Das Image von Lehrberufen muss wieder besser werden!

Wo soll es hingehen? Immer mehr Jugendliche entscheiden sich gegen eine Lehrausbildung – oft aus den falschen Gründen. | Foto: Bilderbox
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  • Wo soll es hingehen? Immer mehr Jugendliche entscheiden sich gegen eine Lehrausbildung – oft aus den falschen Gründen.
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Seit 2008 hat sich die Zahl der Lehrlinge in der Steiermark von 19.904 auf 15.820 verringert, gleichzeitig beklagen sich immer mehr Betriebe über einen Fachkräftemangel. Vor allem in technischen Berufen – in der Steiermark speziell in der Metallindustrie – wird nach Lehrlingen gesucht. Christina Lind, stellvertretende Geschäftsführerin des Arbeitsmarktservice (AMS) Steiermark, setzte sich deshalb in der letzten Ausgabe der WOCHE dafür ein, mehr Mädchen und junge Frauen in technischen Berufen unterzubringen.

Gute Chancen, schlechter Ruf

Ursula Strohmayer, Abteilungsleiterin für Bildung, Jugend und Betriebssport bei der steirischen Arbeiterkammer, zieht nun nach und fordert: „Das Image von Lehrberufen muss wieder besser werden!“ Vor allem der schlechte Ruf der Lehrlingsausbildung sei nämlich dafür verantwortlich, dass immer mehr junge Menschen andere Ausbildungswege wählen, so Strohmayer, die sich dabei auf die „1. österreichische Lehrlingsstudie“ des Instituts für Jugendkulturforschung beruft. „Die Lehrlinge sind nicht glücklich damit, wie Politik und Gesellschaft über sie sprechen und sie fühlen sich gegenüber Schülern und Studierenden zurückversetzt.“

Karriere mit Lehre

Laut der Expertin herrsche oft der Irrglaube vor, dass die Matura eine Voraussetzungen sei, um bessere Jobs zu bekommen. „AHS-Maturanten werden am Arbeitsmarkt nicht gebraucht. Wenn ich eine allgemein bildende höhere Schule mache, muss ich entweder studieren oder eine andere Ausbildung aufsetzen.“ Gute Chancen räumt Strohmayer dagegen berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und vor allem auch Lehrausbildungen ein. „Man kann heute nicht mehr mit jedem Studium sofort am Markt Fuß fassen, während die Wirtschaft aber ständig nach Fachkräften schreit.“ Karrierechancen seien außerdem schon lange nicht mehr an einen akademischen Titel geknüpft, auch für Lehrlinge gebe es in vielen Betrieben interessante Aufstiegsperspektiven, weiß Strohmayer. Als Beispiel nennt sie etwa Siemens, wo heute viele ehemalige Lehrlinge in leitenden Positionen tätig sind – auch, weil dort die Fortbildung der Mitarbeiter gefördert wird.

Berufsorientierung wichtig

Da aber oft nicht reale Karrierechancen für die Ausbildungs- oder Berufswahl von Jugendlichen verantwortlich sind, sondern vor allem die Eltern, denen ein objektives Urteil über die Eignungen ihrer Kinder häufig schwerfällt, plädiert Ursula Strohmayer für eine Verankerung von professioneller Berufsorientierung in den Lehrplänen. So sollen Schüler frühzeitig dabei unterstützt werden, die eigenen Talente und Fähigkeiten zu erkennen und gleichzeitig über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten informiert werden. „Das Problem ist, dass wir Berufsorientierung nur in den Neuen Mittelschulen (NMS) verpflichtend haben“, so die Bildungsexpertin. „Man sollte aber schon im Kindergarten damit beginnen, wo man spielerisch Neigungen und Fertigkeiten der Kinder erkennen und fördern kann.“
Dabei gehe es laut Ursula Strohmayer aber keinesfalls darum, von einem Studium abzuraten, vielmehr solle jeder Jugendliche durch professionelle und objektive Beratung bei der Berufswahl unterstützt werden, um die für ihn richtige Entscheidung treffen zu können.

Wirtschaftskammer: Talente der Jugend fördern

Auch für Josef Herk ist klar, dass die Lehre viele Chancen bietet. Gleichzeitig falle den jungen Menschen laut dem Präsidenten der steirischen Wirtschaftskammer aber die Wahl der richtigen Ausbildung immer schwerer: "Vor allem angesichts der Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben: Digitalisierung, Industrie 4.0, Demografie – um nur drei Stichworte zu nennen. Da können wir es uns nicht mehr leisten, die Talente der Jugend zu verschwenden. Dass das immer noch passiert, zeigen die hohen Drop-out-Quoten. Mehr als jeder vierte Jugendliche bricht derzeit eine weiterführende Schulausbildung ab oder wechselt zumindest den Schultyp." Um dem entgegenzuwirken, startet die Wirtschaftskammer ab Herbst 2016 ein "Talent.Center", bei dem ein Talente-Check gemacht werden kann, der über Fähigkeiten und Begabungen informiert. Um aufzuzeigen, welche Berufsmöglichkeiten es gibt, werden mit den "EuroSkills" außerdem die Berufseuropameisterschaften der Nachwuchs-Fachkräfte im Jahr 2020 in Graz stattfinden.

WOCHE Wissen
15.820 Jugendliche sind in der Steiermark im Jahr 2015 einer Lehre nachgegangen.
4.639 davon waren im ersten Lehrjahr.
43,8 % aller Lehrlinge waren in der Sparte Gewerbe und Handwerk tätig, 17,4 % in der Industrie, 13,4 % im Handel.
Die häufigsten Lehrberufe waren Metalltechnik, Einzelhandel und Elektrotechnik.
Es gab 5.221 Lehrbetriebe in der Steiermark.

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