Immer am Ball geblieben – Viktoria Schnaderbeck im Gespräch

Viktoria Schnaderbeck zog mit 16 Jahren nach München, um ihren Traum vom Profifußball zu verwirklichen. Das ist nun zehn Jahre her. Inzwischen feierte sie mit dem FC Bayern München internationale Erfolge und bereitet sich derzeit als Kapitänin der österreichischen Frauen-Nationalelf auf die EM im Juli vor.

Die österreichischen Damen sind erstmals bei der EM am Start. Welche Gefühle kommen da auf?
Viktoria Schnaderbeck: Große Freude. Die Qualifikation für die EM war wie ein Startschuss. Ich hatte erstmals das Gefühl, dass der Frauenfußball in Österreich angekommen ist. In Deutschland ist das Interesse für Damenfußball größer, die deutsche Liga ist einfach stärker, die Nationalmannschaft hat ja schon jahrelange Erfolge erzielt, auch das Zuschauerinteresse ist größer. Frauenfußball ist in Deutschland sehr etabliert in der Gesellschaft, das ist bei uns noch nicht ganz der Fall. Aber das Interesse wächst. ORF Sport plus überträgt fast die ganze Damenfußball-EM, das ist ein wichtiges Zeichen.

Wie kann man junge Frauen für den Fußball motivieren?
Man muss Mädels in die Vereine kriegen und schauen, dass man sie dort hält und für den Fußball begeistert. Die besten Möglichkeiten, Mädels gezielt zu unterstützen ist, wenn sie zwischen 14 und 18 Jahren sind. Die Vereine und Verbände sind hier gefragt und wir als Vorbilder, dass wir den Frauenfußball attraktiv präsentieren und verkaufen. Es muss zumindest so geregelt sein, dass es keinen Unterschied macht, ob man als junges Mädel oder Bursche zum Fußball spielen anfangen will.

Was war für Sie persönlich ein Karrierehighlight?
Den ersten deutschen Meistertitel mit FC Bayern München zu holen, war schon ein ganz besonderer emotionaler Moment für mich. Die Champions League-Trophäe zu holen, wäre natürlich noch ein Traum. Den Einzug ins Vierterfinale der Champions League haben wir ja mit Bayern bereits geschafft.

Freud und Leid liegen nah beieinander. Wie haben Sie den Vorfall in Dortmund erlebt?
Man denkt schon darüber nach, ich war am nächsten Tag beim Champions League-Spiel zwischen Bayern und Real in der Allianz-Arena. Es ist einerseits schockierend, weil man weiß, es kann immer und überall passieren, aber auf der anderen Seite muss man weitermachen und darf sich nicht unterkriegen lassen. Das ist natürlich leichter gesagt als Außenstehender, weil man solche Ereignisse erst einmal verarbeiten muss als Betroffener, aber man muss zeigen, dass so etwas nicht toleriert werden darf. Ob das Spiel Dortmund gegen Monaco einen Tag danach schon ausgetragen hätte werden sollen, ist die Frage.

Als Sportlerin muss man immer funktionieren. Wie geht man mit diesem Leistungsdruck um?
So etwas wie Dortmund, das ist schon eine eigene Herausforderung. Grundsätzlich gehört zur Kunst des Profisports, Dinge ausblenden zu können. Man bereitet sich im Training vor, um Leistung zu erbringen. Wenn du fürs Spiel dann in der Start-Elf bist, dann hast du dieses Vertrauen vom Trainer bekommen und willst es zurückgeben. Es wird erwartet, dass du Leistung erbringst. Diesem Druck muss man sich immer wieder stellen, egal ob auf nationalem oder internationalem Niveau. Mental muss man top drauf sein.

Marcel Hirscher ist ein Beispiel für diese mentale Stärke. Er steht beim Start und ihn scheint nichts aus der Ruhe zu bringen. Wie schaffen Sie es, den Fokus nicht zu verlieren?
Ich versuche, mich vor den Spielen mit Atemübungen und Visualisieren zu fokussieren. Erfolgreich zu sein schafft man sicher nur, indem man wie ein Marcel Hirscher konzentriert und mental stark ist. Bei ihm schaut das oft wie ein Selbstläufer aus, aber man muss nur bedenken, wie Hirscher sofort in Kritik gerät, wenn er nicht gleich einen Stockerlplatz einnimmt. Das ist ein permanenter Erwartungsdruck. Man hat natürlich viele Fans, aber auch der Druck steigt. Es ist ein schmaler Grat zwischen glücklichen und verdammten Momenten. Ich denke, für Sportler ist eine mentale Betreuung sehr wichtig. Ich kenne viele Sportlerinnen und Sportler, die super Potential haben, aber ihre Leistung nicht abrufen können.

Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die in den Profifußball gehen wollen?
Um erfolgreich zu sein, braucht man Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Als ich mit 16 Jahren nach München gezogen bin, war das auch kein leichter Weg. Ich habe nicht das Gleiche verdient wie heute, und bin nebenher noch zur Schule gegangen. Aber das, was man will, muss man sich eben hart erarbeiten. In schwierigen Zeiten muss man durchbeißen können. Und der Spaß darf auch nie verloren gehen. Wir werden nie auf der gleichen finanziellen Ebene wie Männer spielen, daher muss der Spaß an der Sache auch immer dabei sein.

Haben Sie schon Zukunftspläne nach dem Fußball?
Trainerin zu werden, kann ich mir aktuell nicht vorstellen, aber ich möchte im Sportbereich bleiben. Ich könnte mir vorstellen, auf der sozialpädagogischen Ebene mit jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Aber jetzt denke ich vorerst einmal an meine nächsten Schritte im Fußball und die EM im Juli. Mit dem Einzug haben wir mit Österreich ein großes Ziel erreicht.

Steckbrief

Geboren am 4. Jänner 1991 in Graz.
Hat mit sieben Jahren beim TSV Kirchberg ihre Fußball-Karriere gestartet.
Spielt derzeit beim FC Bayern München, ist Kapitänin des österreichischen Nationalteams.
Fußballerfamilie: Cousin Sebastian Prödl spielt bei FC Watford.

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