Kein Weg führt zur Grazer Kernstockwarte
Immer wieder wird der Pfad zur Kernstockwarte abgesperrt. Ein Servitutsrecht existiert, Verhandlungen laufen.
Hohe Wellen schlug der in der Ausgabe vom 31. März erschienene WOCHE-Artikel rund um die Probleme mit abgesperrten oder derzeit nicht begehbaren Wanderwegen im Grazer Stadtgebiet. Zahlreiche Leser schilderten aktuelle Beispiele, vor allem aus den städtischen Randbezirken. Die Grüne Gemeinderätin Andrea Pavlovec-Meixner stellte dazu auch einen dringlichen Antrag in der März-Gemeinderatssitzung mit dem Ziel, dass sich die Stadt für den Erhalt der Wege einsetzt und rechtliche Optionen zur Sicherung des Wegenetzes geprüft werden.
Aussichtspunkt seit 100 Jahren
"Ich werde in der nächsten Sitzung am 29. April mit der gesammelten Liste an Wanderweg-Problemen eine Initiative einbringen, damit die Situation bei allen geschilderten Fällen auch rechtlich geklärt wird", erklärt Pavlovec-Meixner.
Ein besonders schwieriger Fall beschäftigt alle Beteiligten bereits seit Jahren in Eggenberg. Konkret geht es dabei um den Zugang zur Kernstockwarte auf der Hubertushöhe. Diese niedrige Aussichtsplattform, die sich im Besitz der Stadt Graz (GBG) befindet, wurde in den Jahren 1928/29 errichtet und steht unter Denkmalschutz. Die Erreichbarkeit ist allerdings seit Jahren ein Problem, da der klassische Weg über ein Privatgrundstück vom Liegenschaftseigentümer manchmal abgesperrt wird. "Man könnte zwar an der Absperrung vorbeigehen, aber natürlich schreckt ein Schranken oder eine Kette die Wanderer ab", sagt Eggenbergs Bezirksvorsteher Robert Hagenhofer.
Sperre trotz Servitutsrecht
Die Situation ist verworren: "Eigentlich gibt es seit 1931 ein bestehendes Servitutsrecht (Anm.: das Recht, über das Grundstück eines anderen Eigentümers zu gehen) auf der Grundparzelle, wonach der Weg zur Warte über das Grundstück einer Familie führt." Früher, als das Gasthaus auf der Hubertushöhe noch in Betrieb war, war der Weg, der teilweise schmal und leicht verwachsen ist, sehr beliebt. Heute seien die Absperrungen ein Hemmschuh. Die GBG hat sogar ein eigenes Begehungsprotokoll entworfen, wo eingetragen werden sollte, wann und in welcher Form der Servitutsweg nicht frei begehbar ist. Schon seit Jahren gibt es auch Verhandlungen zwischen der Immobilienabteilung der Stadt, der GBG und der betroffenen Familie, die letzte fand erst kürzlich statt. In der Zwischenzeit hat die GBG sogar einen Alternativweg zur Warte erarbeitet, der eine besser Aussicht bieten würde, aber auch über das Grundstück besagter Familie führt. Noch haben die Verhandlungen kein konkretes Ergebnis gebracht.
Rein rechtlich gesehen könnte das Servitutsrecht im schlimmsten Fall auch von Seiten der Stadt erstritten werden. Bezirksvorsteher Hagenhofer hofft jedenfalls auf eine gute Lösung für alle Beteiligten: "Wir würden uns wirklich wünschen, dass es unseren Bürgern gerade in Corona-Zeiten leichter gemacht wird, unseren Grüngürtel besser zu nutzen."
Leser-Aufruf
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