Nachruf
Ivica Osim, ein Mann der großen und leisen Worte
Am vergangenen Sonntag ist die Sturm-Ikone Ivica Osim im 81. Lebensjahr verstorben. Wir erinnern uns an ihn – gemeinsam mit der Fan-Plattform sturmnetz.at an seine besten Zitate.
GRAZ. Er war Philosoph, Fußball-Fanatiker, in Graz und Sarajevo verankert und dennoch auf der ganzen Welt zuhause: Ivica Osim, Jahrhhundert-Trainer des SK Sturm.
Was ihn ausgemacht hat, beschreiben wohl am besten seine Taten und seine Worte – deshalb lassen wir ihn einfach noch einmal selbst zu Wort kommen. Die besten Sprüche von Ivica Osim, danke an sturmnetz.at und Günter Kolb für die Überlassung dieser großartigen Dokumentation.
"Sturm ist wichtiger als jeder Spieler"
Ein Satz, der mehr über den Sturm-Geist aussagt als jedes Leitbild, stammt auch vom großen Bosnier: "Sturm ist wichtiger als jeder Spieler". Und den Spielern machte er seine Fußball-Idee relativ schnell klar:
"Nur mutige Mannschaften schreiben Geschichte. Es gibt immer die Möglichkeit, etwas mehr Selbstbewusstsein zu haben als der Gegner und etwas zu probieren."
Ivica Osim, Jahrhhundert-Trainer des SK Sturm.
Und selbst die jetzt wieder vehement geforderte Ivica-Osim-Straße beschäftigte ihn schon zu Lebzeiten. Er könne damit gut leben, allerdings: "Nur, wenn ich sie nicht jeden Tag kehren muss."
"Jeder Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag"
Dass er am und abseits des Feldes stets ein "Sir" war, verstand sich dabei von selbst. So unterschrieb er etwa seinen Vertrag bei Sturm erst, nachdem Vorgänger Milan Djuricic von sich aus verzichtete. Er wolle nicht, dass wegen ihm ein anderer Trainer seinen Job verliere. Und wie es Mario Haas so schön gesagt hat: "Wenn wir gut gespielt haben, hat er uns zusammengehaut, wenn wir schlecht waren, hat er uns aufgebaut."
Oder im O-Ton, nach einem 6:0 gegen die Wiener Austria auf die Frage, ob er nicht ein wenig stolz sei: "Nein, die Spieler sollen es sein. Und die positiven Lehren daraus ziehen und sich laufend weiterentwickeln." Denn, wieder Osim: "Jeder Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag." Am Beispiel erklärt: Als Osim im Jahr 2007 vor dem Fernseher bei einer Übertragung eines Premier-League-Spieles einen Schlaganfall erlitt und danach in einer japanischen Universitätsklinik zehn Tage im Koma lag, fragte er nach dem Erwachen Gattin Asima zu allererst, wie das Spiel überhaupt ausgegangen sei.
Nicht vergessen darf man seinen feinen Humor, immer mit einem kleinen Augenzwinkern. Daran erinnert sich etwa der heutige Rapid-Trainer Ferdinand Feldhofer, als er 45 Minuten vor dem Champions-League-Match gegen Marseille erfuhr, dass er erstmals für Sturm auflaufen wird: „Jetzt hast du Zeit, um aufs Klo zu gehen, in einer dreiviertel Stunde aber musst du spielen", war die Ansage an den damaligen Jungkicker. Auch zum Schmunzeln: Als er den Sturm-Spielern 1994 erstmals bei einem Training auf die Beine schaute, fragte er bei Heinz Schilcher nach, welche Sportart diese Herren eigentlich genau ausüben.
"Kulturen führen keine Kriege"
Unvergessen auch seine Haltung zum Krieg in seinem Heimatland, legendär die Aussage: "Kampf der Kulturen? Normalerweise kämpfen Kulturen nicht. Deshalb sind sie ja Kulturen. Weil sie keine Kriege führen." Seine Kultur war – unter anderem – sein Sport: "Fußball ist etwas ganz Anderes und nicht nationalistisch. Ich glaube noch immer, dass die, die mit dem Fußball verbunden sind, egal welche Hautfarbe oder Religion sie haben, anders sind. Ich glaube, dass Fußball für sich selbst eine kleine Religion ist." Ein Wunsch, blieb ihm verwehrt: "Ich weiß nicht, wann ich meine Karriere beende. Es wäre doch schön, auf der Trainerbank zu sterben." Wir gehen allerdings fest davon aus, dass der "Strauß von Sarajevo" auf der himmlischen Trainerbank einen Fixplatz hat.
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