Grazer Verkehrs-Zukunft: Eine Stadt sucht die perfekte Ebene
Verkehrskonzepte auf dem Prüfstand: Bei einem Online-Talk wurde die Mobilitätslösung für Graz gesucht.
Graz hat im wahrsten Sinne des Wortes Bahnbrechendes vor: Zumindest wenn es darum geht, ein Mobilitätskonzept (U-Bahn, S-Bahn, mehr Straßenbahn) für die nächsten Jahrzehnte zu entwickeln. Die Ideen der einzelnen Parteien liegen ja seit einiger Zeit auf dem Tisch, Diskussionsbedarf gibt es aber noch zur Genüge. Anfang dieser Woche gab es wieder die Möglichkeit, sich auszutauschen.
"Mehr Zeit für Graz", eine Initiative engagierter Bürger, hat über Zoom zu einer großen Abschlussveranstaltung mit Vertretern aller Parteien sowie Verkehrsexperten und Architekten geladen, die sämtliche Konzepte und deren Vor- und Nachteile beleuchteten.
Suche nach dem Konsens
"Ziel ist es, dass die Grazerinnen und Grazer die Chance haben, sich eine eigene Meinung zu bilden", sagen die Initiatoren Karin Steffen und Thomas Fiebich. Es sei ohnehin nicht einfach, bei all den unterschiedlichen Varianten, ob über der Erde oder eine Ebene darunter, den Durchblick zu bewahren. Deshalb gibt es auf der Website www.mehrzeitfuergraz.at sämtliche Infos.
Doch ganz egal, ob die Argumente von zugeschalteten Vertretern der Stadtregierung und Opposition, der Holding Graz, von Architekten oder Aktivbürgern kamen, Einigkeit herrschte zumindest hinsichtlich der gegenwärtigen Problemstellung. So müsse sich im Rahmen des "Modal Splits" der Anteil an Öffi-Fahrern (derzeit bei 19 Prozent) erhöhen bei einem gleichzeitigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur aufgrund des starken Zuzuges.
Ziel ist der Schulterschluss
Bei der Zielerreichung scheiden sich freilich die Geister. Die von ÖVP und FPÖ aufs Tapet gebrachte Mini-Metro mit zwei Linien wird dabei besonders kritisch betrachtet. "Dabei ist die Idee ja nicht von heute auf morgen entstanden. Eine Vielzahl an Experten hat über eineinhalb Jahre unzählige Varianten analysiert und die Wirksamkeit aller Systeme ausgewertet. Deshalb ist die Studie auch so umfangreich", führt Holding-Graz-CEO Wolfgang Malik aus.
Auf der Oberfläche sei zu wenig Platz. "Werden noch drei Straßenbahnlinien gebaut, hilft die ganze Innenstadtentflechtung nichts und die Trams stehen irgendwann im Stau." Er würde sich jedenfalls einen breiten politischen Schulterschluss wünschen, um Fördermittel vom Bund abzuholen.
Die Pendler-Frage
Größer ist auf der anderen Seite das S-Bahn-Lager: Von einem Ring (Idee der Grünen) über Führung der Schnellbahn auf der gründerzeitlichen Gürteltrasse (Idee von Architekt Fabian Wallmüller) bis zum City-Tunnel (Neos) reichen die Vorschläge. Die SPÖ würde neben dem Ausbau des Tram-Netzes auch die ungenutzen Schleppbahn-Trassen aktivieren und zwei zusätzliche City-Schnellbahn-Stränge einführen. Eine S-Bahn-Studie, beauftragt von Verkehrsstadträtin Elke Kahr, soll noch im Sommer präsentiert werden. Heftig debattiert wurde vor allem über die Tausenden Pendler, die frühzeitig abgeholt werden müssten, damit deren Autos erst gar nicht nach Graz hineinfahren. Verkehrsplanungschef Wolfgang Feigl sieht ein Park-&-Ride-Konzept für den Ballungsraum als Lösung. Neben neuen Anlagen in Webling und bei der Magna müsste ein Großteil der Pendler aber schon viel weiter draußen "abgefangen" werden. Und was passiert mit den Autos (Verbote, Citymaut, neue Tiefgaragen) in Graz? Das ist wohl eine eigene Debatte ...
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