Predigt
"Fürchtet euch nicht"
Die Predigtgedanken stellte Dechant Johannes Blaschek den BezirksRundschau-Lesern zur Verfügung.
Liebe Brüder und Schwestern, in der Bibel gibt es ein paar Sätze, die kommen immer wieder vor wie ein Kehrvers in einem Lied, der nach jeder Strophe wiederholt wird. Einen dieser biblischen Refrainsätze haben wir im Evangelium des vergangenen Sonntages gehört: Fürchtet euch nicht!
Fürchtet euch nicht – trotz des Augenscheins, dass alles zum Fürchten ist. Gleich dreimal kommt er vor, dieser Kehrvers, in einem Text von gerade 15 Zeilen. Und in der ganzen Bibel findet sich der Satz „Fürchte dich nicht!“ oder „Fürchtet euch nicht!“ mehr als hundertmal. Offenbar haben wir es nötig, dass man uns immer und immer wieder sagt: Hab doch keine Angst. Denn Angst ist ein Lebensthema, es begleitet uns in vielerlei Gestalt ein Leben lang. Dass wir Angst haben, verbindet uns alle, unterschiedlich ist nur, was uns Angst macht. Und auch, wie wir mit unseren Ängsten umgehen.
Ein biblisches Beispiel ist der Prophet Jeremia. Er hatte Angst vor dem Auftrag, dem gottlosen König das Gericht anzukündigen. Jeremia versucht diesen Auftrag gar nicht erst anzunehmen: Warum denn ausgerechnet ich? Ich kann doch gar nicht reden und außerdem bin ich noch so jung... Aber Gottes Plan steht fest und Jeremia kann sich nicht entziehen. Gott sagt aber nicht: „Du darfst keine Angst haben.“ Nein, Ängste dürfen Platz haben. Wir dürfen vertrauen, dass Gottes Verheißung stärker ist: „Fürchte dich nicht; denn ich bin mit dir, um dich zu erretten!“
Ja, ganz am Anfang des neuen Testamentes ist der Refrain schon zu hören: „Fürchte dich nicht!“ Diesen Gruß hört die blutjunge Maria, als der Engel ihr offenbart, sie werde schwanger werden und einen Sohn bekommen. Und als der dann geboren wird, sind es die Hirten, die die Nacht bei ihren Tieren auf der Weide verbringen. Auch sie hören zuerst „Fürchtet euch nicht!“, und dann die Botschaft von dem göttlichen Kind.
Und im heutigen Evangelium haben wir den biblischen Kehrvers von Jesus selbst gehört: „Fürchtet euch nicht vor den Menschen, vor denen, die euch verfolgen, so wie sie mich verfolgt haben.“ Dieses Wort ist der absolut sicherste Halt in aller Anfeindung.
Und wie könnte dieses Wort gegenwärtig heißen, für uns? Wir müssen Gott sei Dank nicht um unser Leben fürchten, wenn wir offen und vernehmlich sagen, was wir für richtig, und was wir für falsch halten. Aber wir wären keine Menschen, wenn wir deswegen weniger Ängste hätten. Wir wären keine Menschen, wenn unsere Ängste nicht immer wieder neue Nahrung finden würden. Dann könnte das Wort Jesu vielleicht auch heißen: Fürchtet euch nicht – vor den Menschen, die euch verführen wollen, eure Werte zu verraten. Fürchtet euch nicht vor euren Ängsten, vor eurer Feigheit, vor eurer Resignation.
Fürchtet euch nicht – denn ich bin mit euch, um euch zu stärken. Und vielleicht wird dieses „Fürchte dich nicht!“ dann auch zum Refrain unseres Lebens.
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