Belastete Straßennamen: "Graz, wir müssen reden"
Unter dem Leitsatz "Graz wir müssen reden" präsentierte die Grazer SPÖ am 24. Jänner ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen belastete Straßennamen.
Conrad von Hötzendorf war ein Kriegstreiber, der ehemalige Wiener Bürgermeister Karl Lueger ein bekennender Antisemit, Ottokar Kernstock ein deutschnationaler Dichter und Kriegspropagandist. 20 Straßennamen gelten in Graz als besonders belastet – das ist das Ergebnis eines mehr als 1.000 Seiten umfassenden Expertenberichts, der im November 2017 fertiggestellt wurde.
"Der vom Gemeinderat beschlossene Bericht zum Thema wurde schon vor über einem Jahr fertiggestellt – es ist an der Zeit für eine Debatte", ruft SP-Klubobmann Michael Ehmann die schwarzblaue Stadtkoalition zur Tat auf und präsentiert ein Maßnahmenbündel, mit dem man die Bevölkerung dazu animieren möchte, sich aktiv mit der Vergangenheit dieser Namen auseinanderzusetzen. Ziel ist die Sensibilisierung der Bevölkerung, die anschließend selbst über die Umbenennung der Straßenzüge entscheiden soll: "Das 'Wie' in Hinblick auf den weiteren Umgang mit den Namen soll primär bei den Anrainerinnen und Anrainern, den Grazerinnen und Grazern liegen."
Informieren und aufrütteln
Der SP-Klubobmann führt die geplanten Maßnahmen näher aus: "Jeweils am Beginn und am Ende jeder dieser belasteter Straßen soll quer über die gesamte Fahrbahn und den Gehsteig eine besondere Pflasterung verlegt werden. Wir wollen damit – und das im wahrsten Sinne des Wortes – ein wenig aufrütteln." Begleitend dazu ist eine Info-Kampagne geplant: "Hierfür sollen City-Lights und die Webseite der Stadt Graz, zu der man über QR-Codes gelangen könnte, genutzt werden."
In dieselbe Kerbe schlägt auch Karin Schmidlechner, stellvertretende Vorsitzende der städtischen Expertenkommission zum Thema "belastete Straßennamen": "Es reicht nicht, Informationen lediglich über das Internet auszuspielen. Für eine möglichst breite Sichtbarmachung braucht es den öffentlichen Raum."
Stele vor dem Landesgericht
Angestoßen vom ehemaligen SPÖ-Stadtrat Karl-Heinz Herper, der heute Mitglied des Grazer Menschenrechtsbeirats ist, spricht sich die Grazer SPÖ vor dem Landesgericht in der Conrad-von-Hötzendorfstraße indes für die Errichtung einer Stele aus – im Zuge eines künstlerischen Wettbewerbs für das von der Stadt ausgeschriebene Kulturjahr 2020. "Dieser Standort ist in vielfacher Hinsicht von Bedeutung: Sowohl in Hinblick auf die Rolle von Conrad von Hötzendorf als auch in Hinblick auf die vielen Hinrichtungen, die an diesem Ort während des Nazi-Regimes stattfanden", so Herper.
20 als sehr problematisch eingestufte Straßennamen:
- Alfred-Coßmann-Gasse
- Ambrosigasse
- Conrad-von-Hötzendorfstraße
- Dr.-Hans-Kloepfer-Straße
- Dr-Karl-Lueger-Straße
- Dr.-Muck-Anlage
- Dr.-Robert-Graf-Straße
- Etrichgasse
- Gustav-Hofer-Weg
- Jahngasse
- Jaritzweg
- Kernstockgasse
- Leo-Scheu-Gasse
- Luigi-Kasimir-Gasse
- Max-Mell-Allee
- Nernstgasse
- Pambergergasse
- Pfitznergasse
- Rudolf-List-Gasse
- Walter-Semetkowski-Weg
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