Das IOC zu Gast in Graz: Vizepräsident steht Stadtregierung Rede und Antwort zum Thema Olympia 2026

Stand nicht nur Kurt Hohensinner (2.v.l.) und Markus Pichler (r.) Rede und Antwort: Juan Antonio Samaranch (2.v.r.) | Foto: KK
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"Ich wurde heute gegrillt". Was könnte der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komittees (IOC) im Rahmen seines Graz-Besuchs wohl mit dieser Aussage gemeint haben? "Nun, das lag zum einen an den sehr hohen Temperaturen und zum anderen an den zahlreichen detaillierten Fragen von Seiten der Grazer Stadtregierung." Samaranch weilt nämlich nicht zum Spaß in der Murmetropole, vielmehr wurde der hohe Funktionär des IOC eingeladen, um Fragen zum Thema Olympiabewerbung zu beantworten und etwaige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.

Kernland des Wintersports

"Die Stadtregierung und die Bürger, die es betrifft, müssen alle Fakten kennen", sagt Samaranch, der sowohl die Euphorie von Bürgermeister Siegfried Nagl, als auch die Fähigkeit, Großereignisse wie die Special Olympics World Winter Games im Vorjahr auszutragen, positiv hervorstreicht. Wichtig ist ihm allerdings zu betonen, dass sich das IOC nicht in mögliche Referenden oder Volksbefragungen einmischt. "Natürlich wollen wir aber auch in Regionen kommen, wo wir willkommen sind. Stimmungsmache von unserer Seite gibt es aber nicht." Die Frage, ob Graz im Verhältnis zu den potenziellen Konkurrenten (aktuell wahrscheinlich Stockholm, Erzurum, Mailand/Turin, Calgary) bessere oder schlechtere Chancen habe, könne er so nicht beantworten. "Fakt ist aber, dass Österreich eines jener Kernländer ist, in denen Wintersport gelebt wird. Darüber hinaus sind es in Summe dann 50 Jahre, die seit den letzten Olympischen Winterspielen in Innsbruck vergangen sind."

Synergieeffekte nutzen

Noch sei aber ein weiter Weg zu gehen, im Herbst entscheidet sich zunächst einmal, "ob wir den Kandidatenstatus erreichen", wie Sportstadtrat Kurt Hohensinner erwähnt. Die Machbarkeitsstudie sei außerdem bereits weit fortgeschritten. Wichtig ist Samaranch in weiterer Folge aber vor allem zu betonen, dass das IOC ein Umdenken auch tatsächlich eingeleitet habe und sich vom Gigantismus vergangener Spiele abwendet. "Es muss möglich sein, Olympische Spiele ohne großes Risiko zu organisieren." In der festgeschriebenen Agenda 2020 sei außerdem festgehalten, dass "die temporäre Errichtung von Sportstätten, die keinen Effekt für die Zukunft haben, nicht mehr erwünscht ist. Außerdem haben wir die Voraussetzungen heruntergeschraubt." So sei es überhaupt kein Problem, dass sich Graz beispielsweise dazu entschieden habe, einige Bewerbe auch in Bayern auszurichten. "Wenn du eine Sportstätte wie zum Beispiel eine Skisprungschanze nicht selber hast, dann baue nicht an Ort und Stelle eine neue, sondern nutze vorhandene Schanzen in der Umgebung."

Zwei Budgets im Fokus

Die Frage aller Fragen betrifft dann aber doch die Kosten. Nicht nur einmal wurde von Seiten der Opposition, Olympia-Kritikern und manchen Experten darauf hingewiesen, dass die vergangenen Spiele meist ein Minus-Geschäft für den Veranstalter waren. "Hier muss man Aufklärung betreiben. Es gibt nämlich zwei Budgets: Ein Budget, das direkt mit der Veranstaltung zu tun hat. Da geht es um Sportstätten-Fertigstellung, die offiziellen Zermemonien und Ähnliches. Dafür stellen wir dem Veranstalter rund 925 Millionen US-Dollar, zwei Drittel direkt in Cash, zur Verfügung. Wir übernehmen beispielsweise auch die Kosten für das internationale TV-Signal. Darüber hinaus gibt es ein zweites Budget, das nicht direkt im Zusammenhang mit der Ausrichtung der Spiele steht. Darunter fallen vor allem auch Infrastrukturmaßnahmen." Samaranch geht in diesem Zusammenhang einen Schritt weiter: "Nicht das IOC schreibt Graz vor, eine schnellere Zugverbindung nach Salzburg zu bauen oder vielleicht den Flughafen zu adaptieren. Das überlegt sich jede Gastgeberstadt selber."

Saalbach hat keine Auswirkung

Auch der Vergleich mit anderen Spielen wie jenen in Sotchi hinken, wenn es nach dem Spanier geht: "Das offizielle Olympia-Budget betrug 2,5 Milliarden Dollar. Dass die Russen in Summe 50 Milliarden ausgegeben haben, liegt daran, dass sie Ressorts, einen neuen Hafen, einen neuen Flughafen und neue Skigebiete bauen wollten. Wir haben ihnen das nicht aufgezwungen." Ein anderes, heute wichtiges Thema seien aber die Sicherheitskosten. "Weiterhin in Freiheit leben zu können kostet. Wir schreiben aber kein bestimmtes Sicherheitsbudget vor."
Letztendlich wirbt der IOC-Vize nicht zuletzt mit dem Slogan "smaller is better" (kleiner ist besser): "Es zählt das Erbe für die Zukunft, damit unsere Jugend mehr Sport macht und somit auch etwas von den Spielen hat. Dass in Österreich die Begeisterung für Wintersport da ist und die Stadien alle voll sein werden, davon gehe ich sowieso aus." Andere mögliche Kandidaten für 2026 hat Samaranch noch nicht besucht. "Es ist kein Kampagnentrip, ich bin hier auf Einladung der Stadtregierung." Die Gefahr, wonach die Bewerbung für die Alpine Ski-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm schlechte Auswirkungen auf die Olympia-Bewerbung von Graz für 2026 haben könnte, sieht OÖC-Generalsekretär Peter Mennel nicht. "Das steht in keinem direkten Zusammenhang."

Opposition kontert

Die Antwort der Opposition auf die Fragestunde folgte sofort: „Viele Fragen, keine Antworten!“, lautete das Resümee der Grazer Grünen. "Auf keine unserer Fragen haben wir Antworten bekommen, die auch nur ansatzweise als seriöse Entscheidungsgrundlage für ein solches Megaevent brauchbar sind“, so Stadträtin Tina Wirnsberger in einer ersten Reaktion. Für KPÖ-Klubobmann Manfred Eber steht fest: „Wer den Host-City-Vertrag unterschreibt, der haftet. Wir warnen vor einer jahrzehntelangen Überschuldung!“ Die KPÖ sammelt weiter Unterschriften für eine Volksbefragung. “Wir haben die nötigen Unterschriften fast beisammen und werden in wenigen Wochen einreichen können“.

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