Familienflüsterer Dr. Streit
Ruhig bleiben und abwarten

In der Ruhe liegt die Kraft: Abwarten hilft die Selbstkontrolle zu Behalten. | Foto: pixabay.com
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  • In der Ruhe liegt die Kraft: Abwarten hilft die Selbstkontrolle zu Behalten.
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Familienflüsterer Philip Streit gibt Tipps, wie wir unsere Impulse und die unserer Kinder ihr kontrollieren können.

Manchmal geht es einfach mit uns durch uns. Wir schmeißen im wahrsten Sinn unsere Nerven weg. Im positiven Sinn, wenn wir vor lauter Begierde nicht verzichten können oder die Freude überschwänglich, ja manisch, wird. Im Negativen allerdings, wenn wir vor Wut und Zorn am liebsten alles kurz und klein schlagen und wild herumschreien möchten. Bis zu einem gewissen Grad ist das ganz normal. Es dauert einfach bis unser Gehirn die Balance zwischen Gefühlsimpulsen, durch wahrgenommene Bedrohung und Aussicht auf Erfolg, und der notwendigen Strukturierung durch das Großhirn herstellt.

Selbstkontrolle ist kein Schicksal

Selbstkontrolle nennt das die Psychologie. Diese setzt aus, wenn unsere Batterie überfordert ist. Das bedeutet, dass wir müde sind oder unter Dauerstress leiden beziehungsweise dann, wenn unser Selbst überfordert ist. Das Selbst in uns ist diese Instanz, die die richtigen Sätze und Anweisungen für unser Handeln aussendet. Setzt es aus, verlieren wir unsere Selbstkontrolle. Das ist über kurz oder lang, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn, quälend.

Zugleich bedeutet dies aber auch, dass mangelnde Selbstkontrolle kein Schicksal ist, sondern wir es weitgehend in der Hand haben, wie sehr unsere Selbststeuerung ausgeprägt ist. Es geht im Großen und Ganzen darum, unser Selbst zu stärken.

Wie das geht sehen wir an der Sozialisation: Unsere Kinder müssen im Laufe ihrer Entwicklung Stück für Stück Selbstkontrolle aufbauen. Dies geht über den Beziehungsaustausch mit anderen. Daran lernen sie, ob sie selbst Etwas wert sind, ob sie selbst Etwas zusammenbringen und ob sie das auch für sich glauben können.

Lernprozess

Das heißt die gültige Erkenntnis der pädagogischen Psychologie lautet: Wie stark unsere Selbstkontrolle ist, hängt von der Qualität unserer Beziehungen ab. Wird unkontrolliert und wertend mit uns umgegangen, so Verhalten wir uns auch anderen gegenüber so und beherrschen uns kaum. Wenn wir aber durch gelingende Beziehungen lernen, können wir uns zurückziehen und abwarten. Wir lernen dadurch uns zu fangen und rechtzeitig Pause zu machen. Dieser Lernprozess ist nicht nur auf die Kindheit beschränkt, sondern funktioniert ein Leben lang.

Tipps

Hier nun einige Tipps, wie Sie bei sich und bei Ihrem Kind eine gute Selbststeuerung aufbauen können: 

1. Nehmen Sie sich und ihr Kind so wie Sie beide sind, mit allen Stärken, Schwächen und so weiter. 
2. Setzen Sie sich nach Möglichkeit, klare Rahmen und Abläufe. Bauen Sie auch für Ihr Kind Struktur auf.
3. Versuchen Sie zu bemerken, wann die Unbeherrschtheit kommt. Achten Sie auf Zeichen von Innen. Das braucht anfangs etwas Zeit, gelingt aber mit Sicherheit.
4. Wenn Sie diese Zeichen bemerken, halten Sie inne. Verankern Sie dieses innehalten, so dass der Zusammenhang lautet: Negativer Impuls = warten.
5. Reden Sie dann mit anderen, suchen Sie Beziehung und tauschen Sie sich aus.
6. Reden Sie auch mit sich selbst, im positiven Sinn. Sagen Sie sich, dass alles schon gut gehen wird.
7. Üben Sie Schritt für Schritt und freuen Sie sich über die neugewonnene Selbststeuerung und Selbstbeherrschung und die Fähigkeit Pausen zu machen. Probieren Sie es einfach aus.
8. Visionen und strukturierte Pläne, die für und wider abwägen, helfen. Ebenso wie Begeisterung dafür und eine leichte Kontrolle von außen.

So erarbeiten Sie sich für viele positive, wie negative Situationen ein reichhaltiges Repertoire, das Sie befähigt, zunächst einmal ein und aus zu atmen, abzuwarten und anschließend das Gefühl aufkommen zu lassen, dass Sie etwas können und, dass Sie die Situation effizient beherrschen.

Der Experte

Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater.
Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das auch jetzt für Sie unter 0316/77 43 44 da ist. Die "Stark und Positiv – Gerade jetzt“-Hotline ist unter 0699 16030001 rund um die Uhr erreichbar.
Web:www.ikjf.at
Leser-Fragen bitte an: redaktion.graz@woche.at

Der Experte: Familienflüsterer Dr. Philip Streit | Foto: Jorj Konstantinov
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