Spielzeugfreier Kindergarten – Wenn das Spielzeug auf Urlaub fährt

Wild getrommelt wird auf diesem großen Karton und die Kinder machen eifrig mit. | Foto: Jorj Konstantinov
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  • Wild getrommelt wird auf diesem großen Karton und die Kinder machen eifrig mit.
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Die Tür öffnet sich, Teppichfetzen liegen am Boden – zwei Kinder passen sich diese jeweils mit einem Besen zu –, weiter drüben sitzt ein Bub in einer Kiste mit Kastanien, ein anderer daneben ist seit Minuten damit beschäftigt, Holzringe in eine Plastikröhre zu stopfen.

Aktion zur Suchtprävention

"Spielzeugfreier Kindergarten" heißt die Aktion des WIKI Kindergarten/-krippe im Styria Media Center. Acht Wochen wird auf herkömmliches Spielzeug verzichtet, stattdessen stehen den Kindern wertlose Materialien wie Küchen- und Papprollen, leere Eierkartons, Flaschen oder Plastikbecher zur Verfügung. Das Projekt wird von VIVID begleitet. Kinder sollen lernen, mit ihren Gefühlen, wie Langeweile oder Frustration, umzugehen. Durch die Stärkung dieser Lebenskompetenzen sollen die Kinder in Folge stärker davor gewahrt sein, Suchtmitteln zu verfallen.
"Es dient auch der Suchtprävention von Konsumgütern und soll die Kreativität fördern. Den Kindern haben wir erklärt, dass das Spielzeug ‚auf Urlaub‘ ist", sagt Leiterin Marlene Kaufmann.


Eine Röhre und Holzringe – und der kleine Leon war 20 Minuten lang beschäftigt. (Jorj Konstantinov)

Spielen ohne Spielzeug

Und kreativ sind die Kinder allemal. "Am ersten Tag, nachdem die Spielsachen weg waren, haben sie eine dreiviertel Stunde lang Müllabfuhr gespielt", meint Kaufmann begeistert. Der dreijährige Maxi ergänzt: "Wir haben alle Stühle und Tische weggetan." Und wie kam die Idee? "Einfach so", sagt Maxi und verschwindet im nächsten Moment, um einen Turm aus Joghurtbechern zu bauen oder vielleicht eine Runde in der Kastanienkiste zu drehen.
Marino und Sabo, zwei fünfjährige Buben aus dem Kindergarten, spazieren Hand in Hand mit einem Kinderkrippenkind durch den Turnsaal. "Wir spielen jetzt auch mehr mit den kleineren Kindern, das ist toll!"


Turm bauen geht auch mit Plastik- und Joghurtbechern gut. (Jorj Konstantinov)

Super Feedback

Wo man hinschaut, wird gebastelt, gespielt, auf Karton getrommelt und vor allem miteinander geredet. "Es gibt jetzt viel mehr Kommunikation zwischen den Kindern", erklärt Kaufmann freudig. Während Sofia, Lena und Amelie in bunte Tücher gekleidet "Prinzessin" spielen, sitzt der kleine Leon noch immer mitten im Turnsaal, nach wie vor fasziniert von der Plastikröhre und den Holzringen. Weiter drüben klettern ein paar Kinder auf die Sprossenwand. "Ein Highlight ist auch, dass unser Turnsaal jetzt die ganze Zeit offen ist. Der ‚spielzeugfreie Kindergarten‘ kommt bei den Kindern und Eltern gut an", so Kaufmann.


Amelie, Sofia und Lena (v. l.) spielen gerne Prinzessin. Dazu brauchen sie nur ihre bunten Tücher und etwas kindliche Fantasie. (Jorj Konstantinov)

3 Fragen an Barbara Schichtl von VIVID

Wie kam es zur Projektidee?
Im "spielzeugfreien Kindergarten" sollen die Kinder von der Überfülle an Konsumgütern wegkommen. So gelingt es, Spielraum zu schaffen für Fantasie, Kreativität und Eigeninitiative.
Wo läuft das Projekt in Graz?
VIVID begleitet derzeit sechs Einrichtungen und bietet Schulungen für die Pädagoginnen an.
Wie trägt die Aktion zur Suchtprävention bei?
Lebenskompetenzen werden gestärkt. Kinder lernen, mit Langeweile oder Frustration umzugehen. Das fördert Suchtprävention.

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