Graz persönlich mit Julian Weigend: Schimanski hat geprägt
Der Grazer Schauspieler Julian Weigend über Berlin, Apfelstrudel und Friedenstexte.
Die äußeren Bedingungen hätten für ein Fotoshooting definitiv besser sein können – doch trotz des typisch nass-kalten Novemberwetters macht Julian Weigend eine gute Figur. Man merkt, dass hier ein Profi am Werk ist, immerhin kann der in Berlin lebende Schauspieler bereits auf über zwei Jahrzehnte Bühnen- und TV-Erfahrung zurückblicken.
Am vergangenen Wochenende zog es den 45-Jährigen wieder einmal in seine Geburtsstadt Graz zurück. "Ich versuche, meiner Heimat einmal im Jahr einen Besuch abzustatten, oft lässt es die Zeit aber nicht zu." Je länger er der Murmetropole fernbleibt, desto eher fallen ihm Veränderungen auf. "Wann haben die denn das Café Promenade umgebaut?", fragt er sich beispielsweise im Rahmen des Interviews.
In Gösting ...
Umbau hin oder her, Kaffee wird dort in angenehmer Atmosphäre noch immer serviert. Und der war aufgrund einer langen Nacht auch dringend nötig, hat Weigend doch gemeinsam mit seiner Ehefrau Maya Forster und der Berliner Band Bloy ein Friedenskonzert in Gösting organisiert.
"Das Konzept, das eine Mischung aus Lesung und Konzert darstellt, haben wir im Vorjahr in Berlin ausprobiert. Das war damals knapp nach den Anschlägen in Paris – so hat es die Leute umso mehr zusammengeschweißt. Aufgrund des großen Erfolges wollte ich diese Idee unbedingt in meine Heimat tragen."
Viele Texte hat Weigend auch selbst verfasst. "Die Thematik beschäftigt mich intensiv, globale Probleme haben Auswirkungen auf uns alle. Mir ist bei allem, was ich mache, wichtig, ein bestimmtes Anliegen und eine Haltung darzulegen."
In Berlin ...
Auch im Laufe seiner Theaterlaufbahn sowie während der zahlreichen Auftritte in Filmen und TV-Serien ist der Bergfex seinem Credo treu geblieben.
Aller Anfang war aber auch für Weigend, der bereits im Alter von 21 Jahren den Sprung nach Deutschland gewagt hat, schwer. "Ich hatte nie einen schlimmen Dialekt, aber viele trauten mir dennoch nichts zu", sagt er in perfektem Hochdeutsch. "Ich kann sehr schnell switchen, in Berlin würde niemand draufkommen, dass ich ein Österreicher bin."
In leicht steirisch angehauchtem Dialekt bestellt er dann noch einen Apfelstrudel ("In Berlin gibt’s einfach keine g’scheiten Nachspeisen, das Essen in Österreich ist einsame Spitze") und denkt an seine ersten Karrierestationen im Schlossparktheater, bei den Berliner Kammerspielen und am Tourneetheater München zurück.
Auf Sardinien ...
Im Fernsehen tauchte Weigend, der in seiner Freizeit begonnen hat, mit Kohle Gesichter zu zeichnen, erstmals im Jahr 1992 im Film "Schöndorf muss sauber bleiben" auf. "Theater und TV kann man kaum vergleichen, das sind fast zwei verschiedene Berufe."
Inspiriert hat ihn dabei vor allem der heuer verstorbene Götz George, mit dem er in zahlreichen "Schimanski"-Filmen spielte. "Ich habe George zufällig auf Sardinien kennengelernt und so überhaupt die Chance bekommen, bei einem Casting vorzusprechen. Der Rest ist Geschichte."
Auf Tournee ...
Eine Geschichte, die sich weitererzählen lässt: Aktuell steht er unter anderem für "Die Spezialisten", eine Serie mit DDR-Bezug, ebenso vor der Kamera wie für eine "Bergdoktor"-Episode. Gestern wurde der TV-Film "Verführt – In den Armen eines Anderen" auf Sat. 1 ausgestrahlt, 2017 geht er mit "Don Carlos" auf Theater-Tournee. "Ich will mich ständig weiterentwickeln." Sagt’s und beißt ein letztes Mal vom Apfelstrudel ab.
Steckbrief
Geboren am 27. August 1971 in Graz.
Ist verheiratet mit Maya Forster.
Studierte bereits im Alter von 17 Jahren an der Universität für Musik und darstellende Kunst.
Ging vier Jahre später nach Deutschland und spielte in zahlreichen Theater- und TV-Produktionen (u.a. Soko Donau, Tatort, Schimanski, Schnell ermittelt ...).
WOCHE-Wordrap
Eine geheime Leidenschaft von mir ...
ist das Skifahren. Ich war im ÖSV- und Landeskader und bin zahlreiche Rennen gefahren.
An Graz schätze ich …
die Geborgenheit, das mir Vertraute.
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