Auch (Bio-)Schwein muss man haben

Mahlzeit! Stolze 40 Kilo Schweinefleisch essen Frau und Herr Österreicher im Durchschnitt pro Jahr. Weniger appetitlich: Nicht einmal zwei von 100 geschlachteten Schweinen stammen aus Bio-Betrieben. Höchste Zeit also für ein Umdenken – das dachten sich auch Lukas und Micha Beiglböck. Die Grazer Brüder haben mit www.nahgenuss.at eine Plattform gegründet, auf der Bio-Bauern ihr Schweinefleisch zum Verkauf anbieten können. Micha Beiglböck erzählte uns beim "Business Lunch" im "Kork", wie man als "Stadtkind" auf so eine Idee kommt und was so besonders daran ist.

Herr Beiglböck, was macht nahgenuss.at eigentlich genau?

Die Idee ist eigentlich relativ simpel: Wir geben Bio-Schweinebauern die Möglichkeit, ganze Schweine zu verkaufen. Bis zu vier Konsumenten können sich ein Bio-Schwein teilen. Und erst wenn alle Teile des Schweins verkauft sind, wird es geschlachtet und die Kunden können sich das Bio-Fleisch direkt beim Bauern küchenfertig zerlegt und verpackt abholen.

Mit Verlaub, aber wie kommt man als quasi "Stadtkind" auf die Idee, eine Plattform für Bio-Bauern ins Leben zu rufen?

Das ist eine gute Frage – noch dazu hat mein Bruder Publizistik und ich habe Jus und Philosophie studiert. Die Idee entstand dadurch, dass unser Cousin Bio-Schweinebauer in der Oststeiermark ist. Dabei ist uns eben aufgefallen, dass die Edel-Teile wie Filet oder Karree schnell weg sind, der Rest aber oft über bleibt. Dann haben wir einen Monat zu viel Zeit gehabt und so ist die Plattform entstanden. Mittlerweile bieten 14 Bio-Bauern aus sechs Bundesländern ihre Schweine bei uns an. Besonders der Servicegedanke steht dabei im Vordergrund. So bekommen wir zwar zwölf Prozent des Umsatzes – aber erst, wenn das Schwein auch verkauft ist.

Warum ausgerechnet Schweinefleisch?

Ganz einfach – dieser Markt hat noch unglaubliches Potenzial. Bio-Schweinefleisch ist etwa im Gegensatz zu Rindfleisch, wo der Bio-Anteil immerhin schon bei 17 Prozent liegt, ja noch ganz selten. In Supermärkten ist es nur vereinzelt zu finden. Dazu ist das Fleisch mit rund 20 Euro pro Kilo dann relativ teuer. Bei uns bekommt man das Fleisch durch die Menge um zehn Prozent günstiger und kauft dabei direkt beim Bauern. Wir wollen dadurch natürlich auch mithelfen, dass sich dieser Bio-Anteil beim Schweinefleisch erhöht.

Was sind dabei Ihre nächsten Ziele?

Unser erstes großes Ziel ist, dass wir 30 Bauern bei uns auf der Plattform haben. Natürlich ist es auch angedacht, dass wir, wenn es weiter so gut läuft, unser Angebot auf andere Fleischsorten wie Lamm oder Rind ausweiten. Und natürlich schauen wir auch in die Nachbarländer.

Ist Graz eigentlich ein guter Boden für Start-ups wie nahgenuss.at?

Das denke ich schon. Es tut sich ja irrsinnig viel in der Grazer Start-up-Szene. Natürlich ist in Wien mehr Geld vorhanden. Aber letztlich liegt’s auch immer am Unternehmer selbst – er ist es, mit dem seine Geschäftsidee steht oder fällt.

Das ist nahgenuss.at

Gegründet 2016 von Lukas (Kommunikation/Marketing) und Micha Beiglböck (Verkauf/Landwirtakquise).
Sitz des Unternehmens ist Graz.
Wurde vom Klima- und Energiefonds als einer von drei Top-Greenstartern Österreichs ausgezeichnet.
Auf www.nahgenuss.at kann man sein Bio-Schweinefleisch bei 14 Betrieben aus sechs Bundesländern online bestellen. Anschließend holt man sich seine Bestellung direkt beim Bauern ab – einige Landwirte bieten auch Zustellung an.
Der Clou an der Sache ist, dass das Schwein erst geschlachtet wird, wenn alle Teile verkauft sind. Bis zu vier Kunden teilen sich ein Schwein – alle Teile werden dabei verwertet.
Die Preise bewegen sich zwischen 10 und 18 Euro pro Kilogramm.

Steckbrief Micha Beiglböck

Geboren am 24. März 1989 in Korneuburg. Im Alter von sechs Jahren zog er dann mit seinen Eltern nach Graz.
Hat an der HIB Liebenau maturiert und anschließend Jus und Philosophie an der Karl-Franzens-Universität in Graz studiert.
Lebt in einer Wohngemeinschaft in Graz und lenkt von dort aus auch die Geschicke von nahgenuss.at.
Als Kind "habe ich eigentlich gar keinen fixen Berufswunsch gehabt. Ich habe dann einmal Jus inskribiert – was letztlich zum Glück die richtige Entscheidung war."
In seiner Freizeit geht er am liebsten Laufen, spielt Badminton oder geht im Winter Skifahren.
Sein favorisiertes Urlaubsreiseziel ist Südamerika.
An Graz schätzt er am meisten das Flair einer Studentenstadt "und dass eigentlich alles fußläufig erreichbar ist".
Seinen Musikgeschmack bezeichnet er als "typisch 90er – Bands wie Foo Fighters und so. Eigentlich höre ich alles gern, was so am Frequency Festival gespielt wird."