Mentale Gesundheit
Es ist okay, sich nicht okay zu fühlen
Wenn alles ausweglos erscheint, braucht die Psyche Hilfe – idealerweise sucht man diese aber schon davor. In den Bereichen Angebot und Finanzierung besteht zwar noch Aufholbedarf, einige Weiterentwicklungen haben jedoch bereits stattgefunden. Ergänzend zu professionellen Behandlungen können sich auch Resilienztrainings als zielführend erweisen.
STEIERMARK. Plötzlich war alles anders. Auch wenn die meisten Menschen zu Beginn der Covid-19-Pandemie wohl nicht damit gerechnet hätten, in den kommenden Jahren die größte Gesundheitskrise seit Jahrzehnten zu erleben, stellte sich ihre Lebensrealität spätestens mit dem ersten Lockdown auf den Kopf. Arbeit von zu Hause, das Meiden sozialer Kontakte und zusätzliche Betreuungspflichten für Kinder brachten große Belastungen mit sich, die manche Menschen mehr, andere weniger trafen. So gaben neben der eigentlichen Virus-Erkrankung samt ihrer Spätfolgen auch psychische Probleme – quer durch alle Altersgruppen – zunehmend Grund zur Sorge.
Die Zahl der Fälle chronischer Schlaf- und Antriebslosigkeit, Ess- und Angststörungen stieg zusehends. Häufige Gründe waren Unsicherheiten am Arbeitsmarkt und die damit einhergehende Angst um den Arbeitsplatz sowie allgemeine Überforderung und daraus resultierend Zukunftsangst.
Hilfe suchen und annehmen
Wurden psychische Erkrankungen wie Depressionen lange Zeit als Tabuthema betrachtet, mit dem man alleine fertigwerden müsse, vollzog sich diesbezüglich in den vergangenen Jahrzehnten ein langsamer, aber steter Wandel, für den die Pandemiesituation und ihre Folgen als Katalysator wirkten.
Menschen, die trotz psychischer Erkrankungen nicht in Therapie sind und auftretende Gefühle verdrängen, sind einem deutlich erhöhten Selbstmordrisiko ausgesetzt. Dabei lässt sich ein Großteil der Krankheitsbilder mit psychologischer Therapie und gegebenenfalls Medikamentengabe gut behandeln, sodass Patienten langfristig eine deutliche Steigerung ihrer Lebensqualität wahrnehmen und Symptome auf ein verträgliches Maß ohne starkem Leidensdruck abgeschwächt werden. Auch wenn es vielen Betroffenen zunächst schwerfällt, professionelle Hilfe anzunehmen, steigt die Nachfrage kontinuierlich.
Wichtig: Selbst bei „kleinen“ Belastungen macht es durchaus Sinn, darüber zu sprechen – wie auch bei anderen Krankheiten kann viel Leid verhindert werden, erkennt man diese früh und wirkt entsprechend dagegen.
Obwohl, wie Fachleute betonen, in Sachen Angebot und Finanzierung vonseiten der politisch Verantwortlichen hierzulande noch viel zu tun ist, gibt es durchaus Lichtblicke für Menschen, die akut Hilfe benötigen, um die Hoffnung nicht zu verlieren. So wurden 2020 etwa vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) in Kooperation mit der Österreichischen Gesundheitskasse, der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) die BÖP-Helpline (Montag bis Donnerstag von 9 bis 13 Uhr, anonym und kostenlos unter 01/504 8000 erreichbar) ausgebaut und in diesem Rahmen zusätzliche klinische Psychologinnen und Psychologen angestellt.
Selbstschutz stärken
Nicht ganz neu, aber verdientermaßen in Mode ist das sogenannte Resilienztraining, sprich die Verbesserung psychischer Abwehrkräfte und persönlicher Ressourcen. Regelmäßig praktiziert ermöglicht dieses, mit Krisen sowie persönlichen Schicksalsschlägen besser umzugehen, und wirkt sich positiv auf Lebensfreude und Energie im Alltag aus. Bei einer schweren chronischen Belastung ist das Training zwar kein Ersatz für eine fachmännische Behandlung, aber eine gute Ergänzung. So kann etwa mit Meditation, bewusstem Genießen sowie der Stärkung der Selbstwirksamkeit viel für das persönliche Wohlbefinden und einen gesunden Geist getan werden.
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