundsätzlich bin ich optimistisch. Mich erschüttert wenig. Außer eben Todesfälle oder so etwas, das haut einen schon aus der Bahn.
Aber ich habe einfach Spaß an dem, was ich mache und das überträgt sich auf andere.
Vielleicht ist mein Talent auch, dass ich in vielem Chancen sehe. Wir kaufen ja auch immer wieder Firmen, oder sind auf Märkten unterwegs, wo wir noch nichts verkaufen, da ist für mich gleich überall eine Chance. Wenn ich bei einer anderen Firma bin, sehe ich auch immer etwas, was ich mir abschauen kann. Ich bin niemand, der immer alles neu erfinden will, sondern versuche von überall etwas mitzunehmen."

Gibt es einen Berg, den sich noch besteigen wollen?
"Ja, viele. Die kann ich gar nicht alle aufzählen. Aber ich bin schon einiges gestiegen und hab auch schon höhere versucht, wie zum Beispiel den Elbrus (5.642m). Was ich aber schon bemerkt habe, ist, dass Höhe nicht so wichtig ist, als das „Wie“ ein Berg zu erklimmen ist. Formschöne und meinem Schwierigkeitsgrad entsprechende Touren sind mir lieber, als hohe und bekannte Berge.
Ich war auch auf dem Mont Blanc, aber der schönener war der Ortler. Der Glockner ist für mich auch ein wunderschöner Berg. Davon gibt es aber auch in der Steiermark viele, die nicht unbedingt die höheren sind. Ob das jetzt die Eisenerzer Berge sind, oder das Gesäuse, die Schladminger, es gibt so viele schöne Berge hier. Leider ist jetzt auch einer, mit dem ich viele schöne Erlebnisse hatte, vor kurzem gestorben. Walter Schweiger. Das war tragisch. Das Problem ist, dass das vielen guten Bergsteigern passiert. Bei Hobbytouren, quasi, wenn man nicht so konzentriert ist. Das ist dann auch Schicksal."

Haben Sie vor irgendetwas Angst? "Ja, grundsätzlich fliege ich nicht gerne und bin immer froh, wenn ich wieder am Boden bin. Ich bin wirklich etwas höhenängstlich. Es gibt mir aber viel, wenn ich diese Angst dann überwinde, wie beim Klettern. Das Schlimmste für mich wäre aber, wenn eines meiner Kinder vor mir stirbt."

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
"Grundsätzliche meine ich schon, dass jeder mal einen Fehler machen kann, solange man daraus lernt und nicht noch mal eins zu eins den selben macht. Aber etwa in der Markteinschätzung können schon immer wieder Sachen passieren, die nicht so eintreten, wie man es sich erhofft hätte, weil Dinge eben anders eingetreten sind. Wenn man also das Marktverhalten falsch einschätzt, kann jedem passieren."

… und auf privater Ebene?
"Wenn jemand etwas falsch macht, ist das für mich kein Problem. Man muss ja auch lernen können. Was ich überhaupt nicht mag, ist, wenn mich wer anlügt. Das mag ich gar nicht. Mir etwas vorzuspielen oder anzulügen, da verzeihe ich nicht so leicht. Alles andere – außer Ehrlichkeit ist für mich verzeihbar.

Können Sie einen großen Fehler nennen, den Sie je begangen haben? "Was mich lange gewurmt hat und wo ich mir vorstelle, dass ich es hätte besser machen können, war sicher die Erziehung unserer Kinder. Das heißt konkret, die Grenzen nicht eingefordert zu haben. Das werfe ich mir vor und daran habe ich lange gekiefelt. Da macht man sich dann Vorwürfe, dass du dir zu wenig Zeit genommen hast, oder das was anderes wichtiger war, was auch immer. Grenzen muss man auch einfordern, sonst sind sie für nichts. Gerade wenn die Kinder in die Pubertät kommen, ist das wichtig. Da werfe ich mir vor, dass ich das besser hätte machen sollen."

Was ist Ihr Schlüssel zum Erfolg?
"Wenn ich es kollektiv sehe, also unternehmerisch, dann ist das wesentliche, dass das Ziel klar kommuniziert wird, dass alle mitziehen und wissen, was ihr Beitrag ist. Alle müssen wissen, wohin es geht und – um das berühmte Bild zu verwenden – dabei nicht wissen, wie man das Schiff baut. Dann gehört da dazu, dass man die richtigen Leute an seiner Seite hat, mit denen man das Ziel umsetzen kann. Das ist ja auch bei einer Bergtour das gleiche. Da schaue ich schon, dass das Team passt. Erreicht man ein Ziel nicht, liegt das meist schon an den Vorraussetzungen. Auf den Berg in einem Kollektiv kommen entweder alle, oder keiner."

Was möchten Sie in Ihrem Leben noch tun? "Ich würde gerne eine Zeitlang im Ausland arbeiten. Das hat mich immer schon fasziniert. Ich hatte dazu aber nie richtig Gelegenheit, auch wenn ich jetzt beruflich viel unterwegs bin. Ich bin aber auch unglaublich gern hier zu Hause, wohin man zurückkommen und so richtig in der frischen Luft durchatmen kann. Ich bin auch ein Fan von Jahreszeiten. Es immer nur warm zu haben, wäre gar nichts für mich."

Word-Rap

…Hochspannung: Unser Markt
…Entspannung: Ruhe

…Tradition: wichtig
…Krampus: früher Angst gehabt
…Gewerkschaft: passt gut zur Antwort vorher.

…Vertrauen: muss erarbeitet werden
…Geld: schön zu haben, aber nicht alles
…Träume: viele, Auslandsaufenthalt für ein paar Monate

…Freunde: echte Freunde nicht so viele, umso schöner aber, wenn dann etwas gemeinsam macht.

Biografie

Geb.Tag: 24.1. 1970
aufgewachsen in Weiz
Studium: BWL in Graz

verheiratet, vier Kinder
Haustiere: Hund, Katze, Vögel und Hühner

GF Knill Gruppe: seit 2002
Hobbys: Tennis, Berge „und die Gewerkschaften reizen“ ))

Als Mittagessen beim Plotzhirsch wählte…
… Christian Knill eine Indische Linsensuppe und eine Nudelpfanne Bolognese.
… Johannes Häusler das Trüffelrisotto mit Salat.

Wo: Plotzhirsch, Rathausg. 1, 8160 Weiz auf Karte anzeigen
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