Kämpferin für eine bessere Gesellschaft
Als Kind wurde sie als „Jugo“ beschimpft, heute schmunzelt Daniela Grabovac von
der Antidiskriminierungsstelle über die Bezeichnung „Gutmensch“.
Was war der letzte Fall von Diskriminierung, der Sie sehr geärgert hat?
Es gibt fast jeden Tag so einen Fall – leider. Etwa eine 82-jährige Frau, der ein Kredit verwehrt wurde, mit der Begründung, dass Sie zu alt sei. Oder: ein afrikanischer Chemiker, der eine Job-Absage erhält mit der Begründung „schon vergeben“ und dann ist die Stelle neu ausgeschrieben.
Welche Menschengruppen werden am öftesten benachteiligt?
Ethnie und Hautfarbe machen 30 Prozent unserer Fälle aus. An zweiter Stelle kommt die Religion, besonders die Islamfeindlichkeit hat zugenommen. Auch gleichgeschlechtlich Liebende werden oft ausgegrenzt und bekommen etwa eine Wohnung nicht. Im Gesetz ist das nicht als Diskriminierung verankert – gleich wie die Benachteiligung wegen der sozialen Herkunft, also etwa geringem Lohn.
Sie setzen sich seit 15 Jahren gegen Diskriminierung ein: Was hat sich verändert? Früher wurde offensichtlich diskriminiert. Es gab Wohnungsinserate mit der Angabe „keine Tiere, keine Ausländer“. Heute hat Diskriminierung nicht abgenommen, aber sie wird versteckter gezeigt. Da gibt es Stelleninserate für eine Reinigungskraft mit „perfekten Deutschkenntnissen“.
Warum entwickelt sich die Gesellschaft nicht weiter?
Weil viele Menschen jemanden suchen, den sie gedanklich unter sich platzieren können, damit sie sich stärker fühlen.
Werden Sie als Gutmensch angesehen?
Ja. Als Träumerin, die an Utopien glaubt. Aber wenn man aus Ex-Jugoslawien kommt und erlebt hat, was der Krieg bewirkt, und wie Menschen auf Ethnien und Religion reduziert werden, weiß man, wie wichtig es ist, gegen jegliche Diskriminierung einzutreten.
Stichwort Emanzipation: Bekommen Sie viele Beschwerden von Frauen?
Wenige, dafür gibt es eigene Anlaufstellen. Aber natürlich hören wir von der Frage nach dem Kinderwunsch bei Bewerbungsgesprächen. Klar ist: Man wird schneller ausgegrenzt, wenn man mehrere Diskriminierungs-Kriterien hat: etwa „Frau“ plus „andere Ethnie“.
Gibt es auch spezielle Anliegen von Männern?
Ja. Einige Männer meinen, dass Frauen heute bevorzugt werden – etwa weil es Frauen-Parkplätze gibt. Da sieht man: Sie verstehen weder die Gründe dafür, noch, worum es bei Gleichberechtigung eigentlich geht.
Hat der Feminismus einen schlechten Ruf?
Ja. Es gibt das Bild von der hässlichen Frau, die Männer frisst. Dahinter steckt Strategie: Männer, die Feministin-nen diffamieren, wollen oft ihre eigene Position sichern.
Ihre erste Erfahrung mit Ausgrenzung in der Kindheit?
Meine Eltern sind klassische Gastarbeiter, ich hatte selbstgestrickte Kleidung. In der Volksschule hat mich ein Bub „Jugo“ genannt. Ich habe ihm eine Ohrfeige gegeben. Die Lehrerin hat uns dann beide zurechtgewiesen. Manchmal war es mir auch peinlich, meinen Nachnamen zu sagen, weil der auf meine Herkunft schließen lässt.
Wie kam es zum Einsatz für Benachteiligte?
Im Jus-Studium befasste ich mich mit der Ausländer-Beschäftigungsbewilligung, machte ein Praktikum bei der Integrations-NGO „Helping Hands“ Wien. Mein erster Fall war ein Afrikaner, der in einem Lokal den Moonwalk tanzte. Der Kellner erklärte ihn für verrückt und rief die Polizei, der Mann landete dann fälschlicherweise in der Nervenheilanstalt.
Sie helfen in Einzelfällen, die Gesellschaft ändert sich kaum. Resignieren Sie nicht? Anfangs galt ich als Netzbeschmutzerin, das war hart. Aber langsam tut sich etwas. 2004 kam etwa das Gleichbehandlungsgesetz. Ich selbst möchte möglichst vielen Menschen helfen. Den Leuten selbst geht es oft nicht um Schadenersatz, sondern um Anerkennung. Eine Frau hat gesagt: „Ich habe mich wie ein Tier gefühlt. Nun habe ich meine Würde zurück.“
STECKBRIEF
- geboren am 24. 8. 1976
- Jus-Studium, Gründerin der Anti-Rassismus-Organisation „Helping Hands“ Graz, leitet seit 2012 die Antidiskriminierungsstelle Steiermark
- Grazer Menschenrechtspreis 2007
- lebt mit Mann und Kind in Graz
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